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Zeitstop 1704

Zeitstop 1704

Titel: Zeitstop 1704 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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seine Gedanken versunken gewesen war. Es bedurfte eines Blickes zurück, und er stellte fest, daß er den Vorfall am Rand seines Bewußtseins registriert hatte. Eine der beiden Frauen hatte auf eine Erinnerung hingedeutet, und ihr Mann, der sich ihrer Äußerung in der Öffentlichkeit schämte, hatte sie scharf zurechtgewiesen. Woraufhin die Frau in Tränen ausgebrochen war.
    »Jetzt hast du den Herrn aufgeweckt«, sagte der Mann, als er bemerkte, daß Fletcher sie ansah. Entschuldigend wandte er sich an ihn. »Seit einigen Wochen ist meine Frau nicht mehr ganz richtig im Kopf. Sie bildet sich ein, daß sie alles schon einmal erlebt hat und sie auch ihre Zukunft kennt, bis sie in siebzehn Jahren sterben wird.« Entrüstet fügte er hinzu: »Und mich läßt sie schon eher dahinscheiden – ich soll bereits in drei Jahren das Zeitliche segnen!«
    Nathan Fletcher, der an ähnlichen Erinnerungen an die Zukunft litt, fragte die dicke Frau: »Madam, wann hatten sie diese Gefühle zum erstenmal?«
    Sie hörte zu weinen auf, offenbar half ihr diese höfliche Frage. Nachdenklich antwortete sie: »Ich erinnere mich, als wäre es gerade erst gestern geschehen. Es war im August.« Und sie nannte den genauen Tag.
    August stimmte. Und da er als Kapitän seine täglichen Eintragungen im Schiffsbuch machte, hätte ihm das Datum auffallen müssen. Aber das war nicht der Fall. Auf der Orinda waren sie zu dem Zeitpunkt vermutlich viel zu sehr mit ihrem Piratenhandwerk beschäftigt gewesen.
    »Ach, kümmern Sie sich nicht darum«, brummte ihr Ehemann. »Sie hatte immer schon eine rege Phantasie. Sie macht ja andere nur verrückt damit!«
    Bei einer solchen Einstellung waren wohl weitere Fragen sinnlos. Also lehnte Fletcher sich wieder zurück und dachte über einen anderen Irrsinn nach. Die politischen Manöver der ausnehmend egoistischen Männer in der britischen Regierung hatten nichts mit den wirklichen Problemen des Landes zu tun. Und seine eigenen Ziele zu jenem Zeitpunkt waren bestenfalls als Dummheit zu bezeichnen. Ich wurde aus einer Situation gedrängt, dachte er, in die ich nie hätte kommen dürfen …
    Das beschäftigte Nathan Fletcher, Gentlemanmörder, Pirat, Dieb, für den es – wie ihm trocken bewußt wurde – für eine Bekehrung ein wenig zu spät war. In diesem fortgeschrittenen Stadium seiner Karriere konnte er es nicht wagen, seine Pläne zu ändern. Sein Hauptaugenmerk mußte nun darauf liegen, diese Idiotie zu überleben.
    Und so stieg er mit ein paar höflichen Worten zu seinen Mitreisenden vor einer Dorfwirtschaft aus, besorgte sich Unterkunft und schritt nach einem etwas späten Mittagessen die Straße hoch, die zu Schloß Hemistan, etwa eineinhalb Kilometer außerhalb der Ortschaft, führte.
    Es ergaben sich keine Probleme. Der neue Schloßherr bezahlte ohne Zögern die Restsumme. Dann schaute er dem Piratenkapitän von der Terrasse seiner verstorbenen Kusine nach. Er hatte in Betracht gezogen, nicht zu bezahlen. Aber es war einfacher gewesen, es doch zu tun – so würde kein Lebender Groll gegen ihn hegen. Und jeder hatte seine guten Gründe zu schweigen. Fletcher auszuschalten, hätte er mehrere Mörder dingen müssen, und da diese gewöhnlich keine Gentlemen waren, hätte er sich nicht auf ihre Verschwiegenheit verlassen können. Außerdem, dachte der neue Erbe zufrieden, bin ich ziemlich sicher, daß unser feiner Pirat in Kürze seine Mutter und Schwester, nur achtzig Kilometer von hier, besuchen wird. Ich kann mir also noch überlegen, ob ich nicht doch …
    Er wußte nicht, daß die bevorstehenden Ereignisse ihn schnell genau dazu drängen würden.

 
15.
     
    Am frühen Abend stieg Fletcher in die Nachtkutsche nach Cadam Village. Kurz vor drei Uhr morgens nahm er sich im Cadam Inn ein Zimmer, das ihm der verschlafene Wirt zeigte. Kurz darauf kletterte der neue Gast aus dem Fenster – das Zimmer lag im Parterre – und brach zum letzten Teil seiner Reise auf, einem Fußmarsch von etwa einer Stunde.
    Nach einer Weile verließ er, um kein Risiko einzugehen, die Straße, genau wie er sich erinnerte, es schon getan zu haben. Die Überquerung des Sumpflands bereitete ihm keine Schwierigkeiten, denn er kannte es gut aus seiner Kindheit und frühen Jugend. Und so war er in seiner Selbstsicherheit nicht auf den unerwarteten Angriff vorbereitet.
    Wer immer der Angreifer war, er konnte in der Dunkelheit offenbar besser sehen als Fletcher, denn er sprang sein Opfer zielsicher an. Der Piratenkapitän hörte

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