Zeitreise ins Leben (German Edition)
indem sie eine kühne Verbeugung am Pferd bewerkstelligten. Eine wahre Meiste r leistung mit dem schweren Metall am Leib und der mörderisch langen Waffe am Arm. Der König begrüßte sie majestätisch und wünschte ihnen für ihren Kampf alles Gute. Mit einem kurzen Nicken in meine Richtung, schenkten die beiden Ritter auch mir ihre Ehrerbietung und nahmen dann, unter tosendem Applaus, ihre Startposition ein. Die Knappe n der beiden kontrol lierten noch Ausrüstung und Pferd, wünschte n ihren Herrn Glück und ver schwanden rasch in der Masse. Als ein lauter Trommelwirbel über den Kampflatz ertönte, klappten die beiden Männer langsam ihre Visiere herunter und machten sich bereit . Die Menge erhob sich von ihren Plätzen, klatschte und jubelte ihre Zustimmung zum Kampfbeginn. Zwei Fa h nen gaben das Ze i chen zum Start und dann ging es auch schon los. Eines der Pferde bäumte sich kurz auf, als die metallenen Fersen sich in seine Flanken schlugen, doch im nächsten M o ment galo p pierte es unter dem anfeuernden Geschrei der Menge in den Kampf. Im wilden Tempo stoben die beiden Ritter aufeinander zu, in einer Hand ihr Schild, in der anderen, die eing e hakte Lanze. Wie sie sich also zusätzlich noch am Pferd festhalten konnten, war mir ein Rä t sel.
Nur mehr zehn Meter, dann fünf. Gleich sollte Holz brechen , Metall krachen. Die Wildheit der Sz e ne stei gerte sich, war unbeschreiblich packend. Dazu das Geschrei der Menge und dann ... der erwartete Knall und der wuchtige Aufprall. Holz splitterte und flog wie in Zeitlupe über die Köpfe der beiden hinweg. Einer von den beiden wurde voll getroffen, flog gut drei Meter rückwärts und schlug hart auf den Boden auf . D as Geschrei der Menge ging auge n blicklich über in ein befriedigtes, dunkles Raunen. Der erste Kampf war entschieden und das eindeutig. Dabei grenzte es an ein Wunder, dass der Reiter nicht mit gebrochenen Knochen liegen blieb. Er rührte sich zwar kaum, doch er lebte und gab ein Zeichen, dass es ihm gut ging . Die Menge kümmerte sich aber nicht um den Zustand des Verlierers, sondern hatte nur Augen für den Sieger . Voller Freude und A n erkennung jubelten sie ihm zu. Vier Mann hoben inzwischen den Verletzten auf eine Bahre und trugen ihn eilig davon. Zur gleichen Zeit ritt der Gewinner mit geöffnetem Visier zum König , verbeugte sich nicht mehr ganz so el e gant, wie vor dem anstrengenden Kampf und nahm die Gratulation des Königs entgegen . M eine Aufgabe bestand lediglich darin mit dem Kopf zu nicken und ein wenig mit den Wimpern zu klimpern. Und das schaffte ich ganz gut .
Jeder Kampf war eine Sensation für sich . Meist brachte schon der erste Durchgang einen Sieger he r vor, doch in wenigen Ausnahmefällen konnten sich beide Gegner im Sattel halten und mussten ein oder zwei Runden weiter kämpfen. Ein neuerlicher Anlauf war für das Pu b likum dann besonders reizvoll und die Dynamik der Kampfszenen noch erregender. Kein Ko n zert, kein Fußballspiel – nichts, was ich in meinem Jahrhundert in dieser Größe n ordnung kannte – war mit diesem Erlebnis zu vergleichen. Je schwerwiegender die Stürze oder Verle t zungen der Kämpfer waren, desto stärker fiel auch der Beifall des Publikums aus. D ie Me n schen gierte n mit einer Rücksichtslosigkeit nach Sensation, die mich doch sehr erschrec k te.
Ritter Wilhelm von Halm war dann der erste, der seinen Sturz und seine Verletzung en nicht überlebte. Der Großteil der gegnerischen Lanze steckte in seinem Brustkorb und hatte dem jungen Mann einen besonders unschönen Abgang beschert. Selbst das Publikum verstummte zu diesem Zeitpunkt erstmals und wirkte betroffen. Der Tod war also selbst hier eine Au s nahme, wurde respektiert und gefürchtet. Betroffen verbarg ich mein Gesicht in beiden Hä n den , weil ich den grausige n Anblick, des zuvor noch so stolzen Ritters, kaum ertragen konnte . In wilden Zuckungen hatte er seinen absolut letzten Kampf verloren und damit den Unte r schied zu Fußball oder einem Konzert so deutlich gemacht, dass ich mich wunderte, wie ich je solch einen dummen Vergleich hatte anstellen können . Friedrich schien ebenfalls betroffen, e r hob sich aus seinem Stuhl und ließ von einem Priester ein Gebet für den Toten sprechen. Einmal mehr bewunderte ich sein umsichtiges Wesen und seine Schlauheit, solch eine Situ a tion im Vorfeld bedacht zu haben . Die Menge war j e denfalls dankbar für den Beistand der
Weitere Kostenlose Bücher