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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Vorfreude verlängert; nun kostete er die Situation ganz aus. »Wir haben Sie vorhin im Gabe Case’s gesucht, um mit Ihnen anzustoßen.« Die Zigarre in einem Mundwinkel, grinste er über die Überraschung, die in meinem Gesicht stand, und zögerte so lange fortzufahren, dass Julia ihm schließlich ungeduldig, wie mir schien, zuvorkam, obwohl ihre Stimme nichts davon verriet.
    »Mr. Pickering und ich haben uns verlobt und wollen heiraten.«
    Erst nach einer kleinen Weile war ich in der Lage, etwas Passendes zu sagen und ein angemessenes Gesicht aufzusetzen. Lächelnd beugte ich mich über Julia hinweg, gab Jake die Hand und gratulierte ihm. Noch immer lächelnd stimmte ich Maud und Tante Ada zu, dass dies wunderbare Neuigkeiten seien. Dann lächelte ich Julia zu. Als ich ihr allerdings sagte: »Ich hoffe, Sie werden sehr glücklich«, spürte ich, wie das Lachen aus meinen Augen schwand. Julia nahm es wahr und nickte nur kurz; ihre Lippen waren fest geschlossen. Ich fragte, wann und wo sie heiraten wollten, und saß da und tat so, als hörte ich Jake und Tante Ada und ihren Antworten zu, verstand jedoch überhaupt nichts von dem, was sie sagten.
    Stattdessen dachte ich in den wenigen Minuten, die wir noch vor uns hatten, bis wir vor Gramercy Park neunzehn anhielten, an viele Dinge gleichzeitig. Ich dachte an die tätowierten Buchstaben, die auf Jakes Brust nun heilten und bis zum Ende seines Lebens dort stehen würden. Ich hatte für ihn und seine Zukunft mit Julia niemals eine Bedrohung dargestellt; das war gar nicht möglich. Aber das wusste er nicht; vielleicht wäre es so gewesen, wenn die Dinge anders gelegen hätten; und das hatte er wohl gespürt. Nun – Kinn und Bart selbstbewusst nach vorne gestreckt, mit zufriedenem Grinsen – besaß er sie schließlich. Für Jake, das hatte ich nun begriffen, war diese Verlobung ein bindender Kontrakt; sie war nun vor allen Versuchungen gefeit und für immer sein. Er hatte sich wirklich gefreut – triumphierend –, mich wiederzusehen.
    Mehr als an Pickering aber dachte ich an Julia, die still neben mir saß. Ich glaubte nicht, dass sie die Frau war, die in der Art und Weise von Jake in Besitz genommen werden mochte, so wie er es sich vorstellte. Und ich wusste, wusste genau, dass sie an der Seite dieses verruchten menschlichen Wesens, das der Erpressung fähig war, nicht leben und glücklich sein konnte. Dennoch musste ich es geschehen lassen. Trotz meines Wissens über Jake Pickering musste ich lächeln und erfreut tun und musste akzeptieren, dass dieses warmherzige, liebenswürdige Mädchen neben mir ihn heiratete. Was – mit Sicherheit – ihr Leben zerstören würde. Dr. Danziger!, sagte ich leise über die Jahre hinweg, die uns trennten. Muss ich das wirklich? Aber ich kannte die Antwort: Du darfst nicht eingreifen.
    Nach all der Aufregung war es mir nicht möglich, jetzt einfach ins Haus zu gehen und mich schlafen zu legen. Ich sprang aus dem Schlitten, um Julia, ihrer Tante und Maud behilflich zu sein, und sie gingen die Treppe hoch und wünschten sich gegenseitig eine gute Nacht. Felix schnalzte mit den Zügeln, er und Byron fuhren ihre Gefährtinnen nach Hause oder wohin auch immer. Jake blieb im Schlitten sitzen, um ihn zum Stall zurückzufahren; ich glaube, die Frauen nahmen an, dass ich ihn begleiteten würde. Ich warf Jake einen kurzen Abschiedsgruß zu und wandte mich dem Eingang zu. Als Jake mit den Zügeln schnalzte und davonfuhr, drehte ich mich jedoch wieder um und richtete meine Schritte zur 3rd Avenue.
    Ich hatte keinen festen Plan, ich ließ mich einfach treiben; ich wusste nur, dass ich nachdenken musste, und ging einige Blocks die 3rd hinunter, die dunkel und fast verlassen vor mir lag. Der Wind war nun stärker geworden, die Temperatur weiter gefallen, und sie fiel immer noch, dachte ich. Es hatte wieder zu schneien begonnen, harter körniger Schnee, der mit dem Wind in mein Gesicht trieb und unter den Füßen knirschte. Keine Nacht zum Spazierengehen; an der 16th Street sah ich hinter mir eine Pferdebahn auftauchen; das Pferd hielt seinen Kopf vom Wind abgewandt, die Petroleumlampen flackerten wild an der Vorderseite des Wagens.
    Die Bahn hielt auf ein Zeichen von mir, ich sprang auf die vordere Plattform, das Pferd stemmte sich ins Geschirr, die metallenen Hufeisen schlitterten und rutschten auf dem Schnee, bis der Wagen wieder in Fahrt kam. In dieser Nacht, in der bei diesem Wetter nur wenige Passagiere unterwegs waren, handelte es

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