Zeitreisende sterben nie
Begleitbrief zu dem Manuskript. Wollen Sie mehr sehen ...
Was hatten sie noch zu bieten?
Als Miles gegangen war, fing sie an, Achilleus ins Englische zu übertragen.
Vier Tage, nachdem sie die englische Version in ihre Website integriert hatte, kam ein weiteres Paket an. Dieses war in Cherry Hill, New Jersey, aufgegeben worden. Und jetzt lag der Brieföffner bereit.
LEONIDAS von
Sophokles
Wieder war ein nicht unterzeichnetes Begleitschreiben dabei.
11. Februar
Liebe Frau Dr. Kephalas, sind Sie überzeugt?
Sie überließ das Manuskript dem Programm, das beinahe das gleiche Ergebnis zutage förderte: WAHRSCHEINLICHKEIT GLEICHER URHEBERSCHAFT: 86%
Also rief sie ihre Website auf. Gleich auf der ersten Seite fügte sie ganz oben ein: Leonidas angekommen. Wer sind Sie?
Bis spät in der Nacht saß sie am Computer. Sie ließ das Abendessen ausfallen und las das Stück, das nicht die Schlacht bei den Thermopylen zum Inhalt hatte, sondern sich vielmehr mit der Nachlässigkeit der Spartaner befasste, die den Kampfhandlungen vorausgegangen war. Das hatte dazu geführt, dass dreihundert Spartaner und ihre thespischen und thebischen Verbündeten geopfert werden mussten.
Sparta hatte schon lange gewusst, dass Persien eine ernste Bedrohung darstellte. Aber die Stadtregenten hatten sie nicht ernst genommen. Sie hatten alle Hinweise ignoriert, die ihrer Überzeugung, derzufolge Xerxes ein Feigling war, widersprachen. Derzufolge er keinen Angriff wagen würde. Leonidas war es trotz seiner erhabenen Position nicht gelungen, die Bürokraten zum Handeln zu bringen, die tatsächlich über das Land herrschten. Als dann die Bedrohung konkrete Formen annahm, als die Athener warnten, die Perser hätten sich in Marsch gesetzt, fand ein religiöses Fest statt, weshalb ihnen die Hände gebunden waren. Sie wagten nicht, die Götter zu erzürnen.
Schließlich wurde entschieden, eine kleine Truppe auszusenden, die den Thermopylenpass verteidigen sollte. Nur so lange, bis das Fest vorbei war.
Der dramatische Höhepunkt skizziert einen erzürnten Leonidas, der sein Schwert gürtet und seine Amtsbrüder auffordert, ihren Teil zu dem Blutvergießen beizutragen, das ihre Trägheit auslösen sollte, doch niemand rührt einen Finger.
Einige Stunden, nachdem sie ihre Frage online gestellt hatte, erhielt sie so etwas wie eine Antwort: Wir haben noch sieben weitere Stücke von Sophokles. Wer sind Sie?
Wenn wir Ihnen diese Stücke überlassen, was werden Sie mit ihnen anfangen?
Sie der Menschheit geben. Sie jedem verfügbar machen, der Interesse an ihnen hat. Wollen Sie sie?
Natürlich. Haben Sie wirklich noch sieben weitere? Ja.
Woher haben Sie sie? Das ist nicht wichtig.
Wie können Sie so etwas sagen? Das ist eine unentbehrliche Information. Es ist nicht wichtig. Was ist für Sie dabei drin?
Sie stellen viele Fragen. Fangen wir damit an, dass wir Ihnen zwei weitere Stücke schicken. Wir werden sehen, was daraus wird. Und dann werden wir entscheiden, wie es weitergeht.
Die Gesellschaft für homerische Forschungen, bestehend aus ungefähr vierhundert klassischen Philologen, verteilte sich kreuz und quer über die westliche Welt, aber es gab auch vereinzelte Mitglieder in Japan und China, in Afrika und im Nahen Osten. Zwei Tage nach Aspasias Konversation mit ihren geheimnisvollen Wohltätern erhieltjedes Mitglied eine E-Mail, der Kopien von Achilleus und Leonidas in Dateiform beigefügt waren.
Die Echtheit dieser Stücke steht zur Debatte, lautete Aspasias Text. Ich wüsste gern, wie Sie darüber denken.
Dave gehörte zu den Wissenschaftlern, die diese Mail erhielten. Er zeigte sie Shel, der beifällig bekundete: »Sieht so aus, als hättest du sie richtig eingeschätzt.«
»Ich kenne Aspasia schon sehr lange, Shel. Sie ist vorsichtig, aber auch sehr gut.«
Kapitel 20
Sieh das Leben nicht als bedeutsam an. Betrachte stattdessen das endlose Nichts der Jahre, die da kommen werden, und derer, die vergangen sind, und erinnere dich, dass dir nur wenige Stunden gegeben sind.
MARK Aurel., selbstbetrachtungen
»Er war also in Alexandria«, sagte Shel.
»Wer weiß«, entgegnete Dave, »wie viele Orte er in dieser Nacht aufgesucht haben könnte?« Er wollte Shel aufmuntern. Vielleicht konnten sie ihn immer noch irgendwo finden.
Shel fielen durchaus noch andere Orte, Ereignisse und Menschen ein, für die sich sein Vater interessiert hatte.
Shelborne, der Altere, hatte Carl Sandburgs Lincoln-Biografie gelesen, als Shel in der Highschool
Weitere Kostenlose Bücher