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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Polizisten nickten Frank zu, der uns beide beim Arm packte und sagte, wir seien alle Assistenten, und uns mitnahm. Ich wusste nicht, ob Roy Knabenshue wirklich auf Coffyn gewartet hatte, aber er begrüßte uns, schlug ein Stück Zeltplane zurück und hielt sie auf, während wir in das durch die Leinwand gefilterte braune Licht eintraten; ich hatte nicht die geringste Vorstellung, was uns erwarten würde.
    Es stellte sich als ein Ballon heraus, der fast das gesamte Zelt ausfüllte, ein langer, zylindrisch geformter Ballon, dessen abgerundete Enden sich hoch über unseren Köpfen erhoben und dessen Seiten beinahe die Zeltwände berührten: es war, als stünde man mit einem Elefanten in einem Schrank. Das Ding reichte bis an die Zeltdecke und war, wie ich am nächsten Tag aus der Times erfuhr, an der dicksten Stelle sechs Meter hoch und achtzehn Meter sechzig lang. Das Zelt schien nun voller Männer zu sein, keine Frauen — auch das Jotta Girl war draußen geblieben.
    Ich konnte nun, nachdem ich mich an das Licht gewöhnt hatte, das Ding besser erkennen. Der Ballon hing über uns und war mit einem Netz umspannt, von dem Leinen zu einem zerbrechlich wirkenden Unterbau gingen. Die Basis bildeten zwei schmale Kufen, über denen lange Sandsäcke lagen, um es auf dem Boden zu halten. Jemand, vielleicht Knabenshue selbst, rief »Okay«, und die Männer im Zelt begaben sich entlang des Unterbaus auf ihre Positionen. Auch Frank und ich traten zu ihnen. Jemand auf der anderen Seite rief etwas, und jeder auf meiner Seite griff sich eine Leine und begann die Sandsäcke von den Kufen zu stoßen; ich spürte den starken Auftrieb des Ballons.
    Wir führten ihn nach draußen. Polizisten winkten die Leute zur Seite, die sich nun am Zauneingang drängten und einen Blick zu erhaschen versuchten, und Kinder sprangen hoch, um über die Schultern der Erwachsenen zu sehen. Männer kamen mit Sandsäcken aus dem Zelt und warfen sie wieder auf die Kufen, um das Ding am Boden zu halten.
    Frank und ich traten nun zurück und blickten zum Ballon hoch; das Jotta Girl war zu uns herangetreten. Es überraschte mich, dass der Ballon gelb war, ein helles kräftiges Gelb, das sich über uns vom Blau des Himmels abhob. »Sieht aus wie ein Wal«, murmelte das Jotta Girl, Frank nickte und fügte hinzu, »ohne Schwanz.« So war es: Das riesige Ding hing hier über uns, oben mit stumpfer Schnauze, die sich zu den Schultern hin weitete, um dann zu einem schwanzlosen Ende wieder zusammenzulaufen. Der Unterbau bestand aus Aluminium, wie ich nun erkannte. Darin war ein kleiner Benzinmotor untergebracht, der durch einen Riemen mit einem vierblättrigen Propeller verbunden war. Wobei, wie ich nun sah, die Propellerblätter wahrhaftig mit Stoff überzogen waren — aluminiumfarbener Stoff — oder vielleicht Leder, das straff über den Holzrahmen der Blätter gespannt war. Am Heck ein großes Ruder mit zwei horizontalen Stabilisatoren. Und dazwischen, auf den Kufen befestigt, der Sitz, der in Form und Größe einem Fahrradsattel glich, nur waren die Seiten wie bei einem Traktorsitz nach oben gebogen.
    Und das war es dann; keine Gurte, kein Fallschirm, nur ein Sitz, und nun will ich verdammt sein, wenn sich nicht Roy Knabenshue – mit einem Lächeln im Gesicht, wegen des Spaßes, den das alles machte – auf dem kleinen Sitz niederließ und seine Füße auf die drei Zentimeter breiten Kufen stellte. Die Reporter drängten sich mit gezückten Notizblöcken und Stiften um ihn, wir wurden etwas zur Seite gedrängt. Einer stellte die Frage, ob es denn nicht gefährlich sei, mit dem Ding zu fliegen. Knabenshue, der so ungerührt aussah, als befände er sich auf einem Fahrrad, war amüsiert und erstaunt über die Frage.
    »Nein«, sagte er, »wenn man erst einmal das anfängliche, erregende Gefühl überwunden hat, dann verschwindet das Bewusstsein für die Gefahr völlig.« So wie er es sagte, schien es, als hätte er diese Antwort schon oft gegeben. »Es wird zur Gewohnheit«, sagte er, die Reporter schrieben fleißig mit, »dreihundert Meter über der Erde zu schweben, so wie es für den Normalbürger Gewohnheit ist, auf ihr herumzulaufen. Der Bau eines Luftschiffs – nun, ich nenne es lieber einen ›lenkbaren Ballon‹ – ist so einfach, wie ihn anschließend selbst zu steuern, wenn man sich erst einmal« – er sprach wirklich so – »die Existenz gewisser Naturgesetze vergegenwärtigt hat, denen man sich zu unterwerfen hat.«
    Das schien allen völlig

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