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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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gelegt, da war ich auch schon eingeschlafen.

8
    »Erzählen Sie es uns noch einmal«, sagte Rube. »Erinnern Sie sich, verdammt noch mal!« Aus seiner Stimme sprachen Wut und Enttäuschung. »Gibt es nicht noch etwas über den Schlitten zu berichten, irgendeine Kleinigkeit? Sagten sie vielleicht irgendetwas zueinander?«
    »Sachte, Rube, sachte«, murmelte Dr. Danziger. Er, Rube und Oscar Rossoff, der nun wieder seine gewohnte Kleidung trug, saßen in meinem Dakota-Wohnzimmer, jeder war mit einer Tasse Kaffee versorgt. Oscar rauchte eine Zigarette; ich hatte ihn noch niemals zuvor rauchen gesehen. Nach einigen Zigaretten fragte ihn Danziger, ob er auch eine haben könnte, und nun rauchte auch er.
    Ich saß in Hemdsärmeln da, trug Hausschuhe, nippte an meinem Kaffee und zwang mich dazu, mir jede noch so unscheinbare Kleinigkeit des Spaziergangs wieder in Erinnerung zu rufen; ich ging die Bilder in meinem Kopf durch und suchte nach neuen Details. Dann schüttelte ich wieder den Kopf. »Es war nur … ein Schlitten. Es tut mir leid. Und sie sprachen nicht miteinander. Sie lachte, als sie vorbei waren, aber wenn er etwas zu ihr gesagt haben sollte, dann habe ich es nicht gehört.«
    »Okay, und was ist mit den Straßenlaternen?«, fragte Oscar gereizt. »Waren es Gaslaternen oder elektrische? Das dürfte doch nicht so schwierig zu sagen sein.«
    Gereiztheit steckt an, und ich sagte: »Oscar, ich habe genauso wenig auf die Straßenlaternen geachtet wie Sie das tun, wenn Sie abends ausgehen.«
    »Und Sie haben sonst niemanden gesehen?«, drang Rube weiter auf mich ein. »Nichts sonst? Nichts gehört? Sie haben überhaupt nichts gehört, irgendetwas?«
    Ich fand es selbst furchtbar – ich fühlte mich auf irgendeine Weise schuldig, so, als ob es mein Fehler sei –, aber nach einigen Sekunden, in denen ich versuchte, mich an andere Dinge zu erinnern als die, die ich ihnen sowieso bereits erzählt hatte, musste ich wieder den Kopf schütteln. »Es war vollkommen still, Rube; überall lag Schnee, sonst war niemand auf der Straße.«
    Sein Mund verzog sich vor Verärgerung, aber er presste die Lippen aufeinander. Dann zwang er sich, mir zuzulächeln, um zu zeigen, dass es nichts mit mir zu tun hatte. Aber er musste seinem Zorn körperlich Ausdruck verleihen; er stand auf, die Hände in den hinteren Taschen seiner Militärhose, und ging im Zimmer auf und ab. »Verdammt. Verdammt noch mal! Es könnte 1882 gewesen sein, vielleicht! Oder gestern. Jemand hatte den alten Schlitten seines Großvaters herausgeholt, die Ampeln waren wegen des Sturms abgeschaltet.« Rube drehte sich Rossoff zu, hob hilflos die Hände und lachte freudlos. »Einfach lächerlich! Er könnte es geschafft haben! Vielleicht hat er es geschafft! Und wir wissen es nicht – Herrgott!« Er ging zu seinem Sessel, ließ sich hineinfallen und hob die Kaffeetasse vom Boden.
    Mit leiser Stimme, die den Grad unserer Gereiztheit etwas verringerte, sagte Danziger geduldig: »Sie kamen nach dem Spaziergang hier herauf? Und haben niemanden getroffen?«
    »Genau.« Ich nickte.
    »Dann betraten Sie das Wohnzimmer, gingen zum Fenster und schauten auf den Park hinunter.«
    »So ist es.« Ich nickte, starrte ihn an und hoffte, dass er etwas finden würde, von dem ich nicht wusste, dass es da war.
    »Und Sie sahen – nichts?«
    »Nein.« Ich lehnte mich in den Stuhl zurück und fühlte mich plötzlich deprimiert. »Es tut mir leid, Dr. Danziger, schrecklich leid. Aber für mich war es letzte Nacht ganz sicher 1882. Zumindest in meiner Vorstellung. Diese Tatsache hatte für mich nichts Außergewöhnliches, also habe ich nicht weiter darauf geachtet …«
    »Ich verstehe.« Er nickte einige Male und lächelte mir zu; dann wandte er sich an die anderen und zuckte mit den Schultern. »Nun, das war’s. Wir werden einfach auf eine andere Gelegenheit warten und es noch einmal versuchen müssen. Mehr können wir nicht tun.«
    Sie nickten, und wir saßen schweigend da. Dr. Danziger sah auf die angezündete Zigarette in seiner Hand, verzog das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus; ich wusste, dass er wieder einmal zu rauchen aufgehört hatte. Nach einer kleinen Weile sagte Rossoff: »Si, gehen Sie hinüber zum Fenster und treten Sie so wie letzte Nacht auf den Balkon hinaus.« Ich ging zur Balkontür, öffnete sie, trat hinaus und drehte mich fragend zu Rossoff um; ich war dies alles leid, fühlte mich jedoch verpflichtet, so

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