Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Schreibtisch, sah ich abgetretene Fußböden, verdreckte Spucknäpfe aus Porzellan, schmutzige, dunkelgrün verputzte Wände und roch diesen Geruch, der, woraus er auch immer bestehen mochte, von der Abgenutztheit eines Gebäudes zeugt.
Wir gingen sehr schnell – warum verhalten sich Polizisten eigentlich immer und ohne jeglichen Grund widerwärtig, so als wäre das Teil ihres Charakters? Wir rannten beinahe eine Treppenflucht hinunter und wurden in einen niedrigen schmuddeligen Kellerraum mit Ziegelwänden geführt. Ein kleiner Tisch stand darin, ein gewöhnlicher Küchentisch; auf einem Gestell befand sich eine perforierte Gasröhre, hinter ihr ein Reflektor, angeschlossen war sie an eine Gasleitung aus einem elastischen Material, die sich über den Holzboden schlängelte; auf einem hölzernen Stativ stand eine riesige Kamera aus rötlichem, poliertem Holz, Messing und schwarzem Leder.
Drei nicht uniformierte Polizisten im Hemdsärmeln folgten uns; einer war kahlköpfig, die anderen beiden trugen wie der Inspektor das Haar links gescheitelt; zwei von ihnen hatten Schnauzer, wenngleich kleinere als Byrnes. Auf einen Wink von ihm nahmen Julia und ich Mäntel und Hüte ab und legten sie auf einen Tisch neben dem Eingang. Einer der Männer hatte sich sofort zur Kamera begeben und begann, daran herumzuhantieren. Die beiden anderen warteten neben dem Stuhl vor der Kamera, vermutlich um mich festzuhalten, falls es nötig sein sollte.
Ich hatte keine Chance, erfolgreich Widerstand zu leisten, darüber war ich mir wohl im Klaren, aber es war dieselbe Verfassung wie die aus meiner Zeit, die hier Gültigkeit hatte; ich musste einfach etwas sagen. »Ich möchte wissen, warum ich hier bin. Ich möchte wissen, was gegen mich vorliegt. Ich möchte einen Anwalt konsultieren. Und ich weigere mich bis dahin, fotografiert zu werden.«
Byrnes nickte den beiden Männern zu. »Sie haben gehört, was dieser Gentleman gesagt hat. Erklären Sie ihm, warum er hier ist.« Sie packten, jeder an einer Seite, meine Arme, einer ließ sein Knie hochschnellen und traf mich mit voller Wucht am Steißbein. Julia schrie auf; ich taumelte durch den Raum auf den Stuhl zu. Hätten sie mich nicht gehalten, wäre ich zu Boden gegangen. Sie wirbelten mich herum, verdrehten meine Arme in den Schultergelenken, und dann, jeder hatte eine Hand auf meiner Schulter, warfen sie mich so hart auf den Stuhl, dass das Holz knarrte und der Stuhl über den Boden rutschte. Ich schnappte nach Luft, der Schmerz trieb mir Tränen in die Augen. Einer der Männer beugte sich nahe an mich heran, seine Lippen umschlossen fast mein Ohr, und mit einer Stimme, die vor Vergnügen über die Misshandlungen triefte, sagte er: »Sie sind hier, Sir, weil wir das so wollen!«
Ich fuhr mit dem Kopf zu ihm herum und spie ihm die Worte ins Gesicht: »Du verfluchter Hurensohn!«
Seine Hand schoss nach vorn, umklammerte meinen Hals und hielt meinen Kopf so fest, dass ich seiner Faust nicht entkommen konnte, die er erhoben hatte, um auf mich einzuschlagen. Da schaltete sich Byrnes schnell ein. »Nein, ich will nicht, dass man ihm etwas ansieht.« Nach einem Augenblick öffnete sich die Faust wieder, die Hand um meinen Hals drückte noch einmal zu, dann löste auch sie sich.
Mein Aufbegehren hatte nichts genutzt, das war nicht weiter überraschend. Aber ich hatte es doch wenigstens versucht. Neben mir standen die beiden Männer, bereit, jeden Widerstand zu brechen; in ihren Gesichtern lauerte die Hoffnung, dass ich ihnen diese Gelegenheit ein zweites Mal bieten würde. Einmal aber war mir genug.
Der Mann an der Kamera hielt ein Streichholz in der Hand, nun hob er das rechte Bein und strich es über den gespannten Stoff an seinem hinteren Oberschenkel. Das Streichholz flammte auf, ich roch den Schwefel. Er drehte an einem Messingventil, Gas strömte aus, dann fuhr er mit dem Streichholz kurz über die Öffnungen, und eine rote, flackernde Flamme sprang an ihnen hoch. Er drehte an dem Ventil, bis der Gaszustrom geringer geworden war. Die kleine Flammenzunge schrumpfte bald zu einem gleich bleibenden Blau zusammen. Das Licht von dem gleißenden Reflektor dahinter berührte heiß meine Haut und blendete die Augen; ich blinzelte. »Nicht so!« Die Hand auf meiner Schulter schüttelte mich härter als notwendig, sodass meine Zähne aufeinanderschlugen. »Augen auf!« Ich riss sie auf, der Mann an der Kamera war unter sein schwarzes Tuch getaucht. Der Balg der Kamera glitt nach vorne, blieb
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