Zeitriss: Thriller (German Edition)
Verbotene Stadt durchschreiten kann, ohne sich zu fürchten oder zu staunen. Solche Stärke und Selbstsicherheit wurde innerhalb dieser Mauern seit dem Tod des mächtigen Qianlong nicht mehr gesehen, und er war zweifellos der größte aller Mandschu-Kaiser. Vergebt mir meine Worte, aber Eure Stärke berührt mich, weil dieser Palast nur noch Schwäche und Angst kennt. Ich gestehe, dass ich mich viele Jahre nach solcher Stärke gesehnt habe. Und da seid Ihr, der rätselhafte Blauäugige, der von hier entkommen ist, indem er über die Mauer sprang, als ihn die Palastwache schon umstellt hatte.«
»Sonst hätte ich sie auf der Stelle töten müssen«, sagte Randall. »Und damit hätte ich im Adel der Qing große Unruhe ausgelöst.«
»Der Tod von Wachen hat keine Bedeutung. Ihr seid ein Mann von beachtlicher Macht, der nun zurückgekehrt ist, um seine Ziele zu verfolgen. Das sehe ich in Euren blauen Augen. Bleibt nur die Frage, welche.«
Ehe Randall etwas dazu sagen konnte, fuhr Cixi fort. »Ihr kommt mit Rat und Führung, dafür bin ich dankbar. Wie kann ich aber sicher sein, dass Ihr Eure Absichten ehrlich bekennt? Wie kann ich sicher sein, dass Ihr wirklich helfen wollt und kein Spion seid, der geschickt wurde, um die Herrschaft der Qing von innen zu vernichten?«
»Ich bin hier, um zu helfen, andernfalls wäre ich jetzt bei Lord Elgin und würde ihm raten, Peking rücksichtslos anzugreifen und die magere Verteidigung niederzuwalzen.«
»So sagt Ihr. Und wenn es nun Euer Ziel wäre, das Reich einzunehmen, ohne Peking zu zerstören?«
Randall lächelte sie an. »Ich will Euch wirklich helfen, Edle Kaiserliche Gemahlin. Darüber könnt Ihr beruhigt sein.«
»Und Ihr verlangt nichts dafür?«
»Gar nichts.«
»Meiner Erfahrung nach kann man einem Mann, der nichts verlangt, nicht vertrauen. Wir alle müssen einem höheren Antrieb folgen. Und bis ich Euren Antrieb kenne, kann ich Euch nicht vertrauen, Randall Chen. Ich habe eine gute Menschenkenntnis. Darum habe ich in diesen zinnoberroten Mauern Erfolg und bin überhaupt noch am Leben, obwohl ich von berechnenden, hinterlistigen Adligen und Ministern umgeben bin. Ganz zu schweigen von den hinterhältigen Absichten der Halbmänner und Konkubinen, die alle aufsteigen wollen, auch um den Preis der Vernichtung anderer. Für einen Fremden mag die Verbotene Stadt ein Ort unbeschreiblicher Schönheit sein. Für ihre Bewohner ist sie ein täglicher Kampfplatz, wo sich die Machtverhältnisse mit den Launen eines einzelnen Mannes ändern, der seinerseits von denen beeinflusst wird, die ihn umgeben.«
»Ich verstehe sehr wohl, wie es hier zugeht. Doch ich bin kein Teil dieser Welt.«
»Oh doch«, widersprach sie mit einem Hauch Mutlosigkeit in der Stimme. »Und darauf muss sich mein Vertrauen gründen.«
Randall war überrascht, dass sie sich so verwundbar zeigte. Doch eingedenk seiner Studien begriff er, dass sie ihm nichts vormachte. Vielleicht hatten er und Wilson ihre Stärke überschätzt, und sie war viel leichter zu zerbrechen, als sie gedacht hätten.
»Es ist für mich wichtig, dass Ihr stark seid«, sagte er leise. »So vieles hängt daran.«
Das flackernde Feuer im Rücken, zeigte sie mit dem Finger auf ihn. »Dann müsst Ihr mich überzeugen, dass ich Euch trauen kann. Nur so kommen wir voran.«
»Das kann ich nicht.«
»Aber ich brauche mehr von Euch«, beharrte sie.
»Dann befinden wir uns in einer Sackgasse, Edle Kaiserliche Gemahlin. Ihr wollt etwas von mir, das ich nicht geben kann. Meine wahren Handlungsgründe hängen mit einem Geheimnis zusammen, das bis zum Anbeginn der Zeit zurückreicht. Aber genug davon – Ihr wisst, dass ich Euch helfen will.«
»Wenn das wahr ist, so gebt mir nach.«
»Worin soll ich Euch nachgeben?«
»Ihr müsst mich Euch berühren lassen«, antwortete sie. »Wenn ich Eure Haut berühre, werde ich den Grund Eurer Absichten entdecken.«
»Ihr werdet nichts weiter entdecken, als dass ich Euch begehre«, erwiderte er. »Mehr kann Euch die Berührung nicht sagen.«
Cixi lachte in sich hinein. »Dann wisst Ihr nichts über den menschlichen Körper. Durch eine einzige Berührung erfahre ich mehr über Euch als durch unsere vielen Gespräche. Der Verstand kann mühelos lügen, der Körper ist immer ehrlich.«
Randalls Herz schlug schneller, als sie wie aus dem Feuer auf ihn zueilte. Dabei wehten die Seiten ihrer Weste auseinander und enthüllten ihren makellosen Körper. Randall wusste, das einzig Richtige wäre jetzt,
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