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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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englische Fünfpfundnoten?«
    »Selbstverständlich, ausgezeichnet.«
    Ich hatte in der Innentasche meines Mantels ein drei Zentimeter dickes Bündel dieser seltsamen englischen Fünfpfundnoten, die nur auf einer Seite des weißen Papiers bedruckt und jeweils so groß wie eine Hundedecke waren. Plötzlich war es still um mich herum, alle schauten gespannt zu, wie ich hundertzehn Pfund abzählte. Der Angestellte nahm sie und legte sie – ich bewunderte ihn sehr dafür – ohne Nachzählen in seine Schublade zu dem restlichen Geld. Er reichte mir mein Ticket. »Gute Reise, Sor.« Ich dankte ihm und ging, begleitet von den Blicken der anderen.
    Gegen Mittag wanderte ich mit meinem Koffer zum Scott’s Quay, stellte ihn ab und beobachtete zusammen mit ein paar irischen Emigranten die ferne Hafeneinfahrt. Ich hatte nun wieder meine Kamera dabei und machte, ohne es eigentlich zu wollen, diese Aufnahme hier. Da lag die Titanic und wartete auf uns; aus ihren Schornsteinen traten träge Rauchwölkchen. Sie lag da in all ihrer Arroganz, meine Feindin und unser aller Feindin, unter deren Rumpf ich schon gestanden hatte, um unverrichteter Dinge umzukehren. Sie wusste es, und auch, dass ich es wusste, ich ganz allein. Ich sah hinaus zu der großen schwarzen, rauchenden Silhouette und hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Wissen anfangen sollte – das Wissen über das, was dort – weit hinter dem Horizont – auf uns alle wartete.

    Hier verließen wir Scott’s Quay, dicht gedrängt standen wir auf dem Deck des Begleitschiffs America, das vollbepackt war mit Post für die Staaten (s. rechts). Aufgeregte Stimmen und Lachen, nur ein junges Mädchen war still und kreidebleich. Als wir durch die Bucht auf das Schiff zufuhren, wurde es immer größer und die Gespräche immer leiser. Unsere Fahrt über das ruhige Wasser dauerte etwa eine halbe Stunde. Langsam wurden Details der großen Silhouette deutlich: eine dünne goldene Linie am oberen Rand des Rumpfes … Unregelmäßigkeiten auf der schwarzen Oberfläche wurden zu Nietenreihen. Ich hatte zwar einen Passagier mit Kilt beim Einsteigen in den Tender wahrgenommen, doch erst jetzt seinen Dudelsack, als er, den Blick auf das Schiff gerichtet, begann, darauf zu spielen. Eine traurige Melodie, eine junge Frau mit einem Tuch um die Schultern murmelte ehrfürchtig: »Erin’s Lament«. Glücklicherweise stand ich nicht zu nahe bei ihm – wenn man eine Dudelsack-Melodie gehört hat, hat man alle gehört – , die Menge aber lauschte schweigend und voll Hochachtung. Als er aufgehört hatte, füllte das riesige Schiff bereits unser Blickfeld aus, und die Motorvibrationen unseres Begleitschiffs verebbten langsam. Ich sah hinauf zu den großen weißen Buchstaben, die hoch oben den Namen Titanic bildeten.

29

    Wir lagen neben ihr, schaukelten auf dem Wasser, Männer in einer Frachtluke an der Backbordseite zogen uns mit Bootshaken heran, und ich machte diesen Schnappschuss. Captain Smith selbst stand dort oben und schaute zu, wie wir an Bord gingen. Eine Gangway wurde herausgelassen, und wir stiegen nach oben, in die dunkle Ladeluke.
    Drinnen trennten wir uns für immer; die anderen wurden von uniformierten Besatzungsmitgliedern nach links gewiesen, nur mich mit meinem dunkelgrünen Ticket winkte man höflich zu einer Treppe. Den Fuß auf der ersten Stahlstufe, hielt ich einen Moment inne und sah ratlos den anderen nach, die sich plaudernd entfernten, um bald zu ertrinken, falls … falls was?
    Durch das Schiff stieg ich nun nach oben, immer weiter, hoch zu meinem Deck – ich wusste weder, wo die Aufzüge waren, noch, ob sie schon so weit unten begannen. Die Ausstattung der Stufen veränderte sich, aus blankem Stahl wurden mit Teppichen belegte Holztreppen; sie wurden breiter, die Verzierung des Geländers nahm mit jedem Deck zu, die hölzernen Geländersäulen waren bald voller Schnitzereien. Ein neues Deck, und nun bestanden die Säulen am Absatz zur nächsten Treppenflucht aus Bronzefiguren, die Lampen trugen; ich sah buntes Glas, Bilder in üppigen Rahmen und über der Treppe eine geschwungene Decke aus farbigem Glas, das die Stufen und verzierten Säulen mit buntem Licht überflutete. Die Publikumsräume, Lounges und Lobbies, durch die ich jetzt kam, waren noch verschwenderischer ausgestattet als die hinter mir liegenden, ich begegnete nun modebewussten schönen Frauen, ihre Männer rauchten Zigarren und trugen Anzüge, Westen, Uhrketten, steife weiße Kragen, manche

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