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Zeitstop 1704

Zeitstop 1704

Titel: Zeitstop 1704 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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Schiff verbringen, und danach, früh am Morgen des nächsten Tages, mit unbekanntem Ziel die Orinda für immer zu verlassen.
    Als es dunkel geworden war, lud Fletcher Shradd zum Abendessen in einem nahen Gasthaus ein. Die beiden Männer setzten sich in eine Nische und sahen während des Essens zwei recht hübschen Mädchen zu, die auf einer kleinen Bühne sangen und tanzten. Für zwei Shilling für jede erklärten sie sich für später am Abend, nach ihrer Vorstellung, zu einem Stelldichein einverstanden. 1704 war eine Zeit, die kein Erbarmen mit Frauen ohne geregeltes Einkommen hatte. Die Armut würde die beiden zwingen, das Rendezvous einzuhalten. So blieben Fletcher und Shradd sitzen, unterhielten sich und tranken, in Fletchers Fall vielleicht ein bißchen zu viel, denn er begann etwas zu offen über seine Vergangenheit zu sprechen.
    »Mein Fehler«, sagte er, »war, daß ich mich vom freien Wettbewerb und dem Liberalismus der Whigs angezogen fühlte. Und so bezeichnete man mich einen Überläufer. Mit fragwürdigen Methoden, die jedoch trotzdem legal waren, beschlagnahmte man mein Vermögen. Als das geschah, erfüllte mich solcher Haß, daß ich bereit war, selbst zu morden. Ich beschloß zuzuschlagen und alles zu tun, bis ich für das, was man mir geraubt hatte, entschädigt war.«
    »Wenn ich Sie recht verstehe, Sir«, sagte Shradd, »waren Sie ein Tory, der zum Whig wurde. Ich würde sagen, in diesem Fall können Sie von Glück reden, daß Sie nicht gehenkt und gevierteilt wurden, denn das ist das Schicksal, mit dem bedauerliche geschäftstüchtige Whigs auch heute noch rechnen müssen, wenn man sie des Versuchs bezichtigt, die perfekte Welt zu zerstören, die die Weisheit und Großzügigkeit der Tories geschaffen hat.«
    »Ja, ich hatte wirklich Glück«, pflichtete Fletcher ihm rasch bei. »Ein Freund an hoher Stelle warnte mich, und so setzte ich mich in der gleichen Nacht ab, in der ich verhaftet werden sollte.«
    Später, als die Mädchen gekommen und gegangen waren und er allein an Deck war, fragte sich Fletcher, ob die berechnende Anbiederung an Shradd ihm das einbringen würde, wofür er bezahlt hatte. Er wollte, daß die Orinda noch hier war, wenn er zurückkam – das war natürlich nur für den Fall, daß irgend etwas schiefging oder sich ungünstige Entwicklungen ergaben.
    Doch wenn es dazu kommen sollte, was würde er tun, um sein Kommando zurückzuerlangen? Nun, das war ein Problem, mit dem er fertig werden mußte, wenn es soweit war.
    Ich müßte schlafen, sagte er sich. Doch da wurde ihm ein anderes Problem wieder bewußt. Als Engländer empfand er über allem ein Gefühl der Loyalität für England, und damit drängte ihn erneut etwas, vor dem lantellanischen Schlachtschiff zu warnen.
    Aber wen warnen? Dumme Frage, dachte er ironisch. Jetzt, da er erkannte, was ihn viele Wochen schon quälte, spürte er, daß eine Veränderung in ihm vorging. Im gleichen Moment lenkte ein ferner, greller Schein seine Aufmerksamkeit auf sich. Er kam zusehends näher und schien den ganzen Himmel auszufüllen. Er ging von einem Schiff aus, das die Themse hoch kam.
    Ein riesiges Schiff! Schock erfüllte ihn. Es war das lantellanische Schlachtschiff! Aber wie konnte das möglich sein? Der Fluß war doch gar nicht tief genug dafür! Und da waren doch auch all die Brücken! Schaudernd stellte er sich vor, wie es die majestätische Londonbrücke niederriß, wie es ein tieferes Flußbett aushob und neue Ufer schuf.
    Unwillkürlich war Fletcher von der Reling zurückgewichen. Sie können jederzeit feststellen, wo wir uns aufhalten, dachte er. Sie haben uns markiert. Sie werden jemanden schicken …
    Er hastete leise in seine Kabine, um niemanden zu wecken, und griff nach seiner bereits gepackten ledernen Reisetasche, dann rannte er vom Schiff. Er lief in seiner Angst, so schnell er konnte, doch viel zu langsam, wie ihm vorkam.

 
13.
     
    Fletcher hastete eine geheime Hintertreppe der Residenz der englischen Königin und ihres Prinzgemahls im Jahre 1704 hoch. Doch dann blieb er abrupt stehen. Bis jetzt hatte ihn etwas dazu gedrängt, hierherzukommen, doch nun brauchte er einen weiteren geistigen Anstoß, um seinen Plan auch durchzuführen. Er war nicht nur wegen seiner Loyalität England gegenüber hierhergekommen, um zu erzählen, was er wußte, sondern weil er diesen Menschen etwas schuldete. Und diese Schuld wollte er nun in vergleichbarer Münze bezahlen.
    Während er überlegend stillstand, hörte er gedämpfte

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