Zelot
meisten Gelehrten davon aus, dass es erst lange nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. geschrieben wurde. Siehe Matthew Black,
The Book of Enoch or 1 Enoch: A New English Edition with Commentary and Textual Notes
(Leiden 1985 ); dazu auch David Suter, «Weighed in the Balance: The Similitudes of Enoch in Recent Discussion», in:
Religious Studies Review
7 ( 1981 ), S. 217 – 221 , und J.C. Hindly, «Towards a Date for the Similitudes of Enoch: A Historical Approach», in:
New Testament Studies
14 ( 1967 – 68 ), S. 551 – 565 . Hindly nennt einen Zeitraum zwischen 115 und 135 n. Chr. für die Entstehung der
Similitudines
, was mir ein wenig spät erscheint. Wie dem auch sei, die beste Datierung für die
Similitudines
liegt irgendwann nach der Zerstörung Jerusalems, aber noch vor der Niederschrift des Matthäus-Evangeliums um 90 n. Chr.
Zu den Parallelen zwischen dem Menschensohn bei Henoch und dem Menschensohn der Evangelien in dem Material, das ausschließlich bei Matthäus zu finden ist, siehe Burkett,
The Son of Man Debate,
S. 78 ; siehe auch John J. Collins, «The Heavenly Representative: The ‹Son of Man› in the Similitudes of Enoch», in: John J. Collins und George Nickelsburg (Hg.),
Ideal Figures in Ancient Judaism: Profiles and Paradigms
(Chico, Kalif. 1980 ), S. 111 – 133 . Zum Verständnis des Menschensohns als einem präexistenten himmlischen Wesen im vierten Evangelium siehe Delbert Burkett,
The Son of the Man in the Gospel of John
(Sheffield 1991 ) und R.G. Hamerton-Kelly,
Pre-Existence, Wisdom, and the Son of Man
(Cambridge 1973 ). An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass weder in den
Similitudines
noch im 4 . Buch Esra der Begriff «Menschensohn» als ein Titel verwendet wird, mit Sicherheit nicht in der Weise, wie Jesus ihn verwendet.
Als Jesus vor Kajaphas steht, zitiert er nicht nur Daniel 7 , 13 , sondern auch Psalm 110 , 1 («Der HERR sprach zu meinem Herrn: ‹Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache›»). Der Verweis auf Daniel 7 , 13 und Psalm 110 , 1 in der Antwort Jesu an den Hohepriester mag auf den ersten Blick ein wenig unzusammenhängend scheinen. Aber laut T.F. Glasson stellt Jesus hiermit eine ganz natürliche Verbindung her. Glasson weist darauf hin, dass das Kommen des Menschensohns «mit den Wolken des Himmels» im Buch Daniel symbolisch für die Gründung des Reichs Gottes auf Erden steht. Folglich wird, sobald Jesus zur rechten Hand Gottes erhöht wird, das Königreich, von dem er nach Markus 1 , 15 predigte, als die «neue Gemeinschaft der Heiligen» entstehen. Laut Glasson führt der Verweis auf die Psalmen die persönliche Erhöhung Jesu vor Augen, während der Verweis auf Daniel den Beginn des Reichs Gottes auf Erden andeutet – ein Ereignis, das mit seinem Tod und der Auferstehung beginnen muss. Diese Idee lässt sich gut mit der dreifachen Interpretation des Menschensohns in Einklang bringen. Anders ausgedrückt ist Glasson überzeugt, dass für Jesus in genau diesem Moment die beiden Titel Messias und Menschensohn vereint werden. Siehe Thomas Francis Glasson, «Reply to Caiaphas (Mark 14 : 62 )», in:
New Testament Studies 7
( 1960 ), S. 88 – 93 . Mary Ann L. Beavis weist auf die Parallelen zwischen dem Auftritt Jesu vor Kajaphas und dem vorherigen Bekenntnis des Petrus hin. Beide Szenen beginnen mit der Frage nach der Identität Jesu (Mk 8 , 27 ; 14 , 60 ), und beide enden mit einem Verweis auf den Menschensohn. Darüber hinaus stößt in beiden Fällen die Neuinterpretation des Messiastitels durch Jesus auf massiven Widerspruch (Mk 8 , 32 f.; 14 , 63 ff.); siehe Mary Ann L. Beavis, «The Trial Before the Sanhedrin (Mark 14 : 53 – 65 ): Reader Response and Greco-Roman Readers», in:
Catholic Biblical Quarterly
49 ( 1987 ), S. 581 – 596 .
Kapitel zwölf: Kein König außer dem Kaiser
So groß die Versuchung auch sein mag, den Verrat des Judas Iskariot lediglich als eine erzählerische Ausschmückung zu verwerfen, lässt sich nicht bestreiten, dass dieses Detail von allen vier Evangelisten bezeugt wird, auch wenn jeder einen anderen Beweggrund für den Verrat nennt.
Markus und Matthäus erklären ausdrücklich, dass «die Schar» vom Sanhedrin ausgesandt worden sei, und Lukas fügt der Schar sogar noch die Hauptleute der Tempelwache hinzu, um diesen Punkt noch stärker hervorzuheben. Nur das Johannes-Evangelium deutet auch die Anwesenheit
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