Zelot
um Jesus scharten, betrachteten die beiden Männer sich als Partner. Erst später, nach der Festnahme Johannes’, fand eine Gewichtsverschiebung statt, und Jesus ließ in gewissem Maße den konzeptionellen Rahmen hinter sich, den Johannes’ Bewegung ihm anfänglich geboten hatte.»
Was Jesu Aufenthalt in der Wüste betrifft, darf man nicht vergessen, dass «die Wüste» mehr ist als ein bloß geographischer Ort. Hier wurde der Pakt mit Abraham geschlossen, hier empfing Mose die Zehn Gebote, durch sie wanderte das Volk Israel eine Generation lang; in der Wüste war es, wo Gott war und wo er gefunden und wo mit ihm kommuniziert werden konnte. Die « 40 Tage», von denen in den Evangelien die Rede ist – die Zahl der Tage, die, wie es heißt, Jesus in der Wüste verbrachte –, sind nicht als wortwörtlich gemeinter Zeitraum zu verstehen. In der Bibel ist « 40 » eine Umschreibung für «viele», so wie in «dann lasse ich es 40 Tage und 40 Nächte lang regnen auf die Erde». Die Wendung bedeutet, dass Jesus eine lange Zeit in der Wüste verbrachte.
Ich widerspreche Rudolf Otto, wenn er in
Reich Gottes und Menschensohn
, S. 48 ff. schreibt, dass Johannes «nicht vom kommenden Himmelreiche […] verkündet hat, sondern vom ‹kommenden Zorngericht›». Otto geht davon aus, dass Johannes hauptsächlich das kommende Gericht Gottes im Auge hatte, also den «Tag Jahvehs», während Jesu Hauptaugenmerk auf der erlösenden Natur von Gottes Reich auf Erden lag. Doch selbst Jesus sieht in Johannes’ Wirken einen Beitrag zur Einsetzung des Reiches Gottes auf Erden: «Bis zu Johannes hatte man nur das Gesetz und die Propheten. Seitdem wird das Evangelium vom Reich Gottes verkündet und alle drängen sich danach, hineinzukommen.» (Lk 16 , 16 )
Kapitel acht: Folgt mir nach
Josephus’ Beschreibung der Galiläer findet sich in
Die Geschichte des Jüdischen Krieges
3 . 41 – 42 .
Richard Horsley stellt die Geschichte des galiläischen Widerstands detailliert dar, selbst im Hinblick auf die «politisch-ökonomisch-religiöse Unterwerfung unter die hasmonäische Hohepriesterschaft in Jerusalem». Siehe Richard Horsley,
Galilee: History, Politics, People
(Valley Forge, Pa. 1995 ), S. 51 . «Der Tempel selbst», schreibt Horsley weiter, «und die von der Hohepriesterschaft aufgestellten Tempelpflichten und -regeln mussten den Galiläern, deren Vorfahren sich Jahrhunderte zuvor gegen die salomonische Monarchie und den Tempel erhoben hatten, fremd vorkommen. Mithin dürften die Galiläer, nicht anders als die Idumäer, die ihren eigenen Gebräuchen übergestülpten Gesetze der Judäer als ein Mittel wahrgenommen haben, ihre Unterordnung unter die Herrschaft Jerusalems zu definieren und zu legitimieren.»
Somit bringt Lukas, wenn er schreibt, dass Jesu Eltern jedes Jahr zum Paschafest in den Tempel nach Jerusalem gingen, eindeutig seine eigene Agenda zum Ausdruck und weniger die tatsächlichen Gebräuche der Galiläer (Lk 2 , 41 – 51 ). Siehe auch Sean Freyne,
Galilee, Jesus, and the Gospels
(Dublin 1988 ), S. 187 ff.
Zur eigentümlichen Mundart der Galiläer, siehe Obery M. Hendricks,
The Politics of Jesus
(New York 2006 ), S. 70 – 73 . Was die Implikationen der Formulierung «die Leute vom Land» angeht, siehe die umfassende Studie von Aharon Oppenheimer,
The ’Am Ha-Aretz: A Study in the Social History of the Jewish People in the Hellenistic-Roman Period
(Leiden 1977 ).
Mehr zum Verhältnis von Jesu Familie zu seiner Bewegung, siehe John Painter,
Just James: The Brother of Jesus in History and Tradition
(Columbia 2004 ), S. 14 – 31 .
Der griechische Ausdruck für «die Jünger»,
hoi mathetai,
kann gleichermaßen männliche wie weibliche Schüler bezeichnen. Der Anblick von Frauen ohne Begleitung, die einem umherziehenden Prediger und seinen zumeist männlichen Anhängern folgen, musste in Galiläa natürlich einen Skandal hervorrufen, und in der Tat finden sich in den Evangelien zahlreiche Stellen, an denen Jesus der Umgang mit «Dirnen» vorgeworfen wird. In einigen Varianten des Lukas-Evangeliums wird die Zahl der Jünger Jesu mit 70 , nicht mit 72 , angegeben, ein Unterschied, der irrelevant ist, da die Zahlenangaben in der Bibel – insbesondere sinnträchtige Zahlen wie drei, zwölf, vierzig und zweiundsiebzig – nicht wortwörtlich, sondern vielmehr symbolisch zu verstehen sind, nicht aber, wenn von zwölf Jüngern die Rede ist, eine Angabe, die sowohl symbolisch wie wörtlich
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