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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hoch. Unser irrsinni—
    ger, rückwärts laufender Zeitrafferfilm war mit einem Ruck angehalten worden.
    In der Nähe hörte ich Nebogipfels flachen Atem, konnte ihn aber nicht sehen.
    Die Hitze war drückend, die Luft feucht und schwer für meine angeschlagene Lunge zu atmen, und die Welt um mich herum war mit dem Krächzen, Trillern und
    Zirpen des Urwaldes angefüllt, das ein tiefes, volles Rauschen überlagerte, bei dem ich an ein großes Gewässer in der Nähe dachte: entweder einen Fluß – eine urzeitliche Version der Themse – oder ein Meer.
    Ich fühlte mich eher wie in den Tropen als in England!
    Nun, wie ich so dalag und beobachtete, kam ein Tier an einem Stamm zu uns
    heruntergeklettert. Es sah aus wie ein Eichhörnchen, ungefähr zehn Zoll lang, aber sein Fell war weit und locker und hing wie ein Mantel um seinen Körper. Es hatte eine Frucht in seinen kleinen Pfoten. Neun Fuß über dem Boden erspähte uns dieses Wesen; es neigte seinen spitzen Kopf, öffnete das Maul – wobei es seine Frucht fallen ließ – und zischte. Ich sah, daß seine Schneidezähne an den Spitzen in fünf-zackigen Kämmen ausliefen.
    Dann sprang es kopfüber von dem Baumstamm. Es breitete seine Arme und Beine weit aus, und mit einem schnappenden Geräusch öffnete sich sein Fellmantel und verwandelte das Tier in eine Art pelzbesetzten Drachen. Es segelte in den Schatten und verschwand aus meinem Blickfeld.
    »Welch eine Begrüßung«, keuchte ich. »Es war wie ein fliegender Lemure. Aber hast du seine Zähne gesehen?«
    Nebogipfel – noch immer außerhalb meines Blickfelds – antwortete: »Es war ein Planetatherium. Und der Baum ist ein Dipterocarps – er unterscheidet sich kaum von den Arten, die in den Wäldern deiner Zeit vorkommen.«
    Ich grub die Hände in den Mulch unter mir – er war ziemlich modrig und
    schlüpfrig – und drehte mich so herum, daß ich ihn sehen konnte. »Nebogipfel, bist du verletzt?«
    Der Morlock lag auf der Seite und hatte den Kopf so verdreht, daß er den Himmel anschauen konnte. »Ich bin nicht verletzt«, flüsterte er. »Ich schlage vor, daß wir mit der Suche nach...«
    Aber ich hörte nicht mehr hin; denn ich hatte – direkt hinter ihm – einen pferde-kopfgroßen Schädel mit einem Schnabel gesehen, der durch das Laub brach und
    Kurs auf den fragilen Körper des Morlocks nahm!
    Für einen Augenblick war ich vor Schreck wie gelähmt. Dieser gekrümmte Schnabel öffnete sich mit einem schmatzenden Plop, und scheibenförmige Augen fixierten mich mit allen Anzeichen von Intelligenz.
    Dann senkte sich der Kopf mit einem schnellen Schwung und klammerte den
    Schnabel um ein Bein des Morlocks. Nebogipfel schrie auf, wobei seine kleinen Finger über die Erde kratzten und Laubreste sich in seinem Haarpelz verfingen.
    Ich taumelte so schnell zurück, daß die Blätter aufspritzten, und wurde schließ-
    lich von einem Baumstamm aufgehalten.
    Nun brach der Körper der Bestie unter dem Knacken brechender Äste durch das
    Grünzeug und erschien in meinem Blickfeld. Es war etwa sieben Fuß groß und mit schwarzen, schuppigen Federn bedeckt; es hatte kräftige, mit lockerem gelben Fleisch bedeckte Beine und starke, zu Klauen geformte Füße. Stummelflügel, die an diesem großen Torso unterproportional klein wirkten, schlugen die Luft. Dieser Monstervogel riß den Kopf zurück, und der arme Morlock wurde über den kom-postartigen Untergrund geschleift.
    »Nebogipfel!«
    »Es ist ein Diatryma«, keuchte er. »Ein Diatryma gigantica, ich... oh!«
    »Kümmere dich nicht um seine Phylogenese«, schrie ich, »sondern hau ab!«
    »Ich habe Angst... ich kann nicht... oh!« Erneut löste sich seine Rede in diesem unartikulierten, gepeinigten Jaulen auf. Die Kreatur schüttelte den Kopf ruckartig hin und her. Ich erkannte, daß sie den Kopf des Morlocks gegen einen Baumstamm schleudern wollte – ohne Zweifel, um sich hinterher an seinem blassen Fleisch zu delektieren!
    Ich brauchte eine Waffe, und dabei kam mir nur Moses' Schraubenschlüssel in
    den Sinn. Ich kam auf die Füße und durchsuchte die Trümmer unseres Zeit-Fahrzeuges. Ein Gewirr aus Verstrebungen, Brettern und Drähten bedeckte den
    Boden, und der Stahl und das polierte Holz von 1938 wirkten eindeutig deplaziert in diesem Urwald. Ich konnte den Schraubenschlüssel nicht finden! Ich grub die Arme bis zu den Ellenbogen in den vermodernden Untergrund. Die Suche dauerte lange, quälende Sekunden; und währenddessen schleppte der Diatryma seine Beute

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