Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
zu erklären. Schon vor Jahrzehnten ahnte man, wo der Schlüssel zu diesem Problem liegt, aber niemand hat ihn zu einer konkreten physikalischen Theorie ausgearbeitet. Es gibt sogar einen Satz im ursprünglichen Wheeler-Feynmann-Aufsatz: ›Erforderlich ist nur, dass die Beschreibung logisch konsistent sein sollte. Damit meinten sie, dass unser Gefühl für den Zeitablauf – der stets in eine Richtung geht – ein Vorurteil ist. Die Gleichungen der Physik teilen unser Vorurteil nicht – sie sind zeitsymmetrisch. Der einzige Maßstab, den wir an unser Experiment anlegen können, ist, ob es logisch widerspruchsfrei ist.«
»Aber es ist doch mit Sicherheit unlogisch, dass man am Leben ist, auch wenn man den eigenen Großvater abgemurkst hat. Ihn getötet hat, bevor er den Vater gezeugt hat, meine ich.«
»Das Problem ist, dass wir uns solche Dinge gewöhnlich vorstellen, als sei eine Art Schalter vorhanden, der nur zwei Stellungen hat. Ich meine, Ihr Großvater ist entweder tot oder nicht.«
»Nun, das stimmt allerdings.«
Markham schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Was ist, wenn er verletzt wird und sich wieder erholt? Wenn er dann rechtzeitig das Krankenhaus verlässt, kann er Ihrer Großmutter begegnen. Es hängt von Ihrem Ziel ab.«
»Ich verstehe nicht …«
»Denken Sie lieber an das Ausstrahlen von Botschaften als an Gewehrschüsse auf Großväter. Jeder nimmt an, der Empfänger – der in der Vergangenheit – kann mit einem Schalter versehen werden, wenn wir es einmal so ausdrücken. Wenn ein Signal aus der Zukunft eintrifft, ist der Schalter darauf programmiert, den Sender abzuschalten – bevor das Signal gesendet wurde. Das ist das Paradox!«
»Richtig.« Peterson beugte sich vor. Trotz seiner Zweifel war er gefesselt. Etwas an der Art, wie Wissenschaftler Probleme wie geordnete kleine Denkexperimente anpackten, gefiel ihm; sie machten die Welt überschaubar und eindeutig. Soziale Probleme waren stets unordentlicher und weniger befriedigend. Vielleicht wurden sie deshalb so selten gelöst.
»Nur gibt es keinen Schalter mit zwei Stellungen – ein und aus -, ohne etwas dazwischen.«
»Na, na. Und was ist mit dem Kippschalter, mit dem ich das Licht einschalte?«
»Okay, Sie kippen ihn. Eine Zeit lang steht er dazwischen, weder ›ein‹ noch ›aus‹.«
»Das kann sehr kurz sein.«
»Sicher, aber die Zeit ist nicht auf Null zu reduzieren. Und außerdem müssen Sie dem Schalter einen gewissen Impuls geben, damit er von ›aus‹ auf ›ein‹ springt. Es ist tatsächlich möglich, den Schalter so fest zu drücken, dass er auf halbem Weg stehen bleibt – versuchen Sie es! Das müssen Sie auch schon erlebt haben. Der Schalter bleibt in der Mitte stehen.«
»In Ordnung, zugegeben«, sagte Peterson ungeduldig. »Aber wo ist die Verbindung mit Tachyonen? Ich meine, was ist neu daran?«
»Neu daran ist, dass man sich diese Ereignisse – Senden und Empfangen – als in einer Kette, einer Schleife verbunden vorstellt. Angenommen, wir senden einen Befehl ›Sender ausschalten!‹ zurück. Stellen Sie sich vor, wie der Schalter auf ›aus‹ kippt. Dieses Ereignis ist wie eine Welle, die sich von der Vergangenheit in die Zukunft bewegt. Der Sender wechselt von ›ein‹ zu ›aus‹. Nun, die – nennen wir sie Informationswelle – bewegt sich in der Zeit vorwärts. Also wird das ursprüngliche Signal nicht gesendet.«
»Richtig. Paradox.«
Markham lächelte und hob den Finger. Ihm machte das Gespräch Spaß. »Moment mal! Stellen Sie sich vor, dass sich all die Zeiten in einer Art Schleife befinden. In dieser Schleife bedeuten Ursache und Wirkung nichts. Sie sind nur Ereignisse . Jetzt, da der Schalter sich auf ›aus‹ zubewegt, dringt die Information in die Zukunft vor. Stellen Sie sich vor, dass der Sender immer schwächer wird, während der Schalter sich auf die ›aus‹-Stellung zubewegt. Dann wird der Tachyonenstrahl, den der Sender ausschickt, schwächer.«
»Aha!« Plötzlich verstand Peterson den Kniff. »Folglich erhält der Empfänger ein schwächeres Signal aus der Zukunft. Der Schalter wird nicht so fest gedrückt, weil das rückwärts gerichtete Signal schwächer ist. Folglich bewegt er sich nicht so schnell auf ›aus‹ zu.«
»Das ist es. Je näher er der ›aus‹-Stellung kommt, desto langsamer bewegt er sich. Eine Informationswelle reist in die Zukunft, und der Tachyonenstrahl kommt wie eine Reflexion in die Vergangenheit zurück.«
»Und was passiert dann in dem
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