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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristin Terrill
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die Tasche, was lächerlich aussieht. Dann hält er mir den Mantel auf. Seine Hand streift über mein Haar, als er den Stoff über meinen Schultern glattstreicht, und Gänsehaut läuft mir über die Arme. Ich höre Sophies Stimme in meinem Kopf, die mir genau erklärt, wie man einen Jungen aus seinen Klamotten schält.
    Ich schlinge mir den Schal um den Hals und denke kurz daran, mich damit zu strangulieren, um mich endlich aus diesem Elend zu erlösen.

F ÜNF
    Em
    Mein Bewusstsein kehrt als Erstes zurück, noch vor meinem Körper. Ich würde in Panik ausbrechen, wenn in mir ein schlagendes Herz oder rauschendes Blut oder ein arbeitendes Gehirn wären, aber ich fühle nichts. Keine Empfindung und kein Gedanke, nur weites, endloses Nichts.
    Hat es funktioniert? Oder ist dies der Tod?
    Langsam beginne ich wieder etwas zu spüren. Zuerst das unglaubliche Gewicht meines Kopfes, der mich wie ein schwerer Holzklotz nach unten zieht. Aber es kümmert mich nicht, weil es so eine Erleichterung ist, überhaupt wieder einen Kopf zu haben. Dann das Reiben einer rauen Oberfläche an meiner Wange und ein schmerzhaftes Kribbeln in meinen Gliedern, was mich daran erinnert, dass ich Glieder habe.
    Finn ist mein erster zusammenhängender Gedanke. Ich versuche, mich zu bewegen, nach ihm zu tasten, aber ich bin wie eingefroren.
    Das Kribbeln steigert sich zum Schmerz, der sich grell und scharf in mein sich festigendes Fleisch bohrt. Ich versuche zu schreien, aber ich höre nur ein tiefes Stöhnen, das, wie ich vage registriere, von mir kommen muss.
    Es gelingt mir, blinzelnd die Lider zu öffnen, und ich erhasche flüchtige Blicke auf eine verschwommene, zu helle Welt. Ich ziehe in keuchenden, kratzenden Atemzügen Luft in eine Lunge, die sich brandneu anfühlt.
    Irgendwo sagt Finn meinen Namen.
    Eine heiße Woge durchrollt meinen Körper und schüttelt meine Muskeln in wellenartigen Krämpfen. Ich kämpfe mich auf einen Ellbogen hoch, während ich den spärlichen Inhalt meines Magens hochwürge, und es fühlt sich an, als würde mein Körper versuchen, sich von innen nach außen zu stülpen. Finns Hände sind plötzlich da, streichen mir das Haar von der schwitzigen Wange, und ich lehne mich dankbar gegen seine kühle Haut.
    Der Anfall geht vorüber, und ich bin endlich in der Lage, die Augen ganz zu öffnen. Finn kniet neben mir, er krümmt sich, offenbar ist er genauso erschöpft und schmerzgeplagt wie ich.
    »Alles in Ordnung?«, fragt er.
    Ich nicke und wische mir mit dem Ärmel über die verschwitzte Stirn. »Glaub schon. Das war furchtbar.«
    »Ja, das hätte ich auch gern übersprungen.«
    Er sieht sich um. Sein Blick huscht über jeden Zentimeter der kahlen Halle, als wäre sie ein seltsamer, fremder Planet. Vor ein paar Sekunden waren wir noch in einem winzigen Raum von Soldaten umzingelt, aber jetzt sind wir in einer Art Lager. An die Stelle der labyrinthartigen Gänge, die über dem Teilchenbeschleuniger standen, ist nun eine Halle mit endlosen Reihen unidentifizierbaren Gerümpels getreten.
    »Wir haben’s wirklich geschafft«, sagt er ehrfürchtig. »Ich kann’s kaum glauben.«
    Ich fühle keine Ehrfurcht. Durch die Zeit zu reisen ist kein Wunder; es ist ein Verbrechen gegen die Natur.
    Finn steckt mir eine Haarsträhne hinters Ohr, als wäre das etwas ganz Normales, etwas, das er seit Jahren täglich tut. »Meinst du, du kannst aufstehen?«
    Mein Körper fühlt sich noch immer hohl und schwerelos unter mir an, als hätte ich einen Teil von ihm vier Jahre in der Zukunft zurückgelassen. »Ich weiß nicht. Kannst du mich auffangen, wenn ich hinfalle?«
    »Das bezweifle ich«, sagt er. »Aber du darfst auf mich fallen. Dann landest du wenigstens weich.«
    Ich lächle. »Mein Held.«
    Wir beide beginnen uns aufzurappeln und helfen uns dabei genauso sehr, wie wir uns behindern. Wenn er schwankt, reißt er mich fast um und umgekehrt, aber es kommt mir nicht in den Sinn, ihn loszulassen, bis wir von den Knien in eine wackelige Hocke hochgekommen sind.
    Wir richten uns auf und haben Mühe, stehen zu bleiben, aber sobald wir uns ausbalanciert haben, grinst Finn und umarmt mich. Er freut sich so sehr über diese minimale Leistung, dass ich einfach lachen muss. Er lacht auch, und im Nu sind wir beide der Hysterie nahe, halten uns aneinander fest und schnappen nach Luft. Ich weiß nicht, ob es an der Orientierungslosigkeit vom Zeitsprung liegt oder einfach an der Freude, wieder frei zu sein, aber so glücklich war ich seit Monaten

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