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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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immer weiter auf den Wald zu.
    Und dann hatte ich ihn! – mein rechter Arm tauchte mit dem Schraubenschlüssel aus dem Kompost auf.
    Mit Gebrüll hob ich den Schlüssel auf Schulterhöhe und stürzte durch den
    Mulch. Die perlenartigen Augen des Diatryma beobachteten meine Annäherung –
    er verlangsamte sein Kopfschütteln – aber er lockerte nicht den Griff um Nebogipfels Bein. Er hatte natürlich noch nie einen Menschen gesehen; ich bezweifelte, daß er mich für eine Bedrohung hielt. Ich behielt meinen Kurs bei und versuchte, die unheimliche, schuppige Haut um die Klauen der Füße zu ignorieren, den riesigen Schnabel und den Gestank nach verwesendem Fleisch, der das Vieh umgab.
    Ich knallte meinen improvisierten Knüppel wie einen Kricketschläger auf den
    Kopf des Diatrymas. Der Schlag wurde zwar durch Federn und Fleisch gedämpft, aber trotzdem spürte ich den befriedigenden Aufprall auf Knochen.
    Der Vogel öffnete den Schnabel, ließ den Morlock fallen und kreischte; es war ein Geräusch wie das Zerreißen von Blech. Jetzt hing dieser große Schnabel über mir, und mein Instinkt befahl mir abzuhauen – aber ich wußte, daß wir beide erledigt waren, wenn ich das tat. Von neuem schwang ich den Schraubenschlüssel über dem Kopf und holte damit gegen den Schädel des Diatrymas aus. Diesmal duckte sich die Kreatur, und der Schlag streifte sie nur; nachdem ich durchgezogen hatte, hob ich den Schlüssel erneut und schlug ihn gegen die Unterseite des Schnabels.
    Es ertönte ein splitterndes Geräusch, und der Kopf des Diatrymas wurde zurück-gerissen. Das Biest taumelte und starrte mich dann mit berechnenden Augen an. Es stieß einen derart tiefen Schrei aus, daß er schon fast ein Knurren war.
    Dann – unvermittelt – bauschte es sein schwarzes Federkleid, drehte sich um und hoppelte in den Wald zurück.
    Ich steckte den Schraubenschlüssel in den Gürtel und kniete mich neben den
    Morlock. Er war bewußtlos. Sein Bein war eine zerschmetterte, blutige Masse und das Rückenhaar von dem rinnenden Geifer des Monstervogels durchnäßt.
    »Nun, mein Zeitreise-Gefährte«, flüsterte ich, »manchmal gibt es vielleicht doch Gelegenheiten, bei denen es ganz hilfreich ist, einen Wilden zur Hand zu haben!«
    Ich fand seine Brille in dem Mulch, wischte die Blätter an seiner Schläfe ab und setzte sie ihm auf.
    Ich äugte in die Finsternis des Waldes und fragte mich, was noch alles drohen mochte. Ich war wohl durch die Zeit und auch durch den Raum zu der großen
    Sphäre der Morlocks gereist, aber in meiner eigenen Zeit hatte ich noch nie ein tropisches Land besucht. Ich hatte nur verschwommene Erinnerungen an Reisebe-richte und andere verfügbare Quellen, die mich jetzt in meinem Überlebenskampf leiten konnten.
    Doch wenigstens, so tröstete ich mich, würden die vor mir liegenden Herausforderungen einfach sein! Ich wäre weder dazu gezwungen, mich meinem jüngeren Ich zu stellen – noch müßte ich mich nach der Zerstörung des Zeit-Fahrzeuges mit den moralischen und philosophischen Problemen Multipler Historien befassen.
    Vielmehr mußte ich nur Nahrung suchen, einen Schutz vor dem Regen errichten
    und uns gegen die wilden Tiere und Vögel dieser tiefen Vergangenheit verteidigen.
    Ich beschloß, daß meine erste Mission die Suche nach Trinkwasser sein mußte; mein Durst war so brennend, daß ich sogar die Bedürfnisse des Morlocks vernachlässigte, denn ich hatte seit der Beschießung von London nichts mehr zu mir genommen.
    Ich bettete den Morlock dicht am Baumstamm inmitten der Trümmer des Zeitfahrzeugs. Ich hielt diesen Platz für so sicher wie jeden anderen vor den Raubzü-
    gen der Monster dieses Zeitalters. Ich zog mein Jackett aus und legte es unter seinen Rücken, um die Feuchtigkeit des Mulchs abzuhalten – und auch alles Lebendige, das hier drinnen krabbeln, zwicken und nagen mochte! Dann, nach einigem
    Zögern, nahm ich den Schraubenschlüssel vom Gürtel und legte ihn auf den Morlock, so daß seine Finger um den schweren Griff der Waffe lagen.
    Weil ich Bedenken hatte, selbst unbewaffnet zu gehen, stöberte ich in den
    Trümmern des Fahrzeuges herum, bis ich ein kurzes, stabiles Eisenrohr fand, das ich solange hin und her bog, bis es vom Rahmen abbrach. Ich wog es in der Hand.
    Es hatte zwar nicht die vertrauenerweckende Masse meines Schlüssels, war aber immer noch besser als gar nichts.
    Ich beschloß, dem Rauschen des Wassers zu folgen; es schien aus der der Sonne entgegengesetzten Richtung zu

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