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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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verliert die Familie ihren besonderen Status und geht in einem größeren Be-ziehungssystem auf. Die Seßhaftigkeit unserer jungen Leute, einschließlich der Frauen, nimmt stark ab.«
    Ich mußte an Captain Hilary Bond denken. »Aber wodurch wird die Familie ersetzt?«
    »Nun, die Perspektive ist noch nicht klar, aber die Jungen reden von einer Re-strukturierung der Gesellschaft um verschiedene Kerngruppen: Lehrer, Schriftsteller, Redner, die uns zu einer neuen Art des Denkens führen – und uns von diesem Tribalismus in eine bessere Zukunft geleiten.«
    »In der Tat ein ›Hochland‹.« Ich bezweifelte, daß das meiste – oder überhaupt etwas! – von dieser Philosophie von Wallis selbst stammte; er war lediglich ein Spiegel seiner Zeit, die von den großmäuligen Meinungsmachern in Regierung und Gesellschaft geprägt wurde. »Und wie stehen Sie zu all dem?«
    »Ich?« Er lachte verächtlich. »Oh, ich bin zu alt für solche Veränderungen – und außerdem«, seine Stimme schwankte, »würde ich es hassen, meine Töchter zu verlieren... Aber andererseits will ich sie auch nicht in einer Welt wie...« – er deutete auf die Kuppel, den toten Park und die Soldaten – »...wie dieser aufwachsen sehen!
    Und wenn das bedeutet, daß sich die Herzen der Menschen ändern, dann soll es eben so sein.
    Sehen Sie jetzt, weshalb wir Ihre Kooperation benötigen?« fragte er mich. »Mit einer solchen Waffe wie dem ZVF – einer Zeitmaschine – rückt die Errichtung
    dieses Modernen Staates in greifbare Nähe. Und wenn wir es nicht schaffen...«
    »Ja?«
    Er hielt an; wir näherten uns jetzt der südlichen Begrenzung des Parks, und es waren nur wenige Leute zu sehen. »Uns liegen Gerüchte vor, wonach die Deutschen eine eigene Zeitmaschine bauen«, sagte er leise. »Und wenn sie vor uns damit fertigwerden – wenn das Reich in den Besitz einsatzfähiger Zeitverschiebungs-Kampfmittel gelangt...«
    »Ja?«
    Und dann skizzierte er für mich einen kurzen, aber furchteinflößenden Abriß des bevorstehenden Zeitkrieges, der offensichtlich jahrelanger propagandistischer In-doktrination entsprang. Die fischäugigen Stabsoffiziere des alten Kaisers überleg-ten, wie sie ihre halb gedopten, irren Kerls in unsere glorreiche Geschichte ver-pflanzen konnten – ihre Zeitsoldaten. Wallis' Schilderungen zufolge mußte es sich bei diesen Soldaten um Bomben auf zwei Beinen handeln; sie würden wie todbrin-gende Puppen auf hunderten unserer alten Schlachtfelder auftauchen...
    »Sie würden England zerstören – es quasi im Kindbett erdrosseln. Und das müssen wir verhindern«, sagte er entschlossen. »Sie begreifen das doch, nicht wahr?
    Sie verstehen es?«
    Ich blickte in sein eingefallenes, ernstes Gesicht und konnte nicht antworten.
    Wallis begleitete mich zu dem Haus in Queen's Garden Terrace zurück. »Ich
    möchte Sie nicht zu der Entscheidung drängen, mit mir zusammenzuarbeiten, alter Mann – ich weiß, wie schwierig das alles für Sie sein muß; schließlich ist es nicht Ihr Krieg – wir haben jedoch nicht viel Zeit. Aber andererseits, was bedeutet unter diesen Umständen schon ›Zeit‹, nicht wahr?«
    Ich schloß mich wieder meinen Kameraden im Raucherzimmer an. Ich ließ mir
    von Filby einen mit Wasser verdünnten Whisky geben und setzte mich in einen
    Sessel. »Es ist alles so eng dort draußen«, stellte ich fest. »Wie in Burma! – diese verdammte Kuppel. Und ist es nicht komisch? Pechschwarz draußen, und wir haben erst Mittag.«
    Moses blickte von dem Folianten auf, in dem er gerade las.
    »Erfahrung bemißt sich nach ihrer Intensität und nicht nach ihrer Zeitdauer‹«, zitierte er. Er grinste mich an. »Wäre das nicht eine perfekte Inschrift für den Grab-stein eines Zeitreisenden? Intensität – das ist es, was zählt.«
    »Wer ist der Autor?«
    »Thomas Hardy. Könnte fast dein Zeitgenosse gewesen sein, stimmt's?«
    »Ich habe nichts von ihm gelesen.«
    Moses überflog das Vorwort. »Nun, er ist auch schon gestorben... 1928.« Er
    schloß das Buch. »Was hast du von Wallis erfahren?«
    Ich gab ihnen eine Zusammenfassung der Gespräche. »Ich war froh, als ich ihn endlich vom Hals hatte«, meinte ich dann. »Was für ein Gewirr aus Propaganda und halbgarer Politik... ganz zu schweigen von dem hochgestochenen Geschwätz über Kausalität und all das.«
    Wallis' Ausführungen hatten meine depressive Grundstimmung, in der ich mich
    schon seit meinem Eintreffen im Jahre 1938 befand, noch verstärkt. Ich hatte den

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