Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
verhindern soll; ich bin mir ja nicht einmal sicher, dass ich es könnte. Ich beiße mir so fest auf die Lippen, wie ich nur kann, und versuche, mir ins Gedächtnis zu rufen, was Finn gesagt hat: dass dieser James – der sich so echt und fest an mich schmiegt – schon lange fort ist. Ich denke daran, wie viele Tränen Marina vergießen wird, und an all die verschiedenen Arten, auf die er sie beinahe zerreißen wird. An alle Menschen, die sterben werden.
Aber ich hatte vergessen, wie sich seine Arme um mich anfühlen, wie klein und beschützt ich mich dabei fühle. Ich kann mir diesen Moment nehmen, um mich zu verabschieden, oder? Habe ich das nicht verdient? Ich stecke die Pistole in meinen Hosenbund und schlinge beide Arme um James, schließe die Augen und atme seinen vertrauten Jungen-und-Waschpulver-Duft ein. Und auf einmal bin ich wieder sechzehn und verzweifelt in ihn verliebt.
Ich öffne die Augen und sehe, dass Finn uns anstarrt, mit einer Miene, die streng und undurchdringlich wirkt.
»Es tut mir leid«, flüstere ich und ich bin mir selbst nicht sicher, zu wem von beiden ich es sage.
»Gott, Marina, du zitterst ja«, sagt James. Er hält mich fester und umfasst meinen Hinterkopf. Er fährt mir sanft mit den Fingern durchs Haar.
Dasselbe Haar, das ich mir abgesäbelt habe, das sich in langen, dunklen Locken zu meinen Füßen sammelte. Kurz bevor wir entdeckt und in diese Betonzellen geschafft wurden.
James’ Hand verharrt dort, wo mein Haar aufhört – auf meiner Schulter, nicht in der Mitte des Rückens wie bei Marina – und ich erstarre. Er weicht zurück und sieht mich mit einem Blick an, der plötzlich scharf ist. Einen Moment lang starrt er mich an, dann prallt er zurück, bringt hastig Entfernung zwischen uns, bis er an die Wand stößt.
»Wer bist du?« Er sieht zwischen Finn und mir hin und her, registriert unsere geborgte Kleidung und die Veränderungen, die die Jahre in unsere Gesichter eingegraben haben. »Wer zum Teufel seid ihr?«
Finn streckt die Hände aus, als wäre James ein erschrecktes Tier, das zum Angriff übergehen könnte. »Wir sind’s doch, Jimbo.«
»Blödsinn.«
»Wir sind es«, wiederhole ich und trete einen Schritt auf ihn zu. In dem Versuch, so weit wie nur irgend möglich von mir wegzukommen, drückt er sich flach gegen die Wand. »Wir sind nur nicht so, wie du uns kennst. Noch nicht.«
»Wovon redest du?«
»Du hast es geschafft«, sagt Finn. »Die vierte Dimension. Du hast es herausgefunden.«
»Halt die Klappe! Ihr seid … Das ist ein Trick. Es ist ein Trick … oder so was.« James wirkt atemlos. Er dreht sich um, um zu gehen, aber ich bin schneller und stelle mich zwischen ihn und die Tür.
»Sieh mich an, James«, sage ich. » Sieh mich an .«
Er hebt langsam den Blick. Ich bin mir nicht sicher, was er sieht. Meine ernste Miene, mein schmaleres, strengeres Gesicht oder vielleicht eine Spur meiner Verzweiflung, aber es überzeugt ihn. Die Wahrheit trifft ihn wie ein Schlag, und er krümmt sich.
»Oh Gott«, haucht er. »Es stimmt wirklich?«
»Ja«, sagt Finn. »Tut mir leid, Mann.«
»Leid?« James lacht, und sein ganzes Gesicht verändert sich. »Das ist unglaublich! Ich hab’s wirklich geschafft, ihr kommt wirklich aus der Zukunft! Wie weit aus der Zukunft?«
Seine Freude ist wie eine Nadel, scharf und spitz, und sie bohrt sich direkt in mein Herz. »Vier Jahre.«
Er umarmt uns. »Ich kann nicht glauben, dass ihr hier seid! Wir werden die Wissenschaft verändern. Wir werden die Welt verändern! Oh mein Gott, Nate … Nate!« Er reißt die Augen auf. »Wenn ihr herkommen konntet, dann könnte ich …«
»Stopp!« Ich kann es nicht länger ertragen. Ich schüttle James’ Arm ab und presse eine Faust an den Mund, um zu verhindern, dass ich aufschluchze. Ich muss das jetzt beenden, bevor er davon redet, mit einer Zeitreise Nates Leben zu retten.
»Marina, was …« James unterbricht sich, und Unsicherheit schleicht sich in seinen Blick. »Warum seid ihr zwei zurückgekommen?«
Ich sehe zu Finn, der mir plötzlich alt vorkommt, so alt, wie ich mich fühle. Dann sehe ich zu James, der von innen zu leuchten scheint, so lebendig und schön und … James .
»Wir sind gekommen, um dich zu töten«, sage ich.
Z WEIUNDZWANZIG
Em
James starrt mich an.
»Was?«, sagt er, die vom Schock verzerrten Reste eines Lächelns noch auf den Lippen.
»James«, flüstere ich.
»Ich verstehe nicht. Warum …« Ich ziehe die Pistole aus dem Gürtel, und der
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