Zeitreise ins Leben (German Edition)
galt es fes t zuhalten und ins Leben zu holen , um die Seele mit schönen Bildern zu füttern. Solche M o mente waren etwas Besonderes und dennoch meist einsam. Eine g e wisse Melancholie war spürbar, doch ich bemerkte vor allem ein fremdes Gefühl der Hoffnung. Ja, ich wollte den Herbsttag weiterhin genießen und verharrte letztendlich ganze zwei Stunden an diesem Fenster.
Das Glas war längst geleert, die Sonne untergegangen und die Bäume in diffuser Farbl o sigkeit verschwunden, aber ich stand beharrlich vorm Fenster und stierte hoffnungsvoll in die Dämmerung. A ls würde eine fremde Macht mich auffordern, zu warten u nd den Mut nicht zu verlieren. Gut, ganz verrückt war ich noch nicht, denn immerhin schaffte ich es im Wohnzimmer Licht zu machen und mir zwischendurch einen Sessel zu organisieren, um nicht Muskelkrämpfe oder Rückenschmerzen zu riskieren. Ich wartete also weiter, wusste nicht einmal worauf und versuchte den bohrenden Hunger zu ignorieren. Und dann passie r te etwas Seltsames ! Vor meinem Fenster, in der Dunkelheit des Hofes b e merkte ich eine Erscheinung , die ich nicht zuordnen konnte. Wie elektrisiert blinzelte ich hinüber und spü r te einen eisigen Schauer über meine n Rücken laufen. Mein Herz hämmerte und ich klebte bereits an der Scheibe, um besser sehen zu können. Doch wegen meiner leichten Kurzsic h tigkeit konnte ich dieses Etwas einfach nicht genau erke n nen. So löste ich mich mit aller Kraft aus dem Bann und sprintete zum Kasten , um meine Brille für diverse Notfälle herau s zuh o len . Notfälle, wie Autofahren bei Nacht oder spätes Laternengucken, wie eben jetzt. Rasch stülpte ich mir die Brille auf die Nase und drückte mein Gesicht erneut an die Sche i be. Das leise Klirren der Brillengläser am Fensterglas hielt mich nicht davon ab, we i terhin kleine Dunstflecken auf der Scheibe zu produzi e ren.
Nichts, verdammt! Dieses dubiose Etwas war fort! Dort draußen war n ichts als kühle, herbstliche Dunkelheit. Meine Beine zitterten trotzdem und die Gänsehaut auf meinen Unte r armen zeigte, dass ich mir das nicht nur eingebildet hatte. Jemand hatte dort unten gesta n den und mich beobachtet . Das mulmige Gefühl konnte ich nicht so schnell abschütteln. S i cherheitshalber kontrollierte ich, ob die Tür abgesperrt war und ließ alle Rollos heru n ter.
Ein wenig später kauerte ich mich auf meine Couch und kam zu der Erkenntnis, einer T äuschung erlegen zu sein. M it Logik kam ich da nicht weit, denn wie sollte ich eine durc h scheinende Gestalt auf einem ebenso durchscheinenden Pferd unter einer Straßenlaterne erklären? An Gespenster glaubte ich schließlich überhaupt nicht, egal wie sehr mir noch die Härchen zu Be r ge standen.
In dieser Nacht wälzte ich mich unruhig im Bett und träumte die verrücktesten S a chen. Von einer Geisterwelt, die mich aufnahm oder eigentlich mehr verschlang. Von bösen, widerlichen Gesta l ten mit roten leuchtenden Augen, die mich betatschten und mir Schmerzen zufügten. Ich träumte von e i ner Welt in Grau, verpackt in Zellophan mit nichts als fauliger, nasser Erde darin. Seltsame Geräusche, widerliche Düfte und ein unheilvolles Gefühl von Angst und P a nik, waren der ganze Inhalt dieses Horrors, der mich schließlich hysterisch in die Höhe schr e cken ließ. Abgehetzt und nach Luft ringend, saß ich da und konnte nur lan g sam Orientierung finden. Etwas Derartiges hatte ich bisher noch nie geträumt, schon gar nicht in solch lebe n digen, grausamen Bildern. Selbst der G e stank von Moder schien weiter in der Luft zu hängen . Ich brauchte ein wenig , bevor ich mich getraute aufzustehen, um ein Glas Wasser zu holen. Noch auf dem Weg hob ich eine der Rollos in die Höhe und überprü f te den Hof auf Monster und vermeintliche Gespenster. Aber wie erwartet, hockte dort unten natürlich kein Geist, der seinem toten Pferd die Sporen gab . Es existierte keine Bedrohung der besonderen Art, im G e genteil ! A lles und jeder in dieser Siedlung schien friedlich im Schlaf versu n ken – außer mir! Der Al b traum war aber auch ein starkes Stück gewesen. Die grässlich knorpeligen Fi n ger, die nach mir gegriffen hatten, waren noch nicht verblasst und auf eigentümliche Art noch auf meiner Haut spürbar . Schleimige kleine Fingerchen , die zugedrückt ha t ten, um mich in die Tiefe zu ziehen und spitze kleine Nadeldinger unter meine Haut zu tre i
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