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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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der vielleicht einige Briefe von ihr besaß. Ein Brief von Alice Longworth ist etwas, das man aufhebt. Ein Fünftel der Leute meiner Liste erreichte ich. Einige von ihnen wussten nicht einmal, wer sie war.« Wir wechselten zum Gehweg der 5th Avenue neben dem Park über und gingen in Richtung 59th Street. »Eine langwierige Angelegenheit, die mich mürbe und gereizt machte. Eines Tages sagte ich zu jemandem am Telefon, ›Was! Sie haben niemals von Alice Longworth gehört! Ihr Leben ist eine gottverdammte Ödnis! Warum? Sie ist diejenige, über die dieses Lied geschrieben wurde!‹ Welches Lied? Natürlich wollte er das wissen, und ich sang es ihm vor.« Rube begann zu singen, leise, mit keiner schlechten Stimme, er traf die Töne richtig: »In her sweet lid-ull Al-liss blue gown!« Es war wirklich ein schönes altes Lied; ich kannte es, hatte aber nicht gewusst, dass sich der Text auf diese Alice bezog. Ich stimmte mit ein, und wir gingen die 5th entlang zum Plaza und sangen. Ich war ausgezeichneter Stimmung, als wir die kleine Bar neben der Lobby betraten und einen Tisch wählten. Ich war überzeugt davon, dass Rube keinerlei Absichten verfolgt hatte; er konnte hinterhältig sein, aber auch impulsiv: Er hatte ganz sicher spontan angefangen zu singen. Als die Bedienung dann allerdings kam, lächelte Rube sie an und sagte: »Zum Teufel, ich nehme einen Martini. Den ersten seit einer Million Jahren.« Und statt der Coke, die ich bestellen wollte, sagte ich, dass ich auch einen wolle. Später stieg in mir jedoch der Verdacht auf, dass Rube vielleicht die Möglichkeit erkannt hatte, mit ein wenig Alkohol der richtigen Entscheidung, die ich zu treffen hatte, nachzuhelfen.
    Es gab hier etwa zwanzig Tische, nur einer jedoch war besetzt – von zwei Japanern. Rube hatte den Tisch an der Wand genommen und den Stuhl, von dem aus er den ganzen Raum überblicken konnte.
    Während wir auf unsere Drinks warteten und noch immer gerührt an unseren kleinen Gesang dachten, sagte Rube: »Was bei meinen Bemühungen herauskam, sind einige Briefe von Alice Longworth, in denen Z erwähnt wird. Ich dachte, die Leute würden mir Fotokopien schicken« – er holte sie aus seinem Aktenkoffer – »aber sie schickten mir in beiden Fällen die Originale.«
    »Ist das ein feststehender Ausdruck – ›Alice Blue‹?«
    »Ich glaube schon. Auch in der Library of Congress ist sie darunter verzeichnet. Sie war ein wenig eingebildet darauf, dass eine Blume nach ihr benannt wurde.« Er packte zwei Fotokopien aus. »Die Library of Congress besitzt einiges von Alice Longworth in ihrer Roosevelt-Abteilung; aus dieser Quelle stammen auch die Nachrichten von Z an sie.« Rube wollte mir einen Brief reichen, in diesem Moment aber kamen unsere Drinks, und er wartete damit; er wollte nicht, dass sie Flecken bekamen. Wir nippten an unseren Getränken, dann zeigte ich auf die Briefe. »Und in ihnen ist immer nur von Z die Rede? Wird niemals sein voller Name genannt?« Rube, der noch immer seinen Drink in der Hand hielt, nickte. »Wie kommt das?«, fragte ich. »Alice wusste doch sicher, wer er war.«
    »Bestimmt. Er war ein Freund der Longworths, dennoch unterzeichnete er seine Mitteilungen mit einem ›Z‹, und sie adressierte die Ihren an ihn ebenfalls mit ›Z‹. Obwohl sein Name für niemanden ein Geheimnis war. Aber hier war ein Präsident, der sich mit Dingen befasste, die eigentlich Aufgabe des Kongresses waren – so wie es Präsidenten gerne tun. Doch die Zeiten damals waren noch viel lockerer, das war lange, bevor das CIA gegründet wurde; alles, was sie also zur Geheimhaltung taten, war, den Namen des Mannes nicht zu nennen. Wenn Taft sich einen Vermerk notierte, dann reichte es aus, wenn er ›Z‹ schrieb, falls wirklich jemand den Zettel zu Gesicht bekommen sollte. Und Z weist seine Freunde an: Nennt mich einfach Z! Alice schien das sehr zu gefallen, obwohl es albern war. Eine witzige Gesellschaft, diese junge Washingtoner High-Society.«
    Ich streckte meine Hand nach einem der Briefe aus; Rube gab mir ein blaues Blatt. Auch die Tinte war blau, in einer krakeligen, aber lesbaren Handschrift war er auf den 22. Februar 1912 datiert; er begann: Laurie, Liebling! »Sie können das alles hier überspringen«, sagte Rube. »Beginnen Sie unten.« Ich tat es und las: Und natürlich wird Z – wir sollen ihn einfach Z nennen – ist das nicht reizend? – sein Recht verlangen, und wir werden von nichts anderem als dem ›Two-a-Day‹ hören.

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