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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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aufnahmen — »dazu Mollakkorde, die, nehme ich an, besonders verführerisch klingen.« Der Pianist verlangsamte das Tempo, wechselte über zu Moll, und Al Jolson und Florence Cable pressten sich eng aneinander, Wange an Wange; ich warf einen Blick auf Mrs. Israel, die fasziniert zusah. »Und enger und enger«, sagte Jolson dann, zog sich dann plötzlich zurück und schnippte mit den Fingern. »Ich glaube … ich habe genug gesagt!« Dann flogen sie über die Tanzfläche, die Füße schnellten in wirbelnden Umdrehungen durch die Luft, und das Publikum geriet außer sich. ›Donnernder Applaus war ihnen beschieden‹, schrieb die Times, ›als er und Miss Cable zeigten, wie es richtig gemacht wurde.‹
    Dann war es vorbei, das Publikum tobte, und die beiden verbeugten sich glücklich; ich blickte zu den Duryeas —auch sie applaudierten, lächelten, wobei sein Lächeln – er war ganz angetan – echt war. Ihres dagegen wirkte ein wenig aufgesetzt. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, was andere Leute denken, dennoch überlegte ich mir, was der Professor dort oben in seinem Frack und seinem langen Haar in diesem Moment wohl fühlen mochte. Sein Gesicht war nicht alt, aber es war bereits zu erkennen, wie es aussehen würde, wenn er alt war. Jahrelang verlief für ihn alles in geordneten Bahnen, ging es mir durch den Kopf, während ich applaudierte; er hatte Generationen von Schülern den Walzer und den Two-Step gelehrt, und nun plötzlich, aus dem Nichts heraus, wie es ihm wahrscheinlich schien, standen diese noch Unbekannten vor ihm, die den größeren Applaus für die neue Art des Tanzens bekamen. Der Beifall ebbte ab, ich fragte mich, was mit den Duryeas nun geschehen mochte. Vielleicht hatten sie Geld gespart.

16
    Draußen auf dem Bürgersteig sah ich, dass das Jotta Girl eine Einladung zum Mittagessen erwartete; doch ich tat ihr den Gefallen nicht. Wollte nicht. Würde lächeln, nicken, mich verbeugen, etwas vortanzen, den Mond anheulen, aber kein Wort über ein Essen verlieren. Ich verabschiedete mich, drehte mich um und ging nach Westen, über die 44th Street, zum Broadway – ich war auf der Suche nach Tessie und Ted, und dazu musste ich alleine sein.
    Ich hatte sie beim Frühstück nicht in den Varieté-Anzeigen der Times und des Herald gefunden. Und dennoch wusste ich genau, dass das die berühmte Woche war, die niemals vergessen werden würde, die Woche, über die endlos gesprochen wurde, die Woche, in der Tessie und Ted am Broadway spielten. Vorbei am Algonquin Hotel, das bis auf das Schild noch genauso aussah: blau-weiße Schrift mit klaren Glühbirnen, die den Namen beleuchteten. Was waren jetzt wohl Robert Benchley und Dorothy Parker, vielleicht Teenager?

    Hier am Hippodrome (oben) – zwischen den Türmen ist das Algonquin zu sehen – ging ich in das Foyer und las die Plakate; viel los, aber nicht mit Tessie und Ted.
    Am Broadway, neben dem funkelnagelneuen Astor Hotel (rechts), stand ein kleines Theater mit einer Kuppel: Marie Dessler in Tillie’s Nightmare. Dann ging ich den ganzen Broadway hinunter, vor mir das Times -Building am Times Square (oben). Und betrat jedes Theaterfoyer, das ich sah, obwohl ich mir nicht immer ganz sicher war, was Theater und was Varieté war. Stand unvermittelt in einem von ihnen und hörte durch die geschlossenen Foyertüren die junge Stimme eines Douglas Fairbank (in A Gentleman of Leisure ), der von dem Teenager Mary Pickford noch nichts gehört hatte.

    Ich erreichte den Times Square; dort, wo das Pferd gerade heraustrabt (unten), ist die 7th Avenue, Hammersteins Victoria Theatre gegenüber an der Ecke. Das war wirklich ein Varieté, wie ich herausfand. Im Foyer las ich: siebzehn große Stars. William Rock & Maude Fulton in ihrer völlig neuen Satirical and Protean Musical Review mit ihrer Co. von zwölf … Walter C. Kelly, ›The Virginia fudge‹ … Arthur Dunn & Murray in ›Two Feet from Happiness‹ … Die drei Keatons, die Tumblebug Family mit einem Familienbild, in der Mitte ein lächelnder, sehr junger Buster. Siebzehn große Stars: Lane & O’Donnel, Comedy Skit … Van Hoven, the Dippy, Mad Musician … Palfrey, Barton and Brown (die einstürzende Anwaltskanzlei?). Aber Tessie und Ted? Nichts.

    Also zog ich weiter, rein und raus aus den Theatern an der West 42nd Street, Theatern wie diesen hier … Sprach mit einem Theatermanager (dem kleinen Fetten). Nichts.

    Dann zum Broadway, zu den großen, berühmten Theatern: das New Amsterdam, das

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