Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitstop 1704

Zeitstop 1704

Titel: Zeitstop 1704 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
Vom Netzwerk:
dieser Straßen wagen. Jeder zweite, der sich hier herumtrieb, war ein potentieller Verbrecher – wenn er ein mögliches Opfer erblickte. Das wenigste war, daß man sie alle hundert Schritt belästigte. Als erstes würde man ihr die teure Kleidung abnehmen. Irgend jemand würde dafür schon Geld bezahlen, auch wenn es nur wenig war. Was man ihr selbst antun würde, hing davon ab, ob sich ganz in der Nähe ein Versteck befand, in das man sie schleppen konnte, und auch, wie viele Reiter gerade zufällig auf ihrem Morgenritt vorbeikamen. All die Warnungen vor den Straßen Londons, die ihr zu Ohren gekommen waren, drängten sich in ihre Erinnerung. Und so murmelte sie unwillkürlich: »Nein, mein liebes, wundervolles kleines Schiff, ich verlasse dich nicht. Ich würde lieber …« Die Worte erstarben ihr auf der Zunge.
    »Großer Gott!« rief sie erschrocken. Sie stand auf dem Kai, gut ein Dutzend Schritt von seinem Rand entfernt. Und das Boot schnitt lautlos durch das Wasser. Die Tränen, die ihr in die Augen stiegen, verhinderten, daß sie ihm nachsehen konnte. Bis sie sie abgewischt und sich gegen das entsetzliche Gefühl des schrecklichen Verlusts und der Verlassenheit gewappnet hatte, war zwischen den zahlreichen größeren Schiffen im Fluß von dem Boot nichts mehr zu sehen.
    Zuerst war sie mehr verwirrt als verängstigt. Denn – wie war sie von Bord gelangt? Sie hatte von Ähnlichem gehört: von Menschen, die etwas taten, ohne sich dessen bewußt zu werden oder sich später daran zu erinnern. Aber es war das erstemal, daß ihr so etwas widerfuhr.
    Ein Summen unterbrach ihre verworrenen Überlegungen. Sie sprang erschrocken zur Seite und fiel fast. Wild schaute sie sich um. Der Kai und was sie von Böschung und Straße sehen konnte, waren noch menschenleer. Sie atmete schwer, und so dauerte es mehrere Sekunden, bis ihr bewußt wurde, daß das Summen immer noch anhielt und ganz nah war, fast in ihrem Ohr. Plötzlich wurde ihr klar, wovon es verursacht wurde: es kam aus dem Stab!
    Während sie danach fummelte, dachte sie: Wer hätte gedacht, daß das merkwürdige Ding sich auf zweierlei Art bemerkbar machen kann. Als sie den schönen glatten Stab, der ungefähr fünfzehn Zentimeter lang und aus Metall war, in der Hand hielt, hörte das Summen auf. Er blieb aber nur solange stumm, wie ihre Finger ihn umklammerten.
    Schließlich tröstete der Gedanke sie, daß dieser Störenfried vielleicht eine Waffe, ihre einzige, abgeben könnte. Etwas beruhigter stieg sie die Stufen zu der Straße hoch, geradewegs ins Blickfeld einer Vogelscheuche von altem Mann. Er befand sich etwa fünfzehn Meter von ihr entfernt auf der ansonsten menschenleeren Straße. Offenbar hatte er die Bewegung aus dem Augenwinkel bemerkt, denn er drehte sich sofort um und starrte sie an, dann drang ein aufgeregtes Krächzen aus seiner Kehle. Und schon rannte er mit unsicheren Schritten auf sie zu.
    Patricia behielt den Kopf und rannte quer über die Uferstraße zu einer in der Nähe einmündenden, breiteren Straße. An der Ecke wuchs ein Strauch. Als sie um ihn herumeilte, sah sie in der Nähe einen jungen Mann stehen. Er hatte boshafte blaue Augen und widmete ihr erfreut ein zahnlückiges Lächeln, ehe er auf sie zustürmte.
    Sie konnte weder vor noch zurück. Der junge Mann versperrte ihr den weiteren Weg, und hinter ihr erklärte die Vogelscheuche mit lautstarkem, spuckendem Krächzen in etwa, daß sie ihm gehörte. Der schlechtgekleidete junge Mann nahm sich Zeit für eine bissige Erwiderung und stürzte weiter auf sie zu.
    Was als nächstes geschah, ist nicht so leicht zu verstehen. Aber jedenfalls blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen, und ein Ausdruck des Entsetzens verzerrte sein unrasiertes Gesicht. Sein Kinn sackte hinab, seine blauen Augen wirkten glasig, und er zitterte am ganzen Leib. Dann stieß er einen grauenvollen Schrei aus und fiel, sich wie vor Schmerzen windend, auf den Boden.
    Patricia war bereits hundert Schritt an ihm vorbei, als ihr bewußt wurde, daß der Stab während des merkwürdigen Anfalls des Burschen in ihrer Hand stark vibriert hatte. Und er vibrierte auf ähnliche Weise noch siebenundzwanzigmal, als weitere Männer verschiedensten Alters und nicht gerade feiner Kleidung sie belästigen wollten. Nach dem dritten Mal rannte sie nicht mehr. Sie hatte sich mit dem Unglaublichen abgefunden. Der Stab hat mich gezwungen, ihn mitzunehmen, dachte sie. Ich werde immer noch beschützt …
    Das Boot, das Patricia über den

Weitere Kostenlose Bücher