Zeitreise ins Leben (German Edition)
ein grausames Spiel ... dachte ich und sank erschöpft in mich zusa m men. Am liebsten hätte ich laut losgeheult oder meinem verrückten Bedürfnis nach einem Hechtsprung nachgegeben. Doch Friedrich verstärkte seinen Griff um meine Hand und knurrte mich an.
„Reiß dich gefälligst zusammen! Und wehe dir, wenn du ohnmächtig oder hysterisch wirst!“ Seine Augen funkelten böse und sein fester Griff ließ meine Fingerknochen knacken. Was für ein gefühlloser Klotz! Doch ich musste gehorchen, würgte die bissigen Schimpfworte herunter und versuchte möglichst aufrecht neben seiner Majestät zu sitzen. Die aufsteige n den Tränen konnte ich zurückhalten und die, die bereits meine Sicht trübten, wischte ich hastig beiseite. Was kümmerte mich schon Friedrich? Mit all meiner Macht wandte ich nun meine Aufmer k samkeit auf Raimund, betete für ihn, für sein Leben und für unsere Zukunft.
Die Fahnen wurden kunstvoll geschwungen, der schon bekannte Trommelwirbel setzte ein. Der Kampf konnte beginnen und in meiner Aufregung meinte ich sogar auf die Entfernung das dumpfe Geräusch seines herunterklappenden Visiers zu hören . Meine Hände kneteten einen imaginären Teig und obwohl Friedrichs Präsenz zur Ruhe mahnte, konnte ich meine Nervosität nicht kontrollieren. Auf ein Zeichen stoben beide Ritter im wilden Galopp aufe i nander zu und wirkten dabei viel schneller und energischer, als alle Kämpfer zuvor. Meine Wahrnehmung war übertrieben, meine Ich-Beteiligung viel zu groß und jede Faser meines Körpers vibrierte im wilden Ritt von Raimund mit . So versuchte ich ihm auf meine Weise be i zustehen und Kraft zu spenden. Meine Hände steckten in einem Knoten aus Fingern und schweißnasser Haut, a lles in mir wartete angespannt auf den Zusammenprall zweier Krä f te.
Gewinne! Gewinne! Gewinne ... war das Einzige, was ich denken und fühlen konnte, ehe mich der laute Knall und die Wucht des Zusammenpralls aus meiner Lethargie riss. Der Ge g ner schien kurz an Raimunds Lanze zu kleben, ehe er unter euphorischem Jubel der Menge aus dem Sattel geschleudert wurde. Der schnelle Abgang von Raimunds Gegner war nicht so spektakulär wie manch anderer, zeigte aber mit welcher Konzentration und Effizienz Raimund in dieser Situation zu handeln wusste. Ich war erleichtert, um nicht zu sagen, vollkommen aus dem Häuschen, denn mir fiel ein Stein nach dem anderen vom Herzen. Raimund war der be s te Kämpfer, den ich je gesehen hatte. Wer, wenn nicht er sollte dieses Turnier gewinnen? M ir ging das Herz über vor Stolz und es pumpte längst nicht mehr in einem ängstlichen Hö l lentempo, sondern vollführte stattdessen Purzelbäume und Freudensprünge. Raimund hatte seinen ersten Kampf locker gewonnen. Wie in Trance beobachtete ich, wie Raimund im schnellen G a lopp zu unserer Loge ritt und lässig sein Visier in die Höhe klappte . Dieses Mal konnte er sich eine kleine Gefühlsregung nicht verkneifen, denn er lächelte zufrieden und blickte erstmals auch zu mir. Und ich himmelte ihn regelrecht an, nur damit er sehen konnte, wie sehr ich zu ihm stand. Mein Gott, selbst ein Blinder hätte meine Gefühle mitbekommen! Doch in seinem G e sicht spiegelte sich weder ein Erkennen, noch eine Reaktion. Im Gegenteil! Sein Lächeln verschwand so bald er mich ansah und ich ver stand die Welt nicht mehr! Er blickte weiterhin zu mir, doch seine Augen blieben hart und unergründlich und der Schmerz, der mein Herz e r fasste, schien das Gefühl zu bestätigen , dass er mir Untreue vorwarf und mich verachte te. Als er sich ab wandte und damit dem König zu , war ich innerlich am Boden . Es war nur ein Blick, ein Gefühl und doch hatte ich seine Verachtung gespürt, als hätte er sie mir mit bösen Wo r ten ins Gesicht geschleudert. Der König gratulierte dem Si eger und seine Stimme klang dabei spöttisch , dennoch ließ Raimunds Friedrichs Glückwünsche mit sto i scher Ruhe über sich ergehen. Danach ritt er, ohne einen weiteren Blick in meine Ric h tung zu werfen, vom Kampfplatz und ich rang ein zweites Mal mit dem Bedürfnis, über die Balus t rade zu springen und ihm hinterherzulaufen . Friedrich bemerkte diesen Impuls und ergriff autom a tisch meine Hand.
„Bis jetzt hast du deine Sache gut gemacht “, flüsterte er und die Warnung darin war deu t lich , denn d as Spiel war noch lange nicht vorbei.
Die nachfolgenden Kämpfe
Weitere Kostenlose Bücher