Zelot
beschrieben, der die Lehre eines «höchsten Gottes» predigte. Wohin er auch ging, verrichtete Apollonius Wundertaten. Er heilte die Lahmen, die Blinden, die Gelähmten und erweckte sogar ein Mädchen von den Toten.
Jesus war auch nicht der einzige Exorzist in Palästina. Der umherziehende jüdische Exorzist war ein alltäglicher Anblick, und Exorzismen selbst konnten eine lukrative Angelegenheit sein. In den Evangelien sind viele Exorzisten erwähnt (Mt 12 , 27 ; Lk 11 , 19 ; Mk 9 , 38 – 40 ; siehe auch Apg 19 , 11 – 17 ). Manche, wie etwa der berühmte Exorzist Eleasar, der möglicherweise ein Essener war, verwendete Amulette und Beschwörungsformeln, um den Besessenen die Dämonen aus der Nase zu ziehen. Andere, wie Rabbi Simon ben Jochai, konnten Dämonen dadurch austreiben, dass sie schlicht den Namen des Dämonen murmelten; wie Jesus forderte auch Jochai den Dämonen zunächst auf, sich zu erkennen zu geben, damit er Macht über ihn erlangte. Die Apostelgeschichte stellt Paulus als Exorzisten dar, der den Namen Jesu als mächtigen Talisman gegen dämonische Kräfte einsetzt (Apg 16 , 16 – 18 ; 19 , 12 ). Sogar in den Schriftrollen vom Toten Meer finden sich Anleitungen für Exorzismen.
Warum Exorzismen in Jesu Zeit so weit verbreitet waren? Die Juden betrachteten Krankheit entweder als Manifestation göttlicher Fügung oder als Äußerung dämonischer Aktivität. Ganz gleich, wie man eine Dämonenbesessenheit definieren möchte, ob nun als medizinisches Problem, als Geisteskrankheit, als Epilepsie oder Schizophrenie – es bleibt die Tatsache, dass die Menschen in Palästina solche Probleme als Anzeichen einer Besessenheit deuteten und Jesus als einen von vielen professionellen Exorzisten sahen, der die Macht besaß, die Betroffenen von ihrem Übel zu befreien.
Es mag zutreffen, dass Jesus im Gegensatz zu den anderen Exorzisten und Wunderheilern daneben auch messianische Ambitionen an den Tag legte. Das taten aber auch die gescheiterten Messiasse Theudas und der Ägypter, die beide messianische Behauptungen verkündeten und ihre Wundertaten dazu nutzten, eine Gefolgschaft um sich zu scharen. Diese Männer und ihre wundertätigen Kollegen waren unter Juden und Nichtjuden als «Männer der Taten» bekannt. Derselbe Begriff fand auch für Jesus Anwendung. Obendrein ist die literarische Form der Wundergeschichte, die sich in den jüdischen und heidnischen Schriften des 1 . und 2 . Jahrhunderts findet, fast identisch mit der in den Evangelien; zur Beschreibung der Wunder und der Wundertätigen wird dasselbe Grundvokabular verwendet. Vereinfacht gesagt: Jesu Status als Exorzist und Wunderheiler mag modernen Skeptikern ungewöhnlich und sogar absurd erscheinen, doch wich er von den im 1 . Jahrhundert in Palästina gängigen Erwartungen an Exorzisten und Wunderheiler nicht sonderlich weit ab. Für alle Menschen des Nahen Ostens – ob nun Griechen, Römer, Juden oder Christen – waren Zauberei und Wunder damals eine alltägliche Facette ihrer Welt.
Allerdings machte man im antiken Denken große Unterschiede zwischen Zauberei und Wundern, und zwar nicht, was die jeweilige Methode oder das Ergebnis anbelangte (beides betrachtete man als Eingriff in die natürliche Ordnung des Universums), sondern darin, wie die beiden Tätigkeiten beurteilt wurden. In der griechisch-römischen Welt gab es zwar überall Zauberer, doch wurde die Zauberei selbst als Scharlatanerie betrachtet. Es gab eine Handvoll römischer Gesetze gegen die «Zaubertätigkeit». Wurde befunden, dass ein Zauberer die damals gefürchtete «dunkle Magie» praktizierte, lief er Gefahr, vertrieben oder sogar hingerichtet zu werden. Auch im Judentum waren Zauberer recht häufig, trotz des Verbotes der Zauberei in den Gesetzen Mose, wo sie mit Todesstrafe belegt ist. «Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt», lautet die biblische Warnung, «keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt.» ( 5 Mos 18 , 10 – 11 )
Diese Diskrepanz zwischen Gesetz und Praxis im Zusammenhang mit der Zauberkunst ist ein Zeichen dafür, auf welch unterschiedliche Weise «Zauberei» definiert wurde. Das Wort selbst hatte extrem negative Konnotationen, aber nur, wenn damit die Praktiken anderer Völker und Religionen beschrieben wurden. «Denn diese Völker,
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