Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Kabinen zu schauen, die anscheinend leer sind. Ich trete die erste auf. Die Metalltür schlägt mit einem Krachen gegen die Trennwand zur nächsten Kabine. Niemand ist drin. Ich gehe zur zweiten, doch bevor ich sie eintreten kann …
»Ich bin hier«, sagt James.
Die Tür zur letzten Kabine öffnet sich, und ich sehe James, der mit gekreuzten Beinen auf der Toilette sitzt.
»Ich wusste, dass du mich finden würdest«, sagt er. »Ich muss mit dir reden.«
D REIUNDDREISSIG
Em
»Bitte erschieß mich nicht«, sagt er und sieht dabei klein und jung aus. »Ich habe so viele Fragen, und ich brauche Antworten.«
Tu’s einfach , denke ich, aber stattdessen senke ich die Waffe ein paar Zentimeter. »Du hast auf mich gewartet? Obwohl du weißt, dass ich dich umbringen will?«
Er nickt. »Ich weiß, dass es verrückt ist, aber … Richter hat mich hergebracht, um mir ein Foto von Nates Mörder zu zeigen, wie er das Mandarin verlässt. Marina und Finn trauen ihm nicht, deshalb sind sie gegangen, aber er hat mir das Bild gezeigt.«
»Ach ja? Und wer war es?« Ich weiß nicht, wie Richter es geschafft hat, schon so früh dieses abgekarterte Spiel zu inszenieren, aber das Foto kann nicht Nates tatsächlichen Mörder zeigen.
Ich ahne, dass diese Gedanken nur eine Verzögerungstaktik sind.
James runzelt die Stirn. »Das weißt du nicht? Ein Secret-Service-Agent namens George Mischler.«
»Ach, richtig.«
»Etwas an seinem Gesicht … vielleicht ist es ja nur, weil er meinen Bruder umgebracht hat, aber etwas stimmte nicht mit ihm.« Ich schätze, das hat mit der etwas überstürzten Photoshopbearbeitung zu tun. In meiner Erinnerung wird Mischler erst einige Monate später verhaftet. Etwas muss geschehen sein, das Richter dazu bewogen hat, den Terminplan vorzuverlegen. »Ich hatte das Gefühl, dass die Wände auf mich zukommen. Ich habe darum gebeten, die Überwachungsbilder von den Leuten zu sehen, die am Krankenhaus auf mich geschossen haben, aber Richter sagte Nein. Er hat mir irgendeine Ausrede aufgetischt, dass das nicht in seine Zuständigkeit fallen würde, und da ist so was wie ein Alarm in meinem Kopf losgegangen. Warum wollte er sie mir nicht zeigen? Er muss sie selbst gesehen haben und wissen, dass sie dich und Finn zeigen und keine Gangmitglieder, wie er behauptet hat. Er weiß, dass ihr meine Freunde seid, also warum hätte er Marina und Finn nicht festnehmen oder mit mir wenigstens darüber reden sollen?«
Ich sage nichts. Dafür gibt es nur eine Erklärung.
»Es sei denn«, sagt James, »er weiß, dass es in Wirklichkeit du warst und nicht sie. Und wenn er das weiß, was weiß er dann noch?«
James steht auf, und ich hebe die Waffe wieder, aber er kommt nicht näher.
»Ich war so durcheinander. Ich bin hierhergelaufen, weil ich dachte, dass ich kotzen muss, und dann konnte ich einfach nicht mehr zurückgehen«, sagt er. »Ich konnte nur an dich denken und daran, was du mir erzählt hast. Ich muss alles wissen, Marina.«
Ich fahre zusammen. »Nenn mich nicht so. Ich heiße jetzt nur noch Em.«
Erkenntnis zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. »So, wie Finn dich nennt? M?«
Ich zögere. »Ja.«
»Warum willst du nicht mehr Marina heißen? Ich habe deinen Namen immer gemocht.«
»Es ist ein dummer Name. Der Name einer Prinzessin, die alles zurückbekommt, was sie je verloren hat.«
»Gott.« James neigt den Kopf zur Seite. »Wer bist du?«
Ich umklammere den Pistolengriff fester. Ich sollte es jetzt tun. Ich sollte uns beide aus diesem Elend erlösen und Marina vor dem Monster retten, das hinter ihr her ist. Aber er sieht so traurig und gebrochen aus. Vielleicht ist es dumm, aber ich glaube, Finn hatte Recht. Er hat eine Erklärung dafür verdient, warum ich ihm eine Kugel in den Kopf jagen werde. Vielleicht bin ich dann endlich in der Lage abzudrücken.
»Ich werde dich trotzdem umbringen«, sage ich.
»Ich weiß. Und ich werde trotzdem kämpfen.«
Ich setze mich auf den kalten Fliesenboden, die Waffe auf ihn gerichtet, und James lässt sich mir gegenüber nieder.
»Was willst du wissen?«, frage ich. »Beeil dich.«
»Wie soll das hier funktionieren? Wenn du mich umbringst, wirst du eine Paradoxie erschaffen.«
»Die Zeit hat ein Bewusstsein«, sage ich. »Genau wie du es immer vermutet hast. Taten wie diese werden in der Zeit fixiert. Ein Schatten von mir wird immer hier sein, um dich umzubringen, auch wenn ich tot bin.«
»Und du weißt«, sagt er, »dass du, wenn du mich umbringst, auch
Weitere Kostenlose Bücher