Zeitreise ins Leben (German Edition)
den schäbigen Ve r schlag geführt und abgesattelt. In der Hütte entzündeten sie ein wärmendes Feuer , richteten sich ein schlichtes Mahl und öffneten die erste von den zehn deponierten Weinflaschen . Alles war so, wie Jakob es vor drei Tagen verlassen hatte. Das Versteck selbst lag in einem Teil des Waldes der als verzaubert galt. Gerüchte von mordenden Hexen und Feuer speienden Dr a chen gingen hier schon seit Jahren um und waren Garantie unbehelligt zu bleiben. Jakob hatte zu Beginn ziemliche Probleme mit diesen Gerüchten g e habt.
„Verdammtes Bauernpack “, zischte er und Raimund blickte fragend zu ihm. „ I ch dachte nur eben an die ganzen Horrorgeschichten der Bauern.“
„Ach, so das! Keine Angst mein Freund, es gibt hier bestimmt keine Drachen oder Geister, das kann ich dir versichern. Aber diese Gespenstergeschichten erweisen uns einen guten Dienst, meinst du nicht?“
„Ja, schon ! A ber ich weiß, dass es Hexen gibt! Wieso sollte es dann nicht auch Drachen und Gespenster geben?“
„Wie kommst du darauf, dass es Hexen gibt?“
„Nun, weil ich eine kenne! Und ihr ebenso “, antwortete Jakob und Raimund wurde blass, weil er an Elisabeth dachte. Doch Jakob schien die Gedanken seines Herrn erraten zu können und winkte ab.
„Aber , nein! Nicht Frau von Hochdeutschland! Es ist ihre Tante. Die ist aber dafür mit S i cherheit eine Hexe. “ Zauberei war für Raimund durchaus im Bereich des Möglichen, insb e sondere nachdem er bei den Kartausianern so einiges hautnah erlebt hatte. Trotzdem war er davon überzeugt, dass sich sehr viel Hexerei und Magie eher in den Köpfen der Menschen abspielte , als im wirklichen Leben . Lebendig zwar , aber mehr einer fantasievo l len Vorstellung en t springend.
„Warum bist du dir so sicher, dass sie eine Hexe ist?“
„Als ich erneut im Hause Tsor wei l te, bemerkte ich das seltsame Verhalten von Frau Hanna. Sonst war sie eher eine gutmütige und überaus gastfreundliche Person, doch an diesem Tag schien sie um Jahre gealtert, wirkte störrisch und zänkisch. Jeder im Haus mie d eine Bege g nung mit ihr und dem Getuschel des Personal s entnahm ich etwas von einem Jahrestag ihrer Ankunft.“ Jakob tat ein wenig geheimnisvoll und Raimund goss mehr Wein in seinen Trinkb e cher.
„Aaaalso …“, begann Jakob von Neuem und musste gähnen. Die Wärme der Hütte, der la n ge Ritt und der Wein verstärkten seine Müdigkeit. Er streckte sich und versuchte seine Erkl ä rung so effizient als möglich zu gestalten. „U m es kurz zu machen: ich habe gesehen, wie sie sich diese Frau in Luft aufgelöst hat.“
„Du hast was? “, fragte Raimund und schnaubte .
„Nun, sie is t vor meinen Augen verschwunden“, bestätige Jakob. Raimund umfasste seinen Becher fest mit beiden Händen und beugt sich zu Jakob vor. Das Feuer zeichnete warme Schatten auf sein Gesicht und seine Augen waren zu kleinen Schlitzten verengt. Jakob kon n te sehen, dass sein Herr ihm nicht glaubte und ungeduldig auf eine Erklärung wart e te.
„Aber es stimmt, Herr! I ch schwöre es bei meinem Leben! An diesem Tag bin ich ihr nä m lich gefolgt und habe sie beobachtet. Sie wähnte sich alleine in ihrem Schlafgemach, doch ich ha t te mich in einer ihrer Kleidertruhen versteckt.“ Raimund musste herzhaft lachen.
„Du alter Lüstling ... und das bei einer Dame ihren Alters ! “, lachte er und nahm einen we i teren Schluck vom Wein. „Ganz jung, ganz alt. Jakob, du Schlawiner, was willst du eigen t lich?“ Doch Jakob winkte en t rüstet ab.
„Nein, um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was mich dazu getrieben hat. Als ob ich geahnt hätte, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen würde.“
„Mein Gott, Jakob, spuck es endlich aus “, herrschte Raimund ihn an, weil sein Freund nichts Brauchbares von sich gab.
„Ich konnte alles durch einen kleinen Spalt sehen. Zuerst bewegte sie sich tanzend durch den Raum und schien wie entrückt von jeder Wirklichkeit. Dann war sie mit einem Mal von leichtem Nebel umhüllt und helle
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