Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
sicher, dass er einfach nur schüchtern ist und du die Regie übernehmen musst.«
»Mm-mh«, macht Sophie, während sie einen Knoten in meinem Haar löst.
»Und wie soll ich das anstellen?«, frage ich.
»Du musst deine innere scharfe Braut annehmen.« Tam hebt mein Kinn an, und ich öffne die Augen. »Du bist die beste Freundin von James Shaw . Du lebst in der besten Gegend der Stadt, dein Dad führt praktisch die Weltbank, und seitdem du dich mit uns angefreundet hast, gehörst du zu den beliebtesten Mädchen an der Sidwell. Du gehörst zur Crème de la Crème des Staats, Marina, und du musst das endlich auch nach außen tragen. Der Junge kann sich glücklich schätzen, dich zu bekommen.«
Ich schätze, sie hat Recht. Ich habe es weit gebracht. James war früher mein einziger Freund an der Sidwell, bis dieses doofe Genie seinen Abschluss machte, als ich dreizehn war, und mich sitzen ließ. Doch dann nahmen mich Tamsin und Sophie unter ihre Fittiche, und jetzt drehen sich alle Köpfe zu mir um, wenn ich einen Raum betrete.
»Okay«, sage ich. »Ja. Ja. Ich kann das.«
»Natürlich kannst du das«, sagt Tam. »Du musst einfach nur an dich selbst glauben.«
»Reiß ihm einfach die Kleider vom Leib!«, sagt Sophie. »Er ist ein Junge . Er wird dir nicht widerstehen können.«
»Oh mein Gott, Soph«, sagt Tamsin. »Du bist so ein Luder.«
Sophie strahlt. »Ich weiß.« Tamsin und ich lachen, und Sophie fügt hinzu: »Aber ich habe trotzdem Recht, oder?«
»Ja, hast du.« Tamsin bedeutet mir, den Mund zu öffnen, und beginnt Lippenstift aufzutragen. »Du solltest auf jeden Fall mit ihm schlafen. Hallo, du gehst auf eine schicke Party, auf der es wahrscheinlich Alkohol in Massen gibt, und deine Eltern sind nicht in der Stadt. Es ist perfekt. Außerdem bist du schon sechzehn. Noch ein bisschen länger, und es wird langsam peinlich.«
»Und beim ersten Mal gleich James Shaw, oh mein Gott!«
Tamsins Worte lassen mir das Blut gefrieren. Es wird langsam peinlich. Ich erinnere mich plötzlich daran, wie ich dreizehn war, unschlüssig am Eingang zum Speisesaal stand und absolut nicht wusste, wo ich mich hinsetzen sollte, da mir jeder Tisch wie eine potenzielle Landmine vorkam. Um dieser Situation zu entgehen, aß ich in den ersten beiden Wochen des Schuljahrs in einer verriegelten Kabine auf der Schultoilette – genau wie James, der mir einmal erzählte, er habe sich ein ganzes Semester lang immer dann auf der Toilette versteckt – mit gekreuzten Beinen auf der Kloschüssel sitzend –, wenn ihm das, was vor der Tür vor sich ging, zu viel wurde. Ich kann nie wieder dieses Mädchen sein.
Außerdem liebe ich James. Er ist süß und berühmt und gut aussehend. Warum sollte ich nicht mit ihm schlafen?
»Auf jeden Fall«, sage ich, und obwohl es in meinen Ohren etwas kläglich klingt, scheinen sie es nicht zu bemerken.
In der nächsten halben Stunde ertrage ich schweigend, dass Tam und Sophie an mir ziehen, zupfen und herumstochern, während sie mir die ganze Zeit Sextipps geben, bei denen ich vor Aufregung Magenkrämpfe bekomme. Ich bin nicht vollkommen unschuldig, aber Tam beschwert sich trotzdem, dass meine Haut zu rot ist, als dass sie ihr Make-up-Werk ordentlich verrichten könnte.
Es klingelt an der Tür, während sie letzte Hand anlegen. James hat immer solche Angst, zu spät zu kommen, dass er sich normalerweise mehrere Alarme einstellt und am Ende immer fünfzehn Minuten zu früh kommt. Selbst hier oben höre ich Luz’ Freudenschrei, als sie die Tür öffnet, und die spanischen Maschinengewehrsalven, die zwischen ihnen hin und her gehen.
»Okay, fertig!«, sagt Tamsin. »Bereit, dich anzuschauen?«
Sophie bedeckt meine Augen, während sie mich vor den Ganzkörperspiegel in der Ecke zerren, dann nimmt sie mit einem »Ta-da!« die Hand weg.
Ich betrachte mich. Mein Kleid ist umwerfend, so viel ist sicher. Ich habe Dads Zorn riskiert, weil ich es mit seiner Kreditkarte gekauft habe, in der Hoffnung, er würde nicht merken, dass es doppelt so viel kostete, wie ich ausgeben durfte. Er merkte es doch, aber das war es wert. Das Kleid ist dunkelblau und schimmert wie der Himmel zwanzig Minuten nach dem Sonnenuntergang, wenn zehntausend Sterne an ihm funkeln.
Der Rest von mir macht da schon mehr Probleme, selbst nach dem Einsatz von Tamsins und Sophies beachtlichen Fertigkeiten. Ich lächle mir im Spiegel zu, so, wie ich James zulächeln werde, damit ich sehen kann, was er sehen wird. Und was er sehen wird,
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