Zeitreisende sterben nie
lächelte stets im passenden Augenblick und zeigte ihm auf hundert verschiedene Arten, dass er ihr etwas bedeutete. Obwohl sie ihn erst seit ein paar Wochen kannte, hatte sie ihn gern in ihrer Nähe.
Aber es gab Probleme. »Wo ist Ihr Wagen?«, fragte sie. »Warum nehmen wir ein Taxi?«
Er hätte ihr erzählen sollen, er wäre mit dem Zug angereist, aber das war ihm nicht in den Sinn gekommen. »Ich habe ihn bei Sarah gelassen. Falls sie ihn braucht.«
»Dann geht es ihr also besser?«
»Oh, ja«, sagte er. »Viel besser.«
War er erst außer Reichweite, was sich nicht vermeiden ließ, bestand die Gefahr, dass sie einige Telefonate führte, um herauszufinden, ob er sie belogen hatte. Kein David Dryden an der Penn. Vielleicht nicht einmal im Telefonbuch von Philadelphia. Zumindest keiner, von dem zu vermuten stünde, dass er irgendwo Sprachunterricht erteilte.
Und das tat weh. Sie zu verlieren, wäre schlimm genug. Aber sie in dem Wissen zurückzulassen, dass er ein Schwindler war?
Der Besuch im Lamplight sollte, wie er widerstrebend beschloss, ihr letztes Zusammentreffen sein. Je länger er es hinauszögerte, desto schwerer würde es für beide werden. Er wollte es beenden, wollte es hinter sich bringen, alles hinter sich lassen, aber er brachte die Worte nicht über die Lippen.
Sie lieferte ihm den perfekten Einstieg, als sie beim Anblick seiner Miene fragte, ob irgendwas nicht in Ordnung sei. Aber er war einfach noch nicht bereit. Vielleicht sollte er sich die Sache so oder so erst noch einmal durch den Kopf gehen
lassen. Er beschloss, im Laufe der Woche mit ihr zu reden und ihr zu sagen, es gäbe noch jemanden anderen in seinem Leben. Und dass er die andere Frau bitten würde, seine Frau zu werden, und verstünde, wenn sie nun wütend sei. Aber dass sie, wie es auch kommen mochte, in ihm immer einen Freund haben würde.
Sie saßen an dem Tisch, an dem an einem anderen Abend Huxley gesessen hatte. Der Pianist spielte It's a Sin to Tell a Lie.
»Nichts«, sagte er. »Das Leben könnte nicht schöner sein.«
Sie musterte ihn forschend und beschloss offenbar, sein Spiel mitzuspielen. »Unser besonderer Ort«, sagte sie.
Er drückte ihren Unterarm. »Für immer.«
Aber seine Stimme schien noch etwas anderes verraten zu haben. »Das ist leicht gesagt, Dave.« Ihre Augen funkelten. »Wollen wir den Abend beenden?«
»Nein«, sagte er. Nein, er wollte den Abend nicht beenden. Wollte nicht Auf Wiedersehen sagen. Er konnte sich vorstellen, wie er zu diesem Abend zurückkehren und von der anderen Straßenseite aus zusähe, wie sie das Lamplight verließen, so wie er sich und Erin am Ferienhaus zugesehen und zutiefst bedauert hatte, dass er nicht um sie gekämpft hatte. Und doch, welche andere Möglichkeit blieb ihm?
»Ist dir nach Tanzen?«, fragte sie.
Sie kannte ein gutes Tanzlokal, also zogen sie weiter in die Stadt. Dies war sein erster Versuch, Charleston zu tanzen, und sie schien milde verwundert zu sein, dass er nicht gerade ein vollendeter Tänzer war. Von dort gingen sie ins Flamingo, um sich noch einen Schlummertrunk zu gönnen. Und dann war es vorbei, und das Taxi hielt vor ihrem Haus, und sie lud ihn ein, sie hineinzubegleiten.
Aber er dankte ihr nur und lehnte ab. »Ich bin erledigt«,
behauptete er. Er bat den Fahrer zu warten, als sie zur Tür ging. Und dabei dachte er ständig nie wieder. Wusste zugleich, wie sehr er sie vermissen würde. Als er sie in seine Arme zog, war von Geschmeidigkeit nichts mehr zu spüren.
Sie wusste Bescheid.
»Ich melde mich«, sagte er.
Eine Alternative hatte er: Er konnte ihr die Wahrheit sagen und sie in das Jahr 2019 holen. Als er nach Hause kam, googelte er nach ihrem Namen und hoffte, er würde keinen Eintrag finden oder zumindest keinen, der sich auf die Zeit nach ihrem Zusammentreffen bezog. Sandra Meyers, eine beliebte Mathematikdozentin an der Duke, verschwand an einem Sommerabend des Jahres 1937. Es wurde nie eine Spur von ihr gefunden ...
Bedauerlicherweise musste er feststellen, dass sie 1939, zwei Jahre später, in Durham einen David Collins geheiratet hatte.
Noch ein David.
Sie hatten einen Sohn. Als der zweite Weltkrieg ausbrach, meldete Collins sich freiwillig zur Navy. Offenbar verbrachte er den größten Teil des Krieges im Pazifik, war bei der Schlacht um Midway und der um Guadalcanal dabei, erkämpfte sich das Purple Heart in der Schlacht in der Philippinensee und hatte an der Seeschlacht im Golf von Leyte teilgenommen. Er war hoch
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