Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
ihrem Gegner die schlimmste Reaktion provoziert. Und so schlittern beide Seiten in die für uns alle schlimmste Situation.«
    »Das mag so sein«, gab Bond zu. »Aber die Deutschen im Besitz der Zeittech—
    nologie wären eine Katastrophe für die Sache der Alliierten. Diese Expedition hat den Auftrag, deutsche Zeitreisende aufzuspüren und zu verhindern, daß die Deutschen die Geschichte beschädigen.«
    Ich warf die Hände in die Luft, und PaläozänWasser floß um meine Knöchel.
    »Aber – verdammt, Hauptmann Bond – es sind fünfzig Millionen Jahre bis zur
    Geburt Christi! Welche Bedeutung könnte denn dieser Eintagsfliegen-Krieg zwischen England und Deutschland – in einer derart entfernten Zukunft – hier haben?«
    »Wir können nicht nachgeben«, beharrte sie mit grimmiger Erschöpfung. »Begreifen Sie das denn nicht? Wir müssen die Deutschen jagen, bis zum Ursprung der Schöpfung – wenn nötig.«
    »Und wo wird dieser Krieg enden? Wollt ihr die ganze Ewigkeit aufzehren, bevor ihr endlich Ruhe gebt? Seht ihr nicht, daß das...« – ich machte eine ausladende Geste, um diese fürchterliche Zukunft aus zerstörten Städten und in unterirdischen Bunkern zusammengepferchten Menschen zu verdeutlichen – »daß das alles – einfach unmöglich ist? Oder wollt ihr weitermachen, bis noch zwei Menschen übrig sind – nur noch zwei – und der letzte sich seinem Nachbarn zuwendet und ihm mit einem Ziegelstein das Gehirn aus dem Schädel klopft? Oder was?«
    Bond wandte sich ab – das vom Meer reflektierte Licht konturierte schonungslos die Falten ihres Gesichts – und sie sagte nichts.
    Diese Phase der Ruhe, nach unserer ersten Begegnung mit Gibson, dauerte fünf Tage.

Die Erscheinung
    Es war der Mittag eines wolkenlosen, strahlenden Tages, und ich hatte den Morgen damit verbracht, meine amateurhaften medizinischen Talente in den Dienst des Gurkha-Doktors zu stellen. Mit einiger Erleichterung akzeptierte ich Hilarys Einladung, sie auf einem weiteren Spaziergang zum Strand zu begleiten.
    Mühelos durchquerten wir den Urwald – die Soldaten hatten in der Zwischenzeit ordentliche Pfade angelegt, die strahlenförmig vom Hauptlager wegführten – und als wir den Strand erreichten, entledigte ich mich meiner Stiefel und Socken, deponierte sie am Waldsaum und lief zum Wasser hinunter. Hilary Bond zog ihr
    Schuhwerk ebenfalls aus und stapelte es zusammen mit ihrer Pistole auf dem Sand.
    Sie rollte die Hosenbeine hoch – ich sah die Verunstaltung ihres linken Beins, dessen Haut durch eine alte Brandverletzung zusammengeschrumpft war – und watete hinter mir in die schaumige Brandung.
    Ich zog das Hemd aus (in diesem Waldlager achteten weder Männer noch Frauen
    groß auf die Etikette) und tauchte Kopf und Oberkörper in das klare Wasser, wobei ich nicht darauf achtete, daß die Hosenbeine durchnäßt wurden. Ich atmete tief ein und ließ das alles auf mich einwirken: die Hitze der auf meinem Gesicht prickeln-den Sonne, das Glitzern des Wassers, der weiche Sand zwischen den Zehen und
    der scharfe Geruch nach Salz und Ozon.
    »Ich sehe, daß es Ihnen hier gefällt«, stellte Hilary mit einem toleranten Lächeln fest.
    »Ja, es gefällt mir hier.« Ich erzählte ihr davon, wie ich dem Doktor assistiert hatte. »Sie wissen, daß ich bereit bin – sogar mehr als das – zu helfen. Aber um zehn Uhr war mein Kopf schon so schwer von dem Gestank nach Chloroform,
    Äther und diversen antiseptischen Flüssigkeiten – und von rustikaleren Gerüchen!
    – daß...«
    Sie hielt die Hände hoch. »Ich verstehe.«
    Wir gingen zurück an Land, und ich trocknete mich mit meinem Hemd ab. Hilary nahm wieder ihre Waffe an sich, aber wir ließen unsere Stiefel am Strand und gingen an der Wasserlinie entlang. Nach ein paar dutzend Yards machte ich die niedrigen Vertiefungen aus, die auf die Existenz von corbicula hindeuteten – diese Bohrmuscheln, die den Strand in ungeheuren Mengen bevölkerten. Wir hockten
    uns in den Sand, und ich zeigte ihr, wie man die kompakten kleinen Lebewesen ausgrub. Nach wenigen Minuten hatten wir einen ordentlichen Hügel aufgeschüttet, und ein Haufen Muscheln trocknete in der Sonne.
    Als sie die Muscheln mit der Faszination eines Kindes ausgrub, strahlte Hilary, deren kurzes Haar durch das Wasser am Kopf klebte, über das ganze Gesicht vor Freude über ihre banale Leistung. Wir waren allein am Strand – überhaupt hätten wir die einzigen Menschen in dieser ganzen Welt des Paläozäns sein können

Weitere Kostenlose Bücher