Zeitriss: Thriller (German Edition)
Umsturz durch die Mongolen und die Kolonialmächte geschützt werden muss. Ich nehme an, dass der Baum eingeht, wenn kein Aufseher dorthin geschickt wird, und dann hätten wir noch größere Probleme. Das zieht eine Katastrophe nach sich, deren Ausmaß unmöglich vorherzusehen ist.«
»Ganz recht. Und gerade darum habe ich keine andere Wahl, als mich dieser Mission zu widmen«, sagte Jasper. »Randall muss vor GM s Absichten abgeschirmt werden … und Sie bitte ich, dabei zu helfen. Sie sehen, Mr. Dowling, Andres Forschung hat zu einem schlüssigen Ergebnis geführt: Der Baum des Lebens wird im Auftragstext nicht erwähnt, weil der Aufseher davon nichts wissen soll .«
»Die Kräfte des Baumes wären zu verlockend«, fügte Andre hinzu.
»Randall Chen darf davon nichts erfahren«, fuhr Jasper fort. »Die Versuchung wäre zu groß. Es heißt, der Saft kann jede Wunde, jede Krankheit heilen. Er kann sogar unverwundbar machen.«
Wilson schaute über den Wald in die Ferne. »Gibt es den Baum heute noch?«
Andre nickte. »Augenscheinlich ja, doch er hat nicht mehr die Kräfte wie früher. Soweit ich die Sache verstehe – das ist meine Interpretation des Subtextes –, stellt sich die Lebenskraft alle fünftausend Jahre an einem anderen Ort wieder her. Von 3000 vor Christus bis 2000 nach Christus, lag sie in diesem chinesischen Baum. Wo sie heute liegt, ist ungewiss.«
»Mayanischer Großzyklus Nummer fünf«, murmelte Wilson.
Andre nickte. »Ja, es scheint mit diesen Daten zu korrelieren. Der Baum des Lebens ist der Grund, warum die Verbotene Stadt dort steht, wo sie steht – der Palast wurde gebaut, um den Baum zu schützen.«
Jetzt ergab alles einen Sinn. Doch das machte Wilson nur noch größere Sorgen. Er stand plötzlich zwischen GM und Jasper, die früher eiserne Verbündete gewesen waren und jetzt jeder etwas anderes wollten – und das Unternehmen Esra war der Schauplatz ihrer Auseinandersetzung.
»Wie halten wir die Informationen über den Baum vor Randall zurück?«, fragte Wilson.
»Wir starten die Mission früher als geplant«, antwortete Jasper.
Wilson griff um die Tischkante. »Können wir nicht einfach mit GM reden und ihm erklären, wie gefährlich das alles ist?«
Jasper schüttelte den Kopf. »Ich kenne ihn schon mein Leben lang. Wir werden es ihm nicht ausreden können. Er sieht seinen Tod vor sich und kann nur mit dem Elixier sein Leben retten. Er glaubt nicht an Gott oder sonst eine höhere Macht. Ihm ist egal, welche Konsequenzen es hat, wenn die Sache nicht funktioniert. Wenn er das Mittel nicht bekommt, stirbt er, mehr nicht.«
»Ich brauche etwas Zeit, um darüber nachzudenken«, sagte Wilson, der die Folgen noch nicht ganz überblickte.
Jasper schüttelte den Kopf. »Zeit ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können, Mr. Dowling.«
28.
Peking, China
Verbotene Stadt
Kaiserliche Gärten
25. September 1860
Ortszeit: 17.27 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 206
Nachdem sie über eine Stunde durch die Gärten spaziert waren, führte Cixi ihren Gast zum Palast der Gesammelten Eleganz zurück. Die Sonne ging bereits unter, und es war beträchtlich kälter geworden. Sie hatte vor, bei ihrer Ankunft Feuer zu machen, dem Mann eine Mahlzeit zu bereiten und ihn dann für ihre Zwecke gefügig zu machen.
Ihre Unterhaltung war von erotischen Gefühlen überlagert gewesen. Und je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, desto größer wurde ihr Bestreben, ihn zu beherrschen. Über den Schutz des Reiches hatten sie noch nicht gesprochen, und Cixi hatte große Charakterstärke bewiesen, indem sie weder Angst noch Unsicherheit zeigte. Beim Spazierengehen hatten sie nur über die verschlungenen Pinien geplaudert, die in ganz China als Hochzeitsbäume berühmt waren, und über die alten Zypressen, von denen es hieß, manche seien über tausend Jahre alt. Die Hochzeitsbäume waren erstaunlich: zwei hohe Pinien, eine mit heller, eine mit dunkler Rinde, die dank der tüchtigen Gärtner im Verlauf von hundert Jahren umeinandergewachsen waren.
Doch es waren die Zypressen gewesen, die Randalls Aufmerksamkeit fesselten. Um viele war er herumgegangen und hatte ihre knotigen Stämme befühlt, um dann aufmerksam zu den dichten grünen Kronen hinaufzublicken, die sich dunkel gegen den klaren Nachmittagshimmel abhoben.
»Im Schatten dieser Bäume wurde ich mit dem Sohn des Himmels vermählt«, erzählte sie, als wäre es eine glückliche Erinnerung. »Das war die größte Ehre, die mir in meinem Leben zuteil
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