Zeitriss: Thriller (German Edition)
wollen.«
Parkes überlegte einen Moment. »Ich war immer Ihr größter Unterstützer, Mr. Chen. Es gibt keinen Grund, das jetzt zu ändern.«
»Wenn Sie kooperieren, werden Sie und Lord Elgin als große Eroberer in die Geschichte eingehen. Sie werden den Vertrag von Tientsin durchsetzen, und das Empire wird weiterhin die bedeutendste Weltmacht sein.« Randall nahm den Federkiel und reichte ihn dem Konsul. »Wenn Sie nicht kooperieren, werde ich persönlich dafür sorgen, dass Sie und Ihre Truppen vom Erdboden weggefegt werden.«
Parkes hielt die Feder zwischen den Fingern, blickte Randall überrascht an und öffnete ein wenig die Lippen angesichts dieser schweren Drohung. »Wie schon gesagt, ich war immer Ihr größter Unterstützer.«
Randall schraubte den Deckel vom Tintenfass und legte ihn behutsam auf den Tisch. »Sie wissen, wozu ich fähig bin«, bemerkte er in einem Ton, als redete er über das Wetter. »Ich weiß immer, was passieren wird und warum. Nur damit das klar ist: Ich weiß, dass Sie und Lord Elgin mich vor Tientsin verhaften und foltern lassen wollten.«
»Das war nie unsere Absicht«, brummte Parkes. »Wir Briten betrügen unsere Freunde nicht.«
»Mein Herz schlägt höher bei diesen Worten, aber Sie und ich wissen es besser.« Dann zeigte er auf das Blatt Reispapier. »Informieren Sie Lord Elgin, dass er Peking unter keinen Umständen angreifen darf. Schreiben Sie, Sie würden gut behandelt und könnten mit den anderen Gefangenen zurückkehren, wenn ein Waffenstillstand vereinbart würde.«
»Was ist mit den Getöteten?«
»Sie werden nicht verschweigen, dass es Verluste gegeben hat, unglücklicherweise aufgrund der Härte der Gefangenschaft und der Dummheit der Wärter. Sie werden betonen, dass das nur wenige aus ihrer Gruppe betrifft, die allesamt als Helden anzusehen seien und den größten Preis gezahlt hätten.« Randall sah ihm in die Augen. »Wählen Sie Ihre Worte gut, Harry. Und natürlich werden Sie Lord Elgin auch unterrichten, dass ich jetzt im Dienst des Kaisers stehe. Machen Sie deutlich, dass der Vorteil, den er genossen hat, jetzt auf der Seite des Feindes liegt. Die Zukunft kann für ihn angenehm werden oder unangenehm – das liegt bei ihm.«
Parkes setzte sich, richtete das Blatt Papier aus und tauchte die Feder ein. »Sehr geehrter Lord Elgin«, schrieb er mit elegantem Schwung. »Die gute Nachricht lautet, dass ich am Leben bin und mich in Peking befinde.«
»Ach, Harry«, bemerkte Randall, als fiele es ihm gerade erst ein, »falls doch ein Geschoss die Stadtmauer trifft, ist Ihr Leben verwirkt. Machen Sie ihm das klar. Noch bevor der Staub sich gesenkt hat, wird man Ihnen die Kehle durchschneiden.«
35.
Kalifornien, Nordamerika
Enterprise Corporation
Vorstandsbüro
21. Juli 2084
Ortszeit: 14.55 Uhr
7 Tage vor dem Esra-Transport
Wilson fühlte sich beklommen, als der Aufzug nach oben fuhr. Diesmal kam er pünktlich zu der Besprechung mit Jasper, und trotzdem hatte er ein hohles Gefühl im Magen und weiche Knie. Angesichts der Umstände eine ziemliche Überreaktion, fand er, ahnte aber, dass die Symptome mit Minerva zu tun hatten. Er beschloss, seine Gefühle entschieden im Zaum zu halten.
Aus den Lautsprechern kam Tschaikowsky, die Nussknackersuite. Wilson musste grinsen. Wie passend, murmelte er.
Er richtete seine Gedanken auf Le Dans Rauswurf. Was ihn ratlos machte, war der Grund dafür. Ihm fiel einfach keiner ein. Die Entscheidung musste von höherer Stelle gekommen sein. Eine Beteiligung Davins konnte er ausschließen, blieben also nur Jasper und GM übrig. Doch warum das einer von ihnen getan haben sollte, war ihm schleierhaft. Sie hatten beide ein Interesse, Randall möglichst gut vorbereitet auf die Reise zu schicken. Vielleicht war doch jemand bei der Security übereifrig gewesen, und wenn das der Fall war, würde sich die Situation leicht beheben lassen.
Der Aufzug stoppte, und Wilson wappnete sich für die Begrüßung durch eine der Vorstandsschönheiten. Die Türen glitten auf, und seiner Erwartung wurde voll entsprochen – nur dass die Frau, die geduldig wartend mit den Händen auf dem Rücken auf dem Flur stand, Minerva Hathaway war.
»Willkommen auf der Vorstandsetage«, sagte sie höflich lächelnd. »Sie sind früh dran. Ich bin beeindruckt.«
»Sie hatten doch gesagt, Sie würden nicht da sein.«
»Sind Sie enttäuscht?«
»Immerhin habe ich der Besprechung nur deswegen zugestimmt. Sie werden also entschuldigen, dass ich ein wenig
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