Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
sein.
Die letzten Wochen habe ich daran gearbeitet, Informationen über diese – oder aus diesen – Universen innerhalb unseres eigenen zu erhalten. Es ist klar, dass Licht nicht von einem Universum ins nächste gelangen kann; Materie ebenso wenig. Das bedeutet ja eine geschlossene Geometrie. Die einzige Möglichkeit könnte ein Teilchentyp sein, der nicht in die durch Einsteins Theorie gesetzten Grenzen passt. Dafür gibt es ein paar Kandidaten, aber Thorne (der ehrwürdige Häuptling hier) will sich nicht in diesen Sumpf begeben. Zu schmutzig, sagt er.
Ich glaube, Tachyonen sind die Antwort. Sie können aus kleinen »Universen« innerhalb unseres eigenen entweichen. Die kürzliche Entdeckung der Tachyonen hat für die Kosmologie folglich weit reichende Implikationen. Tachyonen sind schwer zu entdecken, deshalb wissen wir nicht viel über sie. Aber sie ermöglichen uns eine direkte Verbindung zu den isolierten Raumzeiten innerhalb unseres Universums, deshalb arbeite ich so intensiv an dem Problem. Darin steckt die Chance einer erstklassigen Entdeckung. Wir hatten eine schreckliche Zeit, der Streik der Arbeiter in der Lebensmittelindustrie und der Großbrand in LA. Beim derzeitigen Zustand der Welt wird wahrscheinlich keiner einen Pfifferling für unsere Arbeit geben. Aber so ist das akademische Leben nun mal.
Tut mir Leid, dass ich mich so ausführlich darüber ausgelassen habe; wahrscheinlich habe ich mich ohnehin unverständlich ausgedrückt, aber die ganze Sache ist furchtbar aufregend, und manchmal geht es eben mit mir durch. Jedenfalls, wegen Baja tut es mir Leid. Ich hoffe, euch beide bald wiederzusehen.
Alles Liebe
Cathy
Einen Moment verspürte Peterson ein leichtes Schuldgefühl, weil er einen Privatbrief las. Natürlich verwandte der Rat solche Methoden inzwischen routinemäßig, um störrische Gruppen, die die Notwendigkeit schnellen Handelns nicht akzeptiert hatten, zu umgehen. Aber er war immer noch ein Gentleman, und ein Gentleman liest fremde Post nicht. Sein Interesse an den Folgerungen aus dem Brief »Cathys« drängte seine Skrupel bald zurück. Sub-Universen? Unglaublich. Die Welt der Wissenschaftlerin war völlig unwirklich.
Peterson lehnte sich in seinem Sitz zurück und blickte auf kanadisches Ödland, das unter ihm dahinglitt. Ja, vielleicht war es das. Seit Jahrzehnten schon war das Bild der Welt, das die Wissenschaftler malten, fremd, entrückt und unglaubhaft geworden. Daher war es weitaus leichter, es zu ignorieren, anstatt zu versuchen, es zu verstehen. Es war alles zu kompliziert. Warum sich den Kopf zerbrechen? Schätzchen, mach die Glotze an! Prima.
12
3. Dezember 1962
C ooper hatte die rotkarierten Blätter in einer langen Reihe auf dem Labortisch ausgelegt. Er trat zurück, balancierte auf den Zehenspitzen wie ein Sprinter kurz vor dem Start und musterte sein Werk. Das leise Summen des Laboratoriums betonte noch die Erwartung, die in der Luft lag. »Das ist es«, sagte Cooper langsam, »jetzt sind sie in der richtigen Reihenfolge.«
»Sind das unsere besten Daten?«, fragte Gordon leise.
»Die besten, die ich jemals kriege«, sagte Cooper. Etwas in Gordons Stimme ließ ihn die Stirn runzeln. Die Hände in die Hüften gestemmt, drehte er sich um.
»Und sie sind alle geordnet. Drei Stunden Arbeit stecken darin.«
»Macht einen sehr guten und sauberen Eindruck«, meinte Gordon versöhnlich. »Spitze.«
»O ja«, stimmte Cooper zu. »Aber was bringt’s? Gäbe es eine klare Resonanz, würde ich sie sehen.«
Gordons Finger fuhr an den grünen Linien entlang. Es gab überhaupt keine Standardresonanzen. In ihrer Probe, in dem brodelnden Helium auf drei Grad überm absoluten Nullpunkt gekühlt, befanden sich Atomkerne. Jeder war ein winziger Magnet. Tendenziell richteten sie sich an dem Magnetfeld aus, das Cooper errichtet hatte. Das Standardexperiment war denkbar einfach: Ein kurzer elektromagnetischer Impuls stieß die Kernmagneten von dem Magnetfeld fort. Mit der Zeit würden die Kerne sich wieder um das Feld sammeln. Dieser nukleare Entspannungsprozess konnte dem Wissenschaftler viel über die Umgebung innerhalb des Körpers mitteilen. Es war eine relativ simple Methode, etwas über die mikroskopischen Merkmale der komplexen Festkörperstruktur zu erfahren. Gordon mochte diese Arbeit wegen ihrer Eindeutigkeit und Direktheit, ganz unabhängig davon, welchen Nutzen für die Verwendung von Transistoren oder Infrarotdetektoren sie haben mochte. Dieser Zweig der
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