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Zeitreisende sterben nie

Zeitreisende sterben nie

Titel: Zeitreisende sterben nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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zu, dass das Buch stellenweise recht zäh geschrieben war. »Sie hätte ein bisschen mehr Tempo einbauen können, aber ich bin überzeugt, das wird sie selbst herausfinden. Auf jeden Fall hat mir die Vorstellung von einem künstlichen Menschen mit einer Vorliebe für Milton gefallen. Mary hat einen erlesenen Sinn für Humor.«
    Michael war Baseballfan. Aus einer Eingebung heraus besuchten sie das Wrigley Field am 25. August 1922, um zuzusehen, wie die Cubs die Phillies mit 26 zu 23 schlugen, die höchste Punktzahl, die je in einem Spiel der Major League erzielt wurde. Und sie gingen nach Berlin, um sich Kennedys berühmte »Ich bin ein Berliner«-Ansprache anzuhören. In einer dieser Menschenmengen irgendjemanden zu finden war, natürlich, ausgeschlossen. Aber Shel amüsierte sich prächtig. Einem solchen Ereignis ausgestattet mit einer historischen Perspektive beizuwohnen, hatte etwas besonders Bewegendes. Was die Suche nach seinem Vater anging, stand er jedoch kurz davor aufzugeben.
    »Weißt du, was wirklich wehtut?«, fragte er, kaum dass sie aus Berlin zurück waren.
    »Dass dein Vater vermutlich nicht die Zeit hatte zu tun, was wir getan haben?«
    »Es geht tiefer, Dave. Die Wahrheit ist, ich weiß nicht, wie viele Orte er besucht hat. Aber mir kommt es langsam so vor, als erhielten wir einen gottgleichen Blick auf die Welt.«
    Dave nickte.
    »Wir waren heute dort und haben Kennedy zugehört, und wir wissen, was bevorstand. Wir wissen, dass der Kalte Krieg enden wird, dass in Europa alles in Ordnung kommt. Und wir wissen auch, dass Kennedy in fünf Monaten tot sein wird.«
    »Ja.«
    »Das ist mir die ganze Zeit, während wir ihm zugehört haben, nicht aus dem Kopf gegangen. Dass er in Dallas von einem Irren umgebracht wird und niemand je erfahren wird, warum.«
    »Ich weiß. Ich habe auch darüber nachgedacht.«
    »Als wir Lincoln zugesehen haben, war es genauso. Oder King. Mir gefällt nicht zu wissen, was bevorsteht.«
    Dave löste den Konverter vom Gürtel und setzte sich.
    Shels Blick ging in die Ferne. »Diesen Teil davon hasse ich.«
    »Ich habe mal einen Film gesehen.«
    »So?«
    »Er hieß TimeQuest. Ein Zeitreisender geht zurück und tut das, wovon du im Grunde redest: Er warnt JFK.«
    »Wie endet es?«
    »Viel besser. Wir halten uns aus Vietnam heraus. Wir bauen die Mondbasis. King überlebt und wird der erste schwarze Präsident. Kennedy stirbt fünfzig Jahre später friedlich in seinem Bett in Hyannisport.«

    »Ich wünschte, wir könnten so etwas einfädeln.«
    »Ich auch. Aber wir sprechen gerade über die endgültige Form der Hybris. Ich schlage vor, wir halten uns raus.«
    Dave war nicht mehr in der Lage, seinen Unterricht an der Penn durchzustehen. Tage damit zu verbringen, über griechische Pronomen und lateinische Verben zu sprechen, erdrückte ihn. Er wollte seinen Studenten erzählen, dass er in der Bibliothek von Alexandria gewesen war. Und in Selma. Er wollte ihnen erzählen, dass er vorhatte, in das alte Athen zu reisen, um sich Der gefesselte Prometheus anzusehen.
    Er lechzte danach, bei der nächsten Konferenz der englischen Fakultät von seinen Gesprächen mit Lamb und Coleridge zu berichten. Zu verkünden, dass er, sollte er in passender Stimmung sein, vielleicht heute Abend nach Oxford ginge, um sich mit A. E. Housman zum Tee zu treffen.
    »Das Leben hat sich besser entwickelt, als ich es je für möglich gehalten habe«, sagte er eines Abends im Wan Ho, einem chinesischen Restaurant, zu Shel. »Der einzige Nachteil ist, dass es uns nicht gelungen ist, deinen Vater aufzuspüren. Und dass wir niemandem erzählen können, was wir tun.«
    »Ich weiß, Dave.«
    »Wir sollten ein Buch schreiben.«
    »So etwas in der Art tue ich bereits.«
    »Was?«
    »Ich habe Tagebuch geführt. Da ist alles drin, Bilder, Aufzeichnungen, meine Reaktionen. Alles.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Was hast du damit vor?«
    »Nichts, denke ich. Es ist für mich.« Dann, einen Moment später: »Es kommt mir vor, als sollte es Aufzeichnungen in irgendeiner Form geben.«
    Sie kehrten in die Bibliothek zurück, luden Aristarchos zum Abendessen ein und zeichneten einige weitere Stücke auf, vorwiegend von Sophokles und Euripides, und einen größeren Abschnitt der perikleischen Protokolle.
    Aristarchos erkundigte sich, ob sie Michael gefunden hatten. »Es ist schwer zu glauben«, sagte er, »dass Männer mit so gottgleichen Fähigkeiten ihn nicht ausfindig machen können.«
    Sie verschickten die perikleischen

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