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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Morgen der Times eine Geschichte wert war, die mit ›UNTERWEGS‹: TAUSENDE VON FRÖHLICHEN NACHTSCHWÄRMERN GENIESSEN DIE SCHLITTENFAHRT betitelt war und folgendermaßen lautete:
    All diejenigen, die Cutter, altmodische Schlitten, alte Piano-Schlitten oder andere Gefährte auf Kufen ihr Eigen nennen und gestern Zeit hatten, sie hinter edle Pferde oder solche minderen Geblüts zu spannen, hatten die Gelegenheit, sich auf den Wegen des Central Park oder den großen Straßen, die dorthin führen, zu erfreuen. Die Schneeverhältnisse waren auf dem Broadway, der 5th Avenue und allen Avenuen der Stadt, wo keine Straßenbahngleise zu finden sind, gut. Der Schneefall sorgte für die bislang besten Bedingungen in diesem Winter, und Tausende nutzten die Gelegenheit. Eine große Zahl bemerkenswerter Pferde war auf den Straßen, Kaufleute, Banker, Politiker und professionelle Pferdezüchter begegneten einander in bester Laune.
    Der Leiter für öffentliche Angelegenheiten, Hubert O. Thompson, erregte mit einem kolossalen Pferd vor seinem zierlichen, leichten Cutter großes Aufsehen, das er mit Bedacht und Vorsicht lenkte. Der Geschworenenrichter George Caulfield, der einen Rotfuchs lenkte, zeigte Mr. Thompson den Weg zu Gabe Case’s Gasthof. Dieser stieg von seinem Cutter und dankte Mr. Caulfield, als habe ihm dieser das Leben gerettet. Polizeirichter J. Henry Ford flog in einem eleganten Cutter, der von einem schnellen Pferd gezogen wurde, über den Schnee und war nicht aufzuhalten. John Murphy, ein professioneller Fahrer, saß auf dem Schlitten hinter seiner Stute Modesty und flog wie der Wind vorbei. Gefolgt wurde er von Frank Work mit seinem Gespann Edward und Swiveller; Joseph Doyle mit seiner wundervollen Stute Annie Pond; William Vassar mit Red and Black und Keno; John DeMott im schönsten Cutter des Tages, davor sein brauner Wallach Charley; Samuel Sniffen mit Blackwood Queen; Gen. J. Nay mit Garryowen, Salvine Bradley mit seinem Gespann Jack Slote und Hen Seaman; Ike Woodruff mit Dan Smith; James Kelly mit seiner Stute Codfish; Robert J. Dean und Freunde in einem großen Schlitten und John Barry mit seinem Fuchswallach Gossip.
    Nach Einbruch der Dunkelheit, als das ganze Land weiß im Mondlicht glänzte und die Straßenlaternen im Umkreis von einigen Meilen aussahen wie eine Glühwürmchenparade, erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt. Große Schlitten, in denen junge Männer und Frauen lachten und sangen, sausten durch die Nacht …
    Auch wir fuhren durch diese Nacht nach Hause – die anderen hatten auf mich gewartet, als wir Gabe Case’s verließen, und obwohl ein leichter Wind aufgekommen und es kälter geworden war, saßen wir warm in unsere Decken eingehüllt und sangen leise ›The Spanish Cavalier‹ und sehr, sehr leise und langsam ›Bring Back My Bonnie to Me‹. Der Schnee glitzerte, die Gebäude an der 5th Avenue waren in geheimnisvolles Mondlicht getaucht – staunend fuhren wir durch die Stadt. Eine Szene blieb ganz besonders in meinem Gedächtnis haften; viel später machte ich davon ein Aquarell; hier sehen Sie die Szene so, wie sie mir in Erinnerung geblieben ist (s. nächste Seite). Ich wünschte, ich könnte ihre wunderbare Lebendigkeit wirklich zum Ausdruck bringen.

    Wir fuhren an den hohen Mauern des Reservoirs vorbei, dort, an der 5th und der 42nd, wo eines Tages – was die anderen natürlich nicht wissen konnten – die Public Library stehen würde, die 5th hinunter, vorbei am Madison Square und dem rechten Arm der Freiheitsstatue, dessen Finger und Knöchel mit Schnee bedeckt waren – ich wollte, es wäre hell genug gewesen, damit Felix sie hätte fotografieren können. Dann bogen wir in die 23rd Street nach Osten zum Gramercy Park, und ich sagte: »Mr. Pickering, ich danke Ihnen; das war einer der schönsten Abende, die ich jemals erlebt habe.«
    Er nickte; er hatte sich eine Zigarre angesteckt, und bei jedem Zug zog der Rauch in einem langen dünnen Band über seine Schulter. Er sagte: »Gern geschehen, Mr. Morley. Es war übrigens so eine Art Feier, wissen Sie.«
    Ja, ich weiß, dachte ich; eine Feier deiner Aussicht, durch Erpressung reich zu werden. Höflich sagte ich. »Nein, ich habe keine Ahnung.«
    Er nickte wieder und beugte sich etwas vor, um mich über Julia hinweg besser ansehen zu können; in seinen Augen sah ich einen Zug von Selbstgefälligkeit. »Ja«, sagte er langsam. Bewusst hatte er, so erkannte ich später, dies den ganzen Abend aufgeschoben und damit seine

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