Zeitreise ins Leben (German Edition)
hießen. Gleich daneben identifizierte ich die du n kelbraunen Augen von Bonifazius, die traurig zu mir herabblickten, als wäre ich bereits g e storben.
Wie viel Zeit wohl vergangen ist ... überlegte ich und seufzte leise, weil mein Kopf zum Ber s ten voll war und so stark schmerzte. Etwas stimmte ganz und gar nicht mit meinem Schädel, war unwirklich und bedrohlich. Seltsame Stimmen wechselten in Höhe und Lautstärke, flü s terten sich durch meine Gedanken, brannten sich durch meine Eingeweide, entstellten meine Seele. Ich hatte geschlafen, tief und traumlos , d och das Erwachen war eine einzige Qual, der Schmerz kaum zu ertragen. Rastlos blickte ich umher, suchte nach einem Orientierung s punkt und fand ihn ... in den blauen, anziehenden Augen, die zu mir herabblickten und dabei so rein und klar wirkten wie der Himmel auf Erden . Die Freundlichkeit darin war verlockend und schien eine Lösung zu bieten. Nein, bei genauerem Betrachten war es nicht die Freun d lichkeit, die mich in den Bann zog, sondern die Seelentiefe, die zu erkennen war. Sie war es, die eine Lösung zu bieten schien ... zu einem Problem, das ich erst allmählich als das meine erkannte.
Ich versuchte zu lächeln und stellte fest, dass selbst diese Tätigkeit mit größter Mühe ve r bunden war. Das Gefühl, keinerlei Kraftreserven mehr zu besitzen, ließ mich schaudern und fragend von einem zum anderen blicken. Bonifazius steckte daraufhin das stinkige Tüchlein fort, mit dem er mich geweckt hatte und rückte näher zu meinem Ohr.
„Elisabeth! Gott sei Dank bist du wieder bei uns! Es war sehr knapp ...“ Er stockte kurz und erzählte mir dann, was passiert war. Seine Stimme war nur ein Flüstern und seine Worte mit viel Bedacht gewählt und trotzdem setzte er damit etwas in Gang, das nicht zu kontrollieren war. Ich schrie hysterisch auf, als die Erinnerung zurückkam und e in unsichtbarer Sturm erfasste meinen Kör per, schien die Herrschaft über mich zu überne h men. Wild zuckten meine Gliedmaßen und mein Schrei verhallte, war lediglich tief in meinem Inneren zu hören. Ve r wundert hockte mein Ich in diesem seltsam zuckenden Bündel aus Fleisch und Blut und wollte nur noch in Ruhe gelassen werden, flüchten und für immer verschwi n den. Fort, weit fort, war alles, was mein Wesen erfüllte, solch ein Sturm tobte in mir, so unkontrollierbar und verschli n gend wie das Meer in seiner düstersten Stunde.
Doch dann sah ich erneut dieses Blau, hell und rein. Es waren die Augen des Fremden, die mich plötzlich gefangen hielten und einen fantastischen Kontrast zu meiner Dunkelheit bild e ten. Sie waren der Lichtpunkt am Horizont und zugleich das Meer in seiner sanften, sti l len Art. Hypnotisch wurde ich von dieser Ruhe angezogen, nahm die Sanftheit in mich auf. Wä h rend ich mich ganz in diesem tiefen Blau verlor, weinte Bonifazius dicke Tränen um mich. Mit aller Kraft versuchte er meinen sich windenden Körper auf der Pritsche festzuha l ten, doch es gelang ihm kaum. Mein Ich bemerkte seine Verzweiflung, konnte jedoch nur tei l nahmslos beobachten, verwundert und zutiefst erschüttert. So lange, bis ich vollkommen Teil des Sturms wurde und keine Chance mehr auf eigene Handlungsweisen hatte. Doch mit einem Mal griff jemand eindringlich und massiv in das Geschehen ein . Selbst in diesem furchtbaren Sturm drängte n sich abermals die Augen des Fremden als Orientierungspunkt bis zu mir durch . Alles hatte sich verändert. Bonifazius war nicht mehr im Raum. Er hatte nicht nur meine Oberarme frei gegeben, er hatte mich scheinbar gänzlich verlassen. Ängstlich versuchte ich Halt bei dem Fremden zu finden und der ergriff auch sofort meine rechte Hand. Doch d a mit fing alles eigentlich erst so richtig an. Was dieser Mann machte, konnte ich nicht s a gen, doch er stand in gleißend hellem Licht, das vor allem um seinen Kopf flammte und mich an Fieberwahn oder Halluzin a tion denken ließ.
Verrückt, ein Heiligenschein ... dachte ich in einem kurzen, hellen Moment, bis plötzlich die nächste dunkle Woge über mich hereinbrach, mit lautem Krachen über meinem Kopf z u sammen schlug und mich so lange und tief unter Wasser hielt, bis ich nicht mehr damit rechnete, erwachen zu können.
„Fürchtet Euch nicht, Elisabeth “, hörte ich die sanfte Stimme
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