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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Abstand zwischen ihnen wurde strikt aufrechterhalten.
    Beim Weitertanzen setzte der Professor seinen Vortrag fort: »Der ›Turkey Trot‹ – wie er getanzt werden kann, wie er getanzt werden sollte; wer hätte etwas dagegen einzuwenden? Aber hier auf der 5th Avenue musste ich die Veränderungen beobachten, von denen ich gesprochen hatte. Anfangs tanzten die Partner ruhig und mit ausgestreckten Armen. Vier Stunden später, als die Tanzfläche gefüllt und die Tänzer in den Bann der Musik geschlagen waren …« Das schien das Stichwort zu sein, denn das Trio forcierte nun das Tempo und – so sagt man doch – spielte das Stück legato ; und in meinen Ohren klang es tatsächlich ein wenig unanständiger und lüsterner. »Dann tanzten die Partner enger und enger.« Das taten nun auch die Duryeas. »Und während sie sich über die Tanzfläche bewegen, wird aus dem Hüpfen mehr ein Gleiten.« Die erhobenen Arme senkten sich nun, während der Professor redete, und die anderen legten sich an die Hüften des Partners. »Somit lässt sich der ›Turkey Trot‹ kaum mehr« – beide duckten sich nun ein wenig, lösten die erhobenen Arme und legten sie ebenfalls an die Hüften – »von dem ›Shiver‹ unterscheiden!« Sie schüttelten die Schultern im Rhythmus von Oh, you Beautiful Doll; das Publikum wurde unruhig. Hinter mir seufzte eine Frau pathetisch, eine andere in unserer Reihe saß sehr aufrecht und gerade da und runzelte theatralisch die Stirn. Ein guter Teil des Publikums hinter uns aber gluckste nur.
    Über den herrlichen Rhythmus des Pianos, der klagenden Violine und der dudelnden Klarinette – ich hatte das Gefühl, die Musiker hatten ihren Spaß daran – rief Mrs. Israel aus: »Wie viele haben dies schon in einem Tanzsaal gesehen?« Die Hand des Jotta Girls flog hoch, und als ich mich umblickte, sah ich Dutzende von jüngeren Frauen, die ebenfalls ihre Hände hoben; nachsichtiges Lachen erfüllte den Raum. Das Publikum bestand vorwiegend aus jüngeren Frauen, die in ihren großen Hüten einfach bezaubernd aussahen; ich merkte, dass die jungen Ladys das nicht allzu ernst nahmen.
    Ich musste feststellen, dass sie wohl noch ein anderer Grund hier zusammengeführt hatte, als nur die Duryeas zu sehen. Der Raum war mit einem Mal von leisem Gemurmel erfüllt. Ich drehte mich um und entdeckte hinter mir im Saal einen jungen Mann und eine Frau. Irgendwie, ich weiß nicht, woran es lag, sahen sie anders aus als wir Übrigen. Sie standen da, ruhig, höflich und betrachteten aufmerksam die Tanzdarbietung der Duryeas, aber sie zogen dennoch das Interesse auf sich. Einen Augenblick lang vergaß ich, mich wieder nach vorne umzudrehen. Die Frau war auf eine sehr junge, unschuldige Art schön, trug ein langes rosafarbenes Kleid, das bis zu ihren von weißen Strümpfen bedeckten Knöcheln reichte, und einen weiten rosafarbenen Hut, der ihr Gesicht und hellbraunes Haar umrahmte. Der Mann hatte glänzendes schwarzes Haar, das nach hinten gekämmt war, sein Gesicht war ein schmales, Dreieck, aus dem muntere Augen blickten, und sein Anzug – nun, sein Anzug war kariert. Sie lächelte, er grinste, sie sahen glücklich aus, hier sein zu können, und ich wusste plötzlich – wie, weiß ich nicht, aber manchmal spürt man es einfach – dass sie Schauspieler waren, die sich hier ihre Bühne geschaffen hatten, und, nur indem sie dastanden, weit interessanter und lebendiger waren als das Publikum — man wollte nach hinten gehen, um sich zu ihnen zu gesellen. Die Leute zwangen sich, wieder nach vorne zu blicken, lächelten aufgeregt und flüsterten einander etwas zu. Schließlich aber waren es höfliche, wohlerzogene Menschen, die sich schnell wieder beruhigt hatten und ihre Aufmerksamkeit den offensichtlich letzten Tanzschritten der Duryeas zuwandten. Es waren nicht ganz die letzten. Als die letzten Noten – Oh … you … beautiful doll! – gespielt wurden, ›gab der Professor dem Pianisten ein Zeichen‹, wie die Times am nächsten Morgen berichtete – obwohl ich das Zeichen nicht bemerkte – und die ›Rhythmen des ,Gaby Glide‘ schwebten durch den Saal und rissen die Tänzer mit sich fort. Kaum unterdrücktes Lachen war zu hören‹ – das stimmte – ›und stillvergnügtes Kichern, als sie Wange an Wange tanzten und die Sinnlichkeit der Bewegungen sich steigerte.‹
    Sie beendeten den ›Gaby Glide‹, der sich für meine ignoranten Augen kaum von dem unterschied, was sie zuvor getanzt hatten. Dann

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