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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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witzig.«
    »Ich nehme an, mit Greyhound ist kein Bus gemeint.«
    »Ein Theaterstück. Von Wilson Mizner und noch einem anderen Autor. Lief im Knickerbocker Theatre, Broadway Ecke 38th. Ich habe alte Theateranzeigen überprüft.«
    »Und wer ist die Dove Lady?«
    »Weiß ich nicht.«
    Ich beugte mich zu Rube und wählte sorgsam meine Worte; ich wusste, dass er hart daran gearbeitet hatte. »Rube«, sagte ich ruhig, »was soll denn ich mit diesem Zeug anfangen? Ich gehe dorthin zurück, falls ich es schaffe …«
    »Sie schaffen es, ich weiß, dass Sie es schaffen.«
    »Ja, vielleicht. Ich gehe dorthin, gehe zu dieser Vorführung, wo er auch ist. So viel wissen wir. Aber wie soll ich ihn erkennen, Rube? Und das andere Zeug …«
    »Verdammt noch mal, Si, ich würde Ihnen seine Fotografie geben, wenn ich es könnte. In 3-D und Farbe. Plus seine Fingerabdrücke und einen Einführungsbrief. Das ist alles, was wir haben.«
    »Okay. Ich möchte Ihnen keine Kopfschmerzen bereiten, Rube.« Mit meinem Zeigefinger pickte ich in dem Bündel Briefe herum, das er pathetisch aufgeschichtet hatte. »Aber das hier ist nichts. Sie sagen uns nichts. Die Dove Lady. Irgendjemand in einer großen Menge erkennt sie. Die ganze Menge erkennt sie, oder? Und was sehen sie? Eine Lady in einem taubengrauen Kleid? Die mit ihren Armen schlägt und wie eine Taube gurrt? Oder eine Taube auf ihrem Kopf trägt? Und was ist das für ein Gebäude, das wie ein Schiff aussieht? Herrgott.«
    »Ja, Sie haben recht. Absolut recht. Angesichts der Fakten ist das aussichtslos. Alles, was wir wirklich wissen, ist die gottverdammte Nummer seiner Uhr!« Mit dem gekrümmten Zeigefinger klopfte er auf die Briefe. »Aber, Si, im Moment sind diese Dinge tot. Mit nichts mehr verbunden. Die Leute, die sie geschrieben und gelesen haben, sind schon lange gestorben. Die Gebäude, in die sie geschickt wurden, abgerissen. Der Postbeamte, der sie zustellte, und der Angestellte, der die Briefmarke verkaufte, tot. Wenn Sie das hier lesen, dann ist das, als starrten sie auf eine anonyme Fotografie aus dem neunzehnten Jahrhundert, die Sie in einem Trödelladen gefunden haben, und wundern sich über das Gesicht, das Sie unter dieser komischen Frisur anschaut. Zu fragen, wer sie war, ist eine hoffnungslose Angelegenheit, weil alle Freunde, Verwandten, alle Bekannten tot und verschwunden sind. Aber als dieses Gesicht lebendig war und in die Kamera lächelte, lebten auch ihre Freunde, Verwandten, ihre Nachbarn. Nur Sie können herausfinden, wer sie war, denn alle Verbindungen existieren. Denn« — er klopfte wieder auf die Briefe – »Sie und nur Sie können in die Zeit zurückgehen, in der diese Tinte noch feucht war. Die Leute lebendig, die Ereignisse geschahen, die Verbindungen vorhanden waren!«
    Ich nickte. »Okay, und wenn ich Z finde, was dann?«
    Rube schüttelte nur ratlos den Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie … bleiben bei ihm, nehme ich an. Versuchen vielleicht — ihn zu beschützen. Sie hängen sich an ihn und bringen ihn gesund zurück. Ich weiß es nicht, Si! Aber ich erzähle Ihnen etwas, was ich noch niemals jemandem in meinem Leben erzählt habe. Ich habe einmal einen Orden bekommen. Ich war als Junge in Vietnam. Ich trage ihn nicht und zeige ihn nicht her. Aber ich sage Ihnen, ich schätze ihn sehr. Ich bekam ihn, weil ich in einer ausweglosen Situation war und aus dem Instinkt heraus gehandelt habe. Und Erfolg hatte, auf die einzige Weise, auf der man in dieser Situation Erfolg haben konnte. Durch Glück. Reines Glück. Wenn wirklich etwas hoffnungslos ist, Si, dann ist Glück das Einzige, das bleibt. Denn Glück gibt es. Glück ereignet sich. Aber man muss ihm eine Chance geben.«
    »Stimmt das, Rube, das mit dem Orden?«
    »Nein, zum Teufel, nein. Ich war niemals in Vietnam. Aber es ist grundsätzlich richtig, und Sie wissen das! Ich hätte so gedacht und gehandelt. Genau so! Wenn ich jemals in dieser Situation gewesen wäre.«
    Ich nickte. Er hatte recht.
    »Ich weiß nicht, wie Sie im New York von 1912 oder irgendeiner anderen Zeit einen Mann finden wollen, den Sie nicht kennen und von dem Sie nicht wissen, wie er aussieht. Oder was Sie tun sollen, wenn Sie ihn gefunden haben. Aber Sie wissen, was auf dem Spiel steht. Also müssen Sie es versuchen. Geben Sie dem Glück eine Chance.«
    »Zurückgehen und auf das große Los hoffen.«
    »Ja.«
    »Ich habe also – zwei, drei Tage? In New York, 1912? Wenn ich es schaffe. Wenn. Schnell rein und wieder raus.

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