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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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aber akzeptabel, ein merkwürdiger Effekt, der schon bald seine Erklärung finden würde. Gordon wusste nicht, ob es sich um eine Pose oder um echte Gelassenheit handelte; so oder so war es beunruhigend. Gordon war einen intensiveren Arbeitsstil gewohnt. Er beneidete die Physiker, die die großen Entdeckungen gemacht hatten, als die Quantenmechanik sich entfaltete, als der erste Atomkern gespalten wurde. Manchmal erzählten die älteren Mitglieder der Fakultät, Eckart und Liebermann, aus dieser Zeit. Vor den 40er-Jahren war ein Doktortitel in Physik eine solide Basis für eine Karriere als Elektroingenieur, Punkt. Die Bombe hatte das alles geändert. In der Lawine wachsender Waffensysteme, neuer Studienbereiche, steigender Etats und erweiterter Horizonte entdeckte plötzlich jedermann ein nationales Verlangen nach Physikern. In den Jahren nach Hiroshima verwandte jeder Zeitungsartikel, der sich auf einen Physiker bezog, unweigerlich die Formulierung vom »brillanten Kernphysiker«, als könnte es gar keinen anderen geben. Die Physik machte sich überall breit. Trotzdem wurden die Physiker immer noch relativ karg bezahlt; Gordon erinnerte sich an einen Gastdozenten in Columbia, der sich Geld lieh, um das »Chinesische Lunch« am Freitag, das Lee und Yang ins Leben gerufen hatten, besuchen zu können. Diese Essen fanden in einem der vorzüglichen chinesischen Restaurants am Rande des Campus statt, und oft geschah es, dass neue Ergebnisse dort erstmals diskutiert wurden. Wenn man am Ball bleiben wollte, musste man einfach dabei sein. Diese Zeiten schienen für Gordon jetzt in weite Ferne gerückt, aber im Denken der älteren Physiker mussten sie eine große Bedeutung annehmen, wie er sich klar machte. Einige, wie Lakin, zeigten ein Verhalten nervöser Erwartung, als würde die Blase jeden Moment platzen. Die benommene Öffentlichkeit mit ihrer nur kurzen Aufmerksamkeitsspanne war von der Fülle der Straßenkreuzer und Häuser im Ranch-Stil verwirrt und vergaß die Wissenschaft völlig. Die schlichte Gleichung – Naturwissenschaft gleich Ingenieurkunst gleich Verbraucherschnickschnack – verlor allmählich ihre Gültigkeit. Die Physik hatte mehr Zeit als die Chemie im unteren Teil der Sinuskurve verbracht – für die Chemiker war der Erste Weltkrieg die Blütezeit gewesen – und genoss jetzt den steilen Anstieg. Aber die Kurve musste abflachen und sich wieder nach unten neigen.
    Diese Gedanken gingen Gordon durch den Kopf, während er die Außentreppe zu Lakins Büro hochstieg. Die Laboraufzeichnungen waren sorgfältig geordnet, die Entschlüsselung der Botschaft hatte er mehrfach überprüft. Trotzdem war er nahe daran, sich umzudrehen und auf den Besuch bei Lakin ganz zu verzichten.
    Er hatte erst ein paar Sätze vorgetragen, als Lakin ihn unterbrach. »Wirklich, Gordon, ich war mir sicher, Sie hätten den Schaden inzwischen behoben.«
    »Isaac, das hier sind Tatsachen.«
    »Nein!« Der sportlich gebaute Mann stand auf und begann hin und her zu gehen. »Ich habe mir die Details Ihres Experiments angeschaut. Ich habe Ihre Notizen gelesen – Cooper hat mir gezeigt, wo sie sind.«
    Gordons Miene verfinsterte sich. »Warum haben Sie mich nicht selbst gefragt?«
    »Sie waren im Hörsaal. Und – offen gesagt – ich wollte Coopers eigene Eintragungen, in seiner eigenen Handschrift sehen.«
    »Wieso?«
    »Sie geben zu, nicht alle Daten selbst aufgenommen zu haben.«
    »Natürlich habe ich das nicht. Er muss etwas für seine Dissertation tun.«
    »Und er liegt im Zeitplan zurück, ja. Deutlich zurück.«
    Lakin blieb plötzlich stehen und machte eine seiner charakteristischen Bewegungen, indem er den Kopf ein wenig senkte und die Augenbrauen hob, als er Gordon anblickte; dadurch erweckte er den Eindruck, über den Rand einer nichtexistenten Brille zu schauen. Gordon nahm an, dieser Blick sollte etwas Unbeweisbares, aber Offensichtliches übermitteln – ein unausgesprochenes Einverständnis unter Kollegen.
    »Ich glaube nicht, dass er die Daten fälscht, falls Sie darauf hinauswollen«, sagte er gemessen. Mühsam hielt er seine Stimme im Zaum.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Die Daten, die ich aufgenommen habe, fügen sich in die Syntax der übrigen Botschaft ein.«
    »Das könnte ein willkürlicher Effekt sein – etwas, das Cooper eingefädelt hat.« Die Hände auf dem Rücken verschränkt, wandte Lakin sich zum Fenster. Seine Stimme ließ jetzt ein unmerkliches Zögern erkennen.
    »Ich bitte Sie,

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