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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Klammer, die alles zusammenhielt, und breitete die Papiere nebeneinander unter der Schreibtischlampe aus. »Das dürfte alles sein. Füllen Sie nur die frei gelassenen Felder aus, Mr. Morley. Und fangen Sie mit diesem etwas längeren Formular an. Hier ist ein Stift.« Sie reichte mir einen Kugelschreiber. »Es wird nicht allzu lange dauern. Rufen Sie mich, wenn Sie Fragen haben.« Sie zeigte auf einen kleinen Tisch neben meinem Stuhl. Er war mit feinen Holzintarsien ausgelegt und gerade groß genug, dass das weiße Telefon darauf Platz fand. Sie lächelte und zog im Gehen die Tür hinter sich zu.
    Mit dem Stift in der Hand betrachtete ich einen Moment lang den Raum. Ein grüner Aktenschrank stand an der mir gegenüberliegenden Wand; an der hinter mir hing ein Spiegel; an der Wand rechts befand sich neben der Tür ein gerahmtes Bild, ein Aquarell einer überdachten Brücke, keine schlechte Arbeit, annehmbarer Standard. Das war alles, was es zu sehen gab, und ich besah mir nun die Formulare, die vor mir lagen – Formulare zur Steuer, zum Wohnort und dergleichen. Ich zog das größere Blatt zu mir heran – es war überschrieben mit ›Persönliche Angaben‹ – und begann es auszufüllen. In die ersten freien Felder trug ich meinen Namen ein, meinen Geburtsort, Gary, Indiana, das Geburtsdatum, 11. März 1942, und fragte mich, ob sich das jemals irgendjemand ansehen würde. Das Telefon auf dem kleinen Tisch neben meinem Ellbogen klingelte, ich nahm den Hörer ab, und eine Gänsehaut lief über meinen Rücken, denn der Apparat war grün. Er war weiß gewesen, das wusste ich mit Bestimmtheit, aber nun war er grün. Ich sagte: »Hallo?«
    »Mr. Prien ist wieder da. Sind Sie fertig, Mr. Morley?«
    »Fertig? Ich habe doch gerade erst angefangen.« Einen Moment war nichts zu hören. »Gerade erst angefangen? Mr. Morley, Sie sind bereits seit« – es folgte eine Pause, so, als blickte sie auf die Uhr – »über zwanzig Minuten damit beschäftigt.«
    Ich wusste nicht, was ich ihr antworten sollte. »Miss Macabee, Sie müssen sich irren. Ich habe gerade erst angefangen.«
    In ihrer Stimme konnte ich unterdrückte Ungeduld erkennen. »Gut, Mr. Morley, dann füllen Sie die Blätter so schnell wie möglich aus. Mr. Prien und Sie haben gleich eine Verabredung mit dem Direktor.« Sie hängte auf, und ich legte langsam den Hörer auf die Gabel. War es möglich, dass ich zwanzig Minuten lang einem Tagtraum nachgehangen hatte? Ich wandte mich wieder dem Formular zu, das ich eben begonnen hatte auszufüllen, und sprang dann entsetzt auf; mein Stuhl rollte zurück und krachte gegen die Wand. Dort, unter meinem Namen, Geburtsort und -datum standen der Name meines Vaters, Earl Gavin Morley, sein Geburtsort und Geburtsdatum, Muncie, Indiana, 1908; der Mädchenname meiner Mutter, Strong, meine Hobbys, Zeichnen und Fotografie, und meine gesamten früheren Arbeitgeber, angefangen mit Neff & Carter in Buffalo. Auch alle anderen Formulare waren ausgefüllt, genau wie dieses, unverwechselbar in meiner Handschrift. Es konnte einfach nicht stimmen, dass ich das ohne es zu merken getan hatte, aber es war so. Es konnte einfach nicht stimmen, dass zwanzig Minuten vergangen waren, und dennoch waren sie vergangen. Und das weiße Telefon – ich betrachtete es wieder – war noch immer grün. Mir sträubten sich die Nackenhaare, und die Angst hielt meinen Magen mit eiserner Faust umklammert.
    Doch dann war es mit einem Mal vorbei. Ich hatte diese Formulare ganz gewiss nicht ausgefüllt, da war ich mir ganz sicher. Ich war höchstens drei oder vier Minuten in diesem Raum gewesen, auch das wusste ich mit Sicherheit. Ich kniff meine Augen zusammen, fixierte die Wand und dachte angestrengt nach, dann sah ich plötzlich das Aquarell. Die überdachte Brücke war verschwunden; nun war ein Berg mit schneebedeckten Föhren zu sehen. Ich lachte laut auf, die Angst war auf ein Nichts zusammengeschrumpft. Die Tür öffnete sich, und Prien trat herein. »Fertig? Was ist los?«
    »Rube, was zum Teufel geht hier vor?« Grinsend stand ich auf, während er auf mich zukam. »Warum sollte ich glauben, dass ich zwanzig Minuten hier war?«
    »Aber Sie waren doch auch so lange hier.«
    »Und das Bild an der Wand« – ich wies mit dem Kopf darauf  – »verwandelte sich von einer Brücke in ein Gebirge?«
    »Das Bild?« Rube stand vor dem Tisch und wandte sich verwirrt dem Bild zu. »Es zeigt immer ein Gebirge.«
    »Und das Telefon – war es immer grün?«
    Er

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