Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
aufstehen.
Finn hebt eine Hand und fährt mir mit einer federleichten, sanften Berührung durchs Haar. Ich schließe die Augen und genieße das Kribbeln, das seine Finger auf meiner Kopfhaut auslösen. Als er meinen Scheitel küsst, sehe ich zu ihm auf und lächle.
Er kneift die Augen zusammen. »Ich dachte, du schläfst.«
»Ach, deshalb bist du so süß zu mir.«
»Ich weiß gar nicht, was du meinst …« Er küsst mich, und vielleicht sollte ich wegen meines ungewaschenen Haars und der ungeputzten Zähne gehemmt sein, aber ich bin es nicht. Nicht jetzt.
»Das war ein gute Idee«, flüstert er. »Wenn ich mich mal selber loben darf.«
»Ja.« Ich seufze, denn die kalte Luft kriecht wieder heran. »Aber …«
»Nein! Noch nicht. Noch kein Aber.« Er bringt mich mit einem Kuss zum Schweigen. »Essen wir wenigstens zuerst Frühstück.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass es schon Nachmittag ist.«
Er blickt zu der Uhr auf dem Nachttisch. »Verdammt, ein Gratis-Essen verschenkt! Na ja, dann müssen wir uns wohl eine andere Beschäftigung suchen.«
Ich lache, als er mich diesmal küsst, und spüre sein Lächeln an meinen Lippen. Seine Worte hängen warm in der Luft zwischen uns, während er sich meinen Hals hinabküsst. »Gott, du ahnst ja nicht, wie oft ich davon geträumt habe. All die Nächte mit dieser Mauer zwischen uns, und alles, was ich wollte, war, dich zu berühren.«
Ich werde rot, was albern ist. Es ist albern, wegen ein paar kleiner Worte verlegen und zittrig zu werden. Ich verberge mein Gesicht an seiner Schulter.
Er lässt sich auf sein Kissen zurückplumpsen. »Aber es ist wahrscheinlich höchste Zeit, wieder ernst zu werden, oder?«
Ich kuschele mich an ihn. »Wahrscheinlich.«
»Was sollen wir jetzt machen?«
»Wir überwachen die Häuser von James und Marina«, sage ich. »Wenn sie noch nicht dort sind, werden sie es bald sein.«
»Aber sie aufzuspüren ist der leichtere Part, oder?«
»Vielleicht hatte ich ja Unrecht.« Ich drücke mich auf den Ellbogen hoch. »Vielleicht haben wir uns nicht genug angestrengt, James zu überzeugen, Cassandra aufzugeben. Er hat uns jetzt gesehen. Wenn wir ihm begreiflich machen könnten, wie schlimm es werden wird …«
»Das haben wir doch schon ausprobiert«, sagt er sanft. Das war Nummer eins auf der Liste, das Allererste, womit es frühere Ichs von Finn und mir versucht haben. Womit sie gescheitert sind. »Außerdem, wann hast du je erlebt, dass sich James von etwas abbringen lässt?«
»Nie.« Ich lege mich wieder hin. »Ich weiß. Du hast Recht.«
Finn seufzt. »Vielleicht sollten wir aufgeben. Wir waren diesmal einfach noch nicht bereit. Vielleicht sind es die nächsten Versionen von uns.«
»Glaubst du, dass wir das schon mal getan haben? Glaubst du, andere Versionen von uns haben denselben Zettel gefunden, sind hierher zurückgereist, um ihn umzubringen, und haben aufgegeben?«
»Vielleicht.« Er fährt mir mit den Fingerspitzen über den Rücken und lächelt. »Wir könnten nach Florida fahren. Uns an irgendeinen Strand legen und Cocktails mit Schirmchen bestellen, während wir darauf warten, dass uns die Zeit ausradiert.«
»Klingt nicht nach der schlechtesten Lösung«, sage ich und stelle mir das An- und Abschwellen der Brandung und die Sonne vor, die auf uns niederbrennt. Mir war nicht mehr warm, seitdem wir in diese Zeit gekommen sind. Die Kälte hat sich in meinen Knochen eingenistet. Doch die Vision verblasst. An ihre Stelle tritt ein Bild von Marina, die ich endlich – endlich – zu lieben gelernt habe. Mir dreht es den Magen um. »Vier Jahre später, und ich bin immer noch so egoistisch. Ich kann James nicht umbringen, weil ich es nicht ertragen kann, wie ich mich dann fühlen würde. Und das, obwohl so viele andere Leben, auch das von Marina, davon abhängen.«
»Hey.« Finn legt eine Hand an mein Gesicht und zwingt mich, ihn anzusehen. »Du bist nicht egoistisch. Du bist eine liebevolle Frau, die an das Gute im Menschen glauben will, selbst nach allem, was du durchgemacht hast. Wenn du egoistisch wärest, würde es dir leichtfallen, James umzubringen.«
»Vielleicht.«
Finn setzt sich auf und sieht mich ernst an. »Du redest von Marina, als wäre sie ein anderer Mensch als du, Em. Du bist Marina. Du bist dasselbe loyale, entschlossene, mich verrückt machende Mädchen. Es wird höchste Zeit, dass du anfängst zu kapieren, wie toll du bist, so wie du dir wünschst, dass auch Marina das sehen könnte. Ich meine, schau
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