Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Ich lächelte ihr zu und dankte ihr, um deutlich zu machen, was für Rüpel die Polizisten waren.
Zwei wundervolle Treppenaufgänge aus dunklem, poliertem Holz, die in das obere Stockwerk führten, erwarteten uns in der riesigen Halle. Während ich dem Hausmädchen folgte, versuchte ich trotz der unglücklichen Umstände so viel wie möglich von dem kostbar eingerichteten Entree in mich aufzunehmen, das sich unseren Blicken darbot. Ich sah gewaltige Teppiche auf dem gefliesten Boden, Wände mit Stuckverzierungen, Wandleuchter mit beeindruckenden Lampenglocken, kostbare Tische, Stühle, herrliche Blumenarrangements in Porzellanvasen.
Wir betraten durch einen Türbogen eine kleine Halle mit glänzendem Parkett und kamen von dort aus durch eine hohe Tür in einen Raum, wie er unterschiedlicher von Tante Adas Salon nicht hätte sein können. Er war sicher viermal so groß; eine Seite wurde von Glastüren eingenommen, die Einrichtung war ganz im französischen Stil, vermutlich eines der vielen Louis , elegante, leichte, zierliche Möbel – fast zu zart, um benutzt zu werden. Das weiße Holz und die hohen Türen zum Flur waren reich vergoldet. Bilder in üppigen Rahmen schmückten die Wände, weiße Marmorbüsten standen in Nischen. Ein weißer, mit vergoldeten Ornamenten verzierter Flügel, vielleicht war es auch ein Cembalo, stand am Fenster.
Es war ein schöner Raum mit gedämpften Farben, und an einem kleinen weißen Kamin stand Mrs. Andrew Carmody in einem langen weitärmeligen rosafarbenen Kleid, in einer Hand einen Fächer aus Elfenbein. Es schien, als sei der Raum nur als Rahmen für sie gedacht. Ihr Gesicht war genauso, wie Julia und ich es in der vergangenen Nacht in der Loge auf dem Wohltätigkeitsball gesehen hatten – gefasst und selbstbewusst, als hätte sie noch nie auch nur der Schatten eines Zweifels gestreift.
»Guten Tag, Inspektor. Mr. Carmody wurde mitgeteilt, dass Sie hier sind; er wird in ein paar Minuten hier sein.« Sie lächelte Byrnes zu, als ob sie uns Übrige überhaupt nicht gesehen hätte.
»Guten Tag, Madam Carmody. Ich hoffe, er hat keine Schmerzen.«
»Seine Verbrennungen sind schlimm, aber …« Sie hob leicht die Schulter und lächelte ihn strahlend an, wie um anzudeuten, dass das Plauderstündchen nun beendet sei. Sie fächelte sich ein- zweimal Luft zu, und Byrnes, der zu überspielen versuchte, dass ihm kein Platz angeboten worden war, beugte sich über eine Marmorbüste von Marie Antoinette und inspizierte sie sehr interessiert.
Langsame Schritte waren von der Treppe in der Eingangshalle zu hören, dann auf dem Parkett des Flurs. Sie erreichten die offene Tür, und als ich mich umdrehte, verstummten sie, während der dick verbundene Mann den großen Teppich überquerte und auf eine Chaiselongue zuging. Weiße Verbände liefen über seine Stirn, bedeckten die Schläfen und beide Wangen und waren säuberlich um seinen Hals gewickelt. Aber die Nase und die Haut, die zwischen den Verbänden hervorsahen, waren so rot und geschwollen, so schrecklich verbrannt, dass die noch vorhandene dünne Haut kaum auszureichen schien, das dahinter pulsierende Blut zurückzuhalten. Sein Haar war vollständig verschwunden, richtiggehend abgebrannt, seine Schädeldecke war geschwollen und verkrustet. Die Augen waren entzündet, er blinzelte andauernd oder schloss sie ganz. Ein Arm hatte einen dicken Verband und hing in einer schwarzen Schlinge, die Fingerspitzen schauten geschwollen und aufgerissen daraus hervor.
Er lehnte sich zurück, als sei er sehr erschöpft. Er trug eine schwarze Hose mit feinen weißen Streifen und eine dunkelblaue Smokingjacke. Auf dem Klapptisch neben der Chaiselongue befanden sich ein Glas, ein Krug, eine offene Tablettenschachtel und ein Fieberthermometer. Eine Weile lag er schweigend da, die Augen waren geschlossen. Als er sie schließlich öffnete, sagte er: »Wie …«, und hustete schwer, röchelnd kam das Keuchen tief aus seiner Brust. Dann versuchte er es erneut, mit leiser Stimme, um einem neuerlichen Hustenanfall vorzubeugen, fast einem Flüstern. »Wie Sie sehen, bin ich stark verbrannt. Im Feuer gestern. Ich hatte Glück, mit dem Leben davongekommen zu sein.« Er atmete plötzlich tief ein, seine Hand fuhr zum Hals, als müsse er gleich wieder husten, aber dann schluckte er zweimal und konnte den Anfall unterdrücken. Regungslos, mit geschlossenen Augen lag er da. Dann öffnete er seine Augen, blickte zu Julia, blickte mich an und nickte mehrere Male
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