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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Literatur« erwiderte Moses,
    »noch dazu von der moralisierenden, inspirierenden Sorte, die ich nie sonderlich gemocht habe – wie du weißt! – und ich habe jetzt genug von der Flut von Trivia-litäten, die in der Verkleidung von Nachrichten daherkommt. Mich interessieren die Großen Fragen des Tages – Wo stehen wir? Wie sind wir hierhergelangt? Wohin gehen wir? – und statt dessen wird man mit einer Menge Unsinn überschüttet über Zugverspätungen, Rationierungsengpässe und mit unverständlichen Details entfernter militärischer Operationen, wobei das allgemeine Hintergrundwissen schon vorausgesetzt wird.«
    Ich tätschelte seinen Arm. »Was erwartest du denn? Schau mal: wir tauchen in die Geschichte ein, wie Zeittouristen. Die Leute sehen in der Regel nun mal zuerst auf die Oberfläche der Dinge – und das zu Recht! Wie oft bist du denn in deiner eigenen Zeit in den Tageszeitungen auf tiefschürfende Analysen zum Lauf der Geschichte gestoßen? Inwieweit hatte denn deine Konversation Erklärungen zur Le-bensphilosophie des Jahres 1873 zum Inhalt?«
    »Ich verstehe«, sagte er. Er zeigte wenig Interesse an der Unterhaltung und
    schien kaum bereit, der Welt um sich herum viel Beachtung zu schenken. »Hör
    mal«, sagte er statt dessen, »ich muß dir erzählen, was dein Morlockfreund zu dieser neuen Theorie gesagt hat.« Seine Augen waren nun klarer, die Stimme volltö-
    nend, und ich erkannte, daß ihm dieses Thema weitaus mehr zusagte – es war eine Flucht, so vermutete ich, aus unserer komplexen Situation in die klaren Mysterien der Wissenschaft.
    Ich beschloß, ihm entgegenzukommen; in den nächsten Tagen würde er noch genügend Zeit haben, sich mit seiner Lage auseinanderzusetzen. »Ich bin der Ansicht, daß sich dies in einem gewissen Maße auf unsere gegenwärtige Problematik aus-wirkt.«
    »Ja, das ist der Fall«, bestätigte Nebogipfel. Er fuhr mit seinen knubbeligen Fingern über die Schläfen, in einer Geste offensichtlicher, und sehr menschlicher, Müdigkeit. »Die Quantenmechanik ist der Rahmen, in dem ich das Verständnis der Multiplizität der Historien suchen muß, die wir gerade erleben.«
    »Das ist eine bemerkenswerte theoretische Entwicklung«, sagte Moses enthusiastisch. »Das war zu meiner Zeit völlig unvorhersehbar – ja unvorstellbar! Es ist wirklich erstaunlich, daß sich die Dinge mit einer solchen Geschwindigkeit ändern können.«
    Ich legte Nebogipfels Zettel hin. »Erzähl's mir«, verlangte ich.
    Die Viele-Welten-Interpretation
    Nebogipfel setzte zum Sprechen an, doch Moses erhob die Hand. »Nein – laß
    mich; ich will sehen, ob ich es verstanden habe. Also: Ihr behauptet, daß die Welt aus Atomen aufgebaut sei, richtig? Ihr kennt jedoch nicht die Zusammensetzung dieser Bausteine, denn sie sind so winzig, daß man sie nicht sehen kann, aber das ist dann auch schon alles: eine Menge kleiner fester Partikel, die wie Billardkugeln umherflitzen.«
    Ich runzelte die Stirn angesichts dieser Trivialisierung. »Du solltest nicht vergessen, mit wem du sprichst.«
    »Oh, laß mich das auf meine Art machen, Mann! Hört mir jetzt gut zu: Ich muß euch nämlich sagen, daß diese Sicht der Dinge falsch ist, in jeder Hinsicht.«
    Ich runzelte erneut die Stirn. »Wie das?«
    »Zunächst einmal könnt ihr euer Partikel vergessen – es gibt nämlich nichts Derartiges. Man weiß heute, daß – trotz Newtons Lehrsätzen – nicht mit hinreichender Genauigkeit gleichzeitig die Position eines Partikels und seine Bewegungsrichtung bestimmt werden können.«
    »Aber wenn man ein ausreichend empfindliches Mikroskop hätte, dessen Vergrößerung man frei wählen könnte...«
    »Vergiß es!« riet er mir. »Die Messungen unterliegen einer fundamentalen Beschränkung – die als Unschärferelation bezeichnet wird und solchen Übungen eine untere Grenze setzt.
    Wir müssen uns nämlich ein für allemal von der Vorstellung der Determiniertheit der Welt verabschieden. Wir müssen in den Kategorien der Wahrscheinlichkeit denken – die Chance, an dem und dem Ort auf ein physikalisches Objekt mit der und der Geschwindigkeit zu stoßen – etcetera. Die Dinge sind mit einer Unsicherheit behaftet, die...«
    »Moment mal – angenommen, ich führe ein einfaches Experiment durch. Ich will zum Beispiel zu einer bestimmten Zeit die Position eines Teilchens ermitteln – mit einem Mikroskop, dessen Vergrößerung ich nach Belieben einstellen kann. Ich
    hoffe, daß du mir jetzt nicht die Plausibilität eines

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