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Zeitstop 1704

Zeitstop 1704

Titel: Zeitstop 1704 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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als unglaubhaft erscheinen zu lassen.
    Er bemerkte, daß die Königin zu weinen aufgehört hatte. Sie schaute ihn durchdringend an. Ohne sich von ihm abzuwenden, sagte sie: »Georg, wir wissen doch, daß er früher Italienisch nicht beherrschte. Kann er es jetzt? Wenn ja, würde es doch etwas klarstellen.«
    »Sprichst du Italienisch?« fragte der Prinzgemahl geradeheraus.
    Darüber hatte Fletcher sich bisher noch keine Gedanken gemacht, aber er versuchte es, und die Worte flossen fehlerfrei über seine Lippen. »Hört mir zu«, sagte er auf Italienisch, »ich muß noch einiges sagen. Nach dem, was ich gesehen habe, schließe ich, daß die Zukunft geändert werden kann. Dieses Schiff verfügt über eine gewaltige Wissenschaft – und ein anderes ebenfalls. Wenn wir nur die Möglichkeit hätten, sie für uns zu nutzen! Wir würden gewiß auch eine Heilmethode für Georgs Krankheit finden. Und dein Leiden entstand lediglich aus deinem Kummer über seinen Tod. Ihr seht das doch auch als Teil eures Einblicks in die Zukunft, nicht wahr?«
    Ehe sie antworten konnten, schwang die Tür von der Treppe auf, durch die er erst vor kurzem gekommen war, und mehrere gutgekleidete Männer traten ein. Fletcher bemerkte nur ein Durcheinander von Gesichtern und Bewegungen. Die Neuankömmlinge schienen ihm alle fremd zu sein. In den schrecklichen vier Jahren, in denen er durch die Hölle gegangen war, hätte er nie gedacht, daß er seinen Todfeind, den Earl von Oxford, nicht sofort wiedererkennen würde.
    Hoppla, dachte er, Robert Harley wurde erst 1711 Earl. Es war eine verwirrende Erkenntnis, ein Beispiel des Erinnerungswirrwarrs, das auch andere so durcheinanderbrachte.
    Robert Harley erkannte ihn zuerst. Unwillkürlich stieß der mächtige Toryführer einen gellenden Schrei aus. Dann erst fand er die Worte: »Mein Gott! Der Pirat! Nehmt ihn fest! Tötet ihn!«
    Es war zu dramatisch. Ganz abgesehen davon, wußten Harleys Begleiter genausowenig wie die Wachoffiziere des Königspaars, wen er meinte.
    Fletcher hatte Zeit festzustellen, daß das Gesicht seines Feindes, so jung er auch noch war, aufgedunsen wirkte. Doch gleichzeitig nutzte er die Verwirrung der anderen, sich unauffällig zu dem Sideboard zurückzuziehen, auf dem sein Schwert lag. Dort blieb er stehen und sagte:
    »Harley, ich kam hierher, um Ihre Majestät vor dem riesigen, gefährlichen Schiff im Hafen zu warnen, und über ein furchtbares Unheil aufzuklären, von dem das gesamte Universum betroffen ist. Vielleicht können Sie uns sagen, ob Sie sich nicht ebenfalls der Erinnerung bewußt sind, Ihr ganzes Leben gelebt zu haben …«
    Der zweite laute Schrei Harleys unterbrach ihn: »Tötet ihn!« brüllte er diesmal in wütendem Befehlston.
    Diesen Befehl auszuführen, wäre vielleicht möglich gewesen, wenn ein wenig wachsamer, wenig agiler Mann davon betroffen gewesen wäre. Außerdem war es Jahre her, seit die Offiziere das letztemal an einer blutigen Auseinandersetzung teilgenommen hatten. Während ihrer langsamen Reaktion griff Fletcher nach seinem Degen und sprang. Er hielt neben Harley an und legte die Linke um den kostbar gekleideten linken Arm, während die Rechte die Degenspitze in seine Seite drückte. »Harley«, sagte er, »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.« Und gleichzeitig dachte er: Das ist kein wahrer Augenblick in der britischen Geschichte. Doch weder Fletcher noch die anderen Anwesenden hatten je von Möglichkeitswelten gehört. So sah jeder sich der unerwarteten Krise gegenüber, ohne zu ahnen, daß es sie im natürlichen Lauf der Dinge überhaupt nicht gegeben hatte.
    Königin Annas Stimme klang laut und deutlich in der Stille, die nach Fletchers Worten eingesetzt hatte. »Nathan Fletcher«, sagte sie, »ich ernenne Sie zum Oberbefehlshaber meiner Streitkräfte. Sie haben den Auftrag, gegen den Invasor vorzugehen.«
    Bei diesen Worten ließ die drückende Spannung nach. Die Anwesenden waren immerhin Engländer mit Verstand und Sinn für Humor. Jemand lachte. Selbst der zukünftige Earl von Oxford gewann seine Haltung wieder. »Eure Majestät«, sagte er geschmeidig. »Nichts geht über das englische Gesetz, auch kein zum General ernannter Pirat.« Nichts an seinem Benehmen verriet, daß es seine Verschlagenheit gewesen war, die einen Menschen in die Verzweiflung getrieben, ihn gezwungen hatte, gegen die Schiffe seiner Landsleute vorzugehen.
    Fletcher schob seinen Degen in die Scheide zurück. »Eure Majestät«, sagte er bedächtig. »Ich

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