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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Wagen war etwa so schnell wie wir, doch hätten wir die ganze Strecke niemals in diesem Tempo durchhalten können. Außerdem kamen wir so sehr viel unauffälliger vorwärts. Ich zahlte den Fahrpreis, wir setzten uns, schauten aus dem Fenster und versuchten wieder zu Atem zu kommen. Niemand beachtete uns. Die Fahrgäste starrten durch die Fenster auf die ruhige Straße, durch die ich erst gestern mit Felix’ Kamera spaziert war. Die Leute husteten, gähnten, stiegen aus und ein. An der 44th und wieder an der 43rd Street blickte ich links auf die Grand Central Station, die genau da stand, wo sie auch später stehen sollte und wo ich sie schon unzählige Male gesehen hatte. Nur bestand diese hier aus roten Ziegeln und weißem Sandstein und war lediglich drei Stockwerke hoch.
    Die 42nd Street vor uns war belebter und lauter; wir hörten das laute Geklapper eisenbeschlagener Räder, zwei Polizisten standen auf der Straße und regelten den Verkehr. Einer war klein, der andere groß, beide aber besaßen sie weit vorstehende Bäuche, über die sich der blaue Stoff ihrer langen Uniformmäntel spannte. Unsere Gleise bogen nach rechts in die 42nd Street ein; der größere der Polizisten, der direkt neben den Gleisen stand, blickte zu unserem Wagen herüber, nahm dann seinen Helm ab und starrte hinein.
    Wir fuhren in der Kurve dicht an ihm vorbei. Als wir an ihm vorbeikamen, beugte ich mich über Julia hinweg, um sehen zu können, was sich in seinem Helm befand. Ich glaube nicht, dass ich jemals überraschter gewesen bin als in diesem Moment. Dort, aus der Tiefe des Helmes sah mich mein Gesicht an. Daneben war Julias Porträt – unsere Polizei-Fotos, die auf Pappkarton gezogen waren und in dem Helm steckten; und nun verstand ich, weshalb Byrnes’ Fotograf mit seinen Platten so schnell aus dem Raum gescheucht worden war. Von diesem Zeitpunkt an waren unsere Bilder blitzschnell vervielfältigt worden. Und während wir mit der Kutsche zu Carmody gefahren waren, während wir ihm, Byrnes und Thompson zugehört hatten, wurden diese Fotos an alle möglichen Polizisten in der Stadt verteilt  – die Weisung, nach uns Ausschau zu halten, war bereits ausgegangen, während wir noch in Gewahrsam waren .
    In diesem Augenblick blickte der Polizist an der 42nd Street von seinem Helm hoch. Eine Stunde lang oder länger hatte er alle Passagiere der Straßenbahnen mit den fotografierten Bildern verglichen; wahrscheinlich war für den Mann, der uns fand, eine Beförderung ausgesetzt. Zu spät erkannte ich das nun. Unsere Blicke trafen sich, und ich sah in seinem Gesicht, keinen Meter von mir entfernt, die Erregung, die folgte, als er uns erkannte, und – was mich erstaunte  – große Furcht. Was sie ihm darüber erzählt hatten, wie gefährlich wir seien, wusste ich nicht, doch ich hörte – wir waren nun eine Wagenlänge voraus – seine dringliche Stimme, während er sich umdrehte und dem anderen Polizisten etwas zurief. Dieser antwortete etwas, das ich nicht verstand, und beide rannten unserem Wagen hinterher.
    Sie waren etwa zwanzig Meter hinter uns und holten uns nicht ein, obwohl sie sich anstrengten, mit weit zurückgeworfenem Kopf, eine Hand auf dem hüpfenden Bauch. Eine Szene, wie ich sie schon in unzähligen alten Stummfilmkomödien gesehen hatte. Sie schrien nun nicht mehr; sie brauchten ihren ganzen Atem zum Laufen. Aber der kleinere holte seinen langen Schlagstock, der in einer Schlaufe des breiten Ledergürtels hing, hervor, hielt ihn über den Kopf erhoben und ließ ihn drohend kreisen; die Ähnlichkeit mit den Keystone Cops – sie trugen ebenfalls Schnurrbärte – war frappierend.
    Nur war dies alles andere als komisch. Sie waren vollkommen real, wenn sie uns erwischten, würden wir in Sing-Sing landen. Weder der Fahrer noch der Schaffner hatten sie gesehen, obwohl einige der Fahrgäste, ebenso wie Julia und ich, sich umgedreht hatten und ihnen beim Rennen zusahen. An der Grand Central Station würde der Wagen anhalten, und innerhalb von Sekunden würden sie zu uns aufgeschlossen haben. Ich glitt von meinem Sitz, zog Julia mit mir und ging, so ernst und unschuldig blickend, wie es mir nur möglich war, zum vorderen Teil des Wagens. Wir kamen am Schaffner vorbei, ich lächelte ihn an, dann traten wir auf die offene Plattform hinaus.
    Direkt vor der Grand Central Station, hoch über der Mitte der Straße, stand das kleine hölzerne Giebelgebäude der Hochbahnstation; von jeder Seite der 42nd Street führten Stufen zu

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