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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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verräterisch - und mit seinem hohen Wuchs und kräftigem
Knochenbau keinen guten Assassinen abgab: Er war zu alt. Älter als Sothorn.
    Für den Bruchteil eines Atemzugs regte sich taube Hoffnung in ihm. Ein Meuchelmörder, der in seinem Beruf älter geworden war als er selbst? Das konnte nicht sein. Es sei denn, der
schwarzhaarige Nordmann hatte einen Weg gefunden, dem Lotus etwas entgegenzusetzen.
    Üblicherweise sandte man Jugendliche nach ihm aus. Junge Schlitzer, die sich beweisen sollten. Unglücksraben, die einen Fehler gemacht hatten und hingerichtet werden sollten.
    Sothorn trieb die abwegigen Gedanken aus seinem Kopf und konzentrierte sich. Er musste sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Einen Gegner, seine Klingen, mehr brauchte es nicht.
    Er verfolgte jeden Schritt des Fremden. Durch Beobachtung gewann er ein Gefühl für dessen Bewegungsabläufe. Er drückte das Gesicht gegen den Schiefer des Daches, als der
Nordmann aufsah und prüfend den Himmel musterte.
    Der Westwind frischte auf und trieb das Gewitter schneller auf sie zu. So schnell, dass Sothorn eine Entscheidung treffen musste. Er hatte keinerlei Bedürfnis, vom Blitz erschlagen zu
werden.
    Wie sollte er es anfangen? Das kleine Messer aus dem Stiefel ziehen und werfen? Nein. Das war langweilig. Wenn schon einmal etwas die Lethargie seines Daseins unterbrach, dann wollte er auch
etwas davon haben.
    Sothorn sprang vom Dach und landete direkt hinter seinem Verfolger. Er musste dem Nordmann lassen, dass er nicht zusammenzuckte und auch sonst keinerlei Anzeichen von Überraschung
zeigte.
    „Du willst tanzen?“ Sothorn lachte grimmig auf und ließ seine Klingen aus den Scheiden gleiten. Vertraut schmiegten sie sich in seine Handflächen und streichelten seine
Haut wie zwei aufmerksame Geliebte. „Dann zeig, ob du die Schritte beherrschst.“
    Regelrecht verspielt hob er seine Waffen, wirbelte sie elegant herum, sodass sich das spärliche Licht auf ihren Schneiden fing. Es war eine unnötige Demonstration, aber das
gehörte dazu. Fingerfertigkeit zu beweisen, machte viele Gegner nervös.
    Aber nicht diesen hier. Gelassen hob Sothorns Gegenüber die eigene Waffe – eine schlanke, sacht geschwungene Klinge – und hob sie spöttisch vor sein Gesicht. Ruhe ging von
ihm aus. Er machte nicht den Fehler, sich blind auf Sothorn zu stürzen, sondern musterte ihn aufmerksam.
    Als er sprach, grollte ein harter Akzent in seinen Worten und verlieh ihnen etwas Knurrendes: „Ich tanze nicht. Das überlasse ich dir, oh Meister-Assassine.“
    Sothorn amüsierte sich über den beißenden Sarkasmus und verneigte sich; allerdings nicht so tief, als dass er seinen Gegner unbeobachtet gelassen hätte: „Wie du
willst, Fremder ohne Ruf und Namen.“
    Die Beleidigung prallte an dem Schwarzhaarigen ab. Kein Wutgeschrei, keine Mordlust in seinen Augen. Nur die Kälte des Zenjanischen Lotus.
    Wieder zupfte es in Sothorns Unterbewusstsein. Sein Geist wollte Fragen stellen, wollte wissen, wie ein Lotus-Abhängiger so alt werden konnte. Für Sothorn war der Anblick des anderen
Assassinen, als würde er einem hundertjährigen Greis gegenübersitzen und sich fragen, was den verblühten Körper am Leben hielt.
    „Dann lass uns beginnen. Ich hoffe, es erwartet dich niemand daheim“, wisperte er, bevor ihn seine Gedanken zu unüberlegten Handlungen überreden konnten. Es war wohl
ohnehin nur der Wein, der ihm zu Kopf stieg und ihm Unsinn einflüsterte.
    „Niemand erwartet Männer wie uns.“
    Sie prallten aufeinander wie Urgewalten. Es donnerte über ihnen, als ihre Klingen sich ineinander verstrickten. Sothorns Beidhändigkeit verschaffte ihm einen Vorteil. Seine Dolche
woben ein silbernes Netz in die Luft, das nur schwerlich zu durchdringen war. Dafür war die Waffe seines Gegners länger und stach zielsicher nach ihm. Jeder Stoß barg große
Kraft. Entweder verschwendete der Eindringling unerfahren seine Energie oder er wusste, dass er sich lange Zeit auf seine Kräfte verlassen konnte.
    Sothorn tippte auf Letzteres. Wie ein Neuling sah sein Herausforderer wahrlich nicht aus. Außerdem traute er Leuten nicht, die nur eine Waffe führten. Zu groß war die Gefahr,
dass sie eine Überraschung in ihrem Gürtel, Stiefel oder in der Armbeuge versteckten. Das taten sie schließlich alle. Sothorn trug fünf Waffen in seiner Kleidung versteckt, und
das war nur seine Ausrüstung für Spaziergänge in der Stadt.
    Der Kampf wogte zwischen ihnen hin und her. Ein nahes

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