Zeitreise ins Leben (German Edition)
nicht und so begann ich Bonifazius allmählich über Raimund selbst auszufragen.
„Seid Ihr sicher, dass Euch das gut tun wird?“, fragte er mit besorgtem Blick und ich nickte, weil ich heilfroh war, nichts mehr über Artemis vulgaris (Beifuss) als das perfekte G e würz für fettes Essen zu hören. Obwohl ich durchaus zugeben musste, dass Bonifazius eine lü s terne und sehr mitreißende Art hatte, von Speisen zu reden .
„Also gut! Was wollt Ihr hören?“
„Erzählt mir, wie Ihr Raimund kennen gelernt habt und warum Ihr so gute Freunde seid. E r zählt mir, wie Ihr ihn als Menschen seht, damit ich mir aus einer anderen Perspektive ein Bild von ihm machen kann.“ Überrascht über so viele Wünsche blickte er auf, kratzte sich einige Male an der Stirn und begann zu überlegen.
„Also, er stammt aus einer Adelsfamilie, deren Wurzeln sich weit in den welfischen B e reich verzweigen. Er war einer von fünf Söhnen des Herzogs Karl von Rabenhof und seiner Ang e trauten Emilia .“ Ich keuchte und griff mir unbewusst ans Herz.
„Fünf?“, brachte ich schließlich hervor und konnte gar nicht fassen, dass eine Frau, in di e ser Zeit solch ein Wunder zustande gebracht hatte .
„Ja! Wieso? Findet Ihr das etwa viel?“, fragte er überrascht und ich gab zu verstehen, dass fünf Kinder doch eine stolze Leistung dieser Emili a wären, überhaupt, wenn sie alle so ger a ten waren wie Raimund.
„Pah! Fünf Kinder sind doch wohl das Minimum einer Familie, würde ich sagen. Bei dem üblichen Schwund bleiben meist nur wenige am Leben. Drei seiner Brüder sind bereits g e storben. Einer davon an Fieber, der andere wurde ermordet im Fluss gefu n den und der Dritte starb während des 4. Kreuzzuges 1203 in Konstantinopel. Der hatte sich von seinen französ i schen Adelsfreunden überreden lassen und war ganz erpicht darauf gewesen, das Wort Chri s ti zu verbreiten.“
„Das heißt, Raimund hat noch einen Bruder? Komisch, den hat er nie erwähnt.“ Womit e r neut deutlich wurde, wie wenig ich von ihm wusste.
„Ja, Elisabeth , theoretisch hat er einen Bruder. D ie beiden sind aber spinnefeind. Ra i mund gibt ihm die Schuld am Tod seiner Eltern und i ch schätze, wenn sich die beiden irgendwann ei n mal begegnen, w ird einer von ihnen sterben .“ Ich war geschockt.
„Wo ist denn sein Bruder jetzt ?“, fragte ich vorsichtig, weil mir diese Familientragödie zie m lich nahe ging.
„Heinrich? Ach, seit der Ermordung seiner Eltern ist er verschwunden. Kein Mensch weiß, was mit ihm passiert ist. Böse Zungen behaupten, er selbst hätte seine Eltern getötet und wäre mit dem kleinen Reichtum, den sie bei sich hatten, auf und davon.“
„Aber das klingt ja fu rchtbar ... und auch irgendwie falsch. Könnte es nicht sein, dass j e mand die Familie überfallen und den Sohn einfach mitgenommen hat? Vielleicht ist er gefa n gen genommen worden oder liegt gar irgendwo verscharrt im Wald.“ Ich wusste nicht warum ich Partei für Raimunds Bruder ergriff, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand se i ne eigenen Eltern umbringen wollte . Bonifazius blickte jedoch ernst auf und le g te seine Hand beschwichtigend auf meine Schultern.
„Mein liebes Kind ! Ihr kennt Heinrich nicht! Die wenigen Male, die ich mit ihm zu tun ha t te, waren nicht gerade die glücklichsten Momente meines Lebens.“
„Wieso? Was hat er denn getan?“
„Heinrich war unter keinem guten Stern geboren und das zum Leidwesen aller! Er vergött e re seine Mutter über die Maßen und damit meine ich wirklich über die Maßen . Ein wirklich guter Christ hätte eine derart unnatürliche Liebe unterbunden, geschweige denn ausgelebt. Doch bei Heinrich hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass ihm nichts und ni e mand heilig war. Und so kam es, wie es kommen musste ... nur, dass ausgerechnet ich den werten Sohn mit seiner Mutter im Bett erwischen musste. N och dazu i m Bett des eigenen Vaters!“
„Oh, wie peinlich!“
„Was heißt peinlich? Dieser Fehler hätte mir beinahe das Leben
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