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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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er sich nun wieder bewegen könne. Ich versuchte es – und er tat, was ich wollte. In einem weiteren Test überzeugte ich mich davon, dass ich meine eigene Adresse vergessen hätte und solange in Trance bleiben würde, bis Kate mich anspräche. Ich saß da, versuchte mich an meine Anschrift zu erinnern und konnte es nicht mehr; es war faszinierend und beängstigend zugleich. Ich sah zu Kate hinüber, die Martins Notizen durchlas, in dem Moment sah sie hoch, lächelte und sagte: »Na, Glück gehabt?« Und ich wusste meine Adresse, als ob nichts geschehen sei, und spürte, dass ich den Trancezustand verlassen hatte.
    »Ja, endlich«, sagte ich. Dann verbrachten wir eine Stunde mit dem Studium von Geld; Münzen aus den Sechzigern, Siebzigern und frühen Achtzigern, darunter Goldstücke; große alte Banknoten, die von Lokalbanken herausgegeben worden waren, mit eigenen Motiven und von den Bankpräsidenten noch persönlich signiert. Am meisten aber gefielen mir Schatzanweisungen, die nicht in Silbergeld, sondern in Gold einzulösen waren und deren Rückseiten mit orangefarbener Tinte bedruckt waren, die den Eindruck von Gold hervorrufen sollte.
    Hin und wieder taten Kate und ich auch andere Dinge: Wir fuhren am Wochenende fort, machten Spaziergänge, trafen uns hin und wieder mit Freunden. An einem Abend – Kate und ich waren, wie mir schien, zu viel zusammen gewesen, und ich vermute, sie hatte dasselbe Gefühl – rief ich Matt Flax an, erhielt aber keine Antwort. Kate wollte noch bügeln oder ihre Haare waschen, irgendetwas dieser Art, und dann früh schlafen gehen. Aber ich verspürte eine tiefe Unruhe in mir. Also rief ich Lennie an, dann Vince Mandel, der auch in der Stadt wohnte, erreichte aber niemanden. Ich blieb zu Hause und wollte lesen, um für einen Abend von dem Projekt abschalten zu können. Ich saß also im Wohnzimmer und las in einer einbändigen Gesamtausgabe von Sherlock Holmes, zu der ich immer dann greife, wenn ich nichts anderes mehr zu lesen habe. Auf Dr. Danzigers Bitte hin hatte ich die Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften und modernen Romanen eingestellt; ich hatte die Stecker von Radio- und Fernsehapparat herausgezogen, was mir nicht sonderlich schwergefallen war.
    Im Projekt verbrachte ich, auf den Knien eine Schreibunterlage, die Tage damit, Martin zuzuhören. Und an einem Nachmittag probierte ich das Essen jener Zeit. Auf Martins Bitte hin hatte ich das Mittagessen ausfallen lassen und saß nun in der leeren Cafeteria. Nur Dr. Rossoff, der fette Koch und ich waren da. Der Koch trug einen Teller mit gekochtem Hammelfleisch, Kartoffeln und roter Bete auf; Rossoff saß mir gegenüber, der Koch stand am Tisch, beide betrachteten mich und lächelten mir aufmunternd zu. Ich nahm ein wenig von allem, kostete es und starrte wie ein Weinkenner in die Ferne. Hammelfleisch hatte ich niemals zuvor gegessen und wusste daher nicht, was auf mich zukommen würde; es schien in Ordnung zu sein. Die Kartoffeln und die rote Bete schmeckten – nur nicht ganz so, wie sie sollten. Ich kaute, versuchte den Unterschied herauszufinden, und sehr bald sagte Rossoff: »Nun?« Ich schluckte und sagte: »Sie sind besser, intensiver. Sie haben mehr Geschmack, als sie sonst haben.«
    Beide grinsten, und Rossoff sagte: »Gemüse wurde in den Achtzigern ohne chemische Düngemittel, Insektizide oder spezielle Vorbehandlung angebaut. Es gab auch keine Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel.« Und der Koch fügte hinzu: »Außerdem wurden sie in chlorfreiem Wasser gekocht.«
    Ich aß eine Süßspeise, die aus einer besonderen, mir unbekannten Art von Zucker gemacht war; es schmeckte eigentlich ganz normal. Dann folgte ein kleines Longhorn-Steak, das fester und anders im Geschmack war als die sonst gewohnten, danach gab es wunderbare Eiscreme aus unpasteurisierter Milch und einen Schluck eigens für mich destillierten Whiskey; er war rau, scharf und sehr stark.
    Und dann eines Abends machte ich mir zu Hause das Abendessen, spülte das Geschirr und entfernte aus dem Kühlschrank, was nicht in Dosen oder Flaschen verpackt und haltbar war. Dann setzte ich mich an meinen Tisch im Wohnzimmer und schrieb jedem, der mich kannte und sich vielleicht Sorgen machen würde, einen Brief oder eine Postkarte.
    Die Arbeit laufe nicht besonders gut in New York, schrieb ich, und es sei der 4. Januar, ein neues Jahr habe begonnen, also hätte ich spontan einen Kombi gekauft, ihn bepackt und würde morgen früh die Stadt verlassen, bevor ich

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