Zentauren-Fahrt
und ve r suchten, ins Boot zu klettern. Irene kreischte. »Stoßt sie einfach beiseite«, rief Chet. »Sie können euch eure Seele nur dann nehmen, wenn ihr es zulaßt. Aber sie werden es immer wieder versuchen.«
»Die kommen ja von allen Seiten auf uns zu!« rief Dor. »Wie können wir ihnen ausweichen?«
Chet lächelte grimmig. »Wir können uns in tiefere Gewässer b e geben. Groupies sind sehr oberflächliche Geschöpfe, die gründen nicht tief.«
»Aber da lauert doch der Drache!«
»Natürlich. Drachen verschlingen Groupies. Deshalb wagen sich Groupies dort ja auch nicht hin.«
»Drachen fressen aber auch Leute!« protestierte Irene.
»Das ließe sich gewiß als Nachteil werten«, stimmte der Zentaur ihr zu. »Wenn du eine bessere Lösung weißt, will ich mich dir ge r ne anschließen.«
Irene öffnete ihren Beutel mit Samen und spähte hinein. »Ich habe Wasserkresse. Die könnte uns nützen.«
»Versuch’s!« rief Dor und wischte drei Flossenpaare von der Bootsseite. »Sie haben uns bald überrannt!«
»Das gehört zu ihrer Art«, pflichtete Chet ihm bei, indem er selbst mehrere der Fische beiseite schob. »Sie kommen nicht als Einzelspione, sondern immer gleich in Bataillonsstärke.«
Sie holte einen winzigen Samen hervor. »Wachse!« befahl sie ihm und warf ihn ins Wasser. Die anderen hielten einen Augenblick inne, um zuzusehen. Wie sollte ein derart winziger Samen eine solche Gefahr abhalten?
Fast unmittelbar nachdem der Samen ins Wasser gefallen war, fing dieses an zu peitschen und zu blubbern. Winzige Fühler schossen, zappelnden Würmern gleich, an die Oberfläche. Blasen stiegen auf und platzten mit Getöse. »Kressss!« zischte die Masse, während sie sich ausdehnte.
Die Groupies zögerten, von diesem Phänomen verblüfft. Dann stürzten sie sich darauf und saugten die Kresse schluckweise auf.
»Die fressen sie ja auf!« sagte Dor.
»Ja«, meinte Irene lächelnd.
Bald darauf begannen die Groupies, wie Ballons anzuschwellen. Die Kresse hatte weder aufgehört zu wachsen noch Gas a b zugeben, und nun blies sie die Fische von innen auf. Dann hoben sich die Groupies wie aufgeblähte Ballons aus dem Wasser und schwebten durch die Luft. Der Drache schnappte nach jenen F i schen, die in seiner Reichweite waren.
»Gute Arbeit, muß ich einfach zugeben«, sagte Chet, und Irene errötete vor Zufriedenheit. Dor merkte, wie ihn die Eifersucht kurz durchzuckte, doch dann überkam ihn ein Schuldgefühl wegen dieser Empfindung. Natürlich war nichts zwischen Chet und Irene; sie gehörten verschiedenen Arten an. Nicht, daß das in Xanth u n bedingt viel heißen mußte. Ständig kam es zu neuen Vermischu n gen, und die Schimäre war zweifellos sogar das Produkt der Ve r mischung von drei oder sogar vier Arten. Irene zankte sich mit Chet immer nur, um ihr Image aufzupolieren, und nun fühlte sie sich geschmeichelt, wenn der Zentaur es für sie aufpolierte. Und selbst wenn etwas zwischen beiden sein sollte, warum hätte es ihm, Dor, etwas ausmachen sollen? Und doch machte es ihm etwas aus!
Den Hauptkanal konnten sie nicht zurückfahren, denn dort hielt der Drache aufmerksam Ausschau nach ihnen. Er wußte genau, daß er sie in die Falle getrieben hatte. Chet steuerte vorsichtig in Richtung Süden und suchte nach den tiefsten Seitenkanälen, wobei er allem auswich, was verdächtig aussah. Doch bald würden sie das Ende der Inselkette erreicht haben und sich in der Meeresenge wiederfinden, durch die der Drache herbeigeschwommen war. Wie konnten sie diese durchqueren, während der Drache ihnen aufla u erte?
Chet ließ das Boot halten und starrte voraus. Der Drache hielt sich mitten im Kanal, Richtung Süden, und starrte zurück. Er wu ß te, daß sie an ihm vorbeikommen mußten. Langsam und genüßlich fuhr er mit seiner Zunge über seine glänzenden Lefzen.
»Was nun?« fragte Dor. Er war der König und hätte eigentlich auch den Anführer abgeben müssen, doch sein Verstand war wie leergefegt.
»Ich schätze, wir werden bis Nachtanbruch warten müssen«, meinte Chet.
»Aber wir sollten doch die ganze Reise in einem Tag und einer Nacht hinter uns bringen!« protestierte Irene. »Damit verschwe n den wir einen halben Tag!«
»Besser Zeit verschwenden als Leben, Grünnase«, bemerkte Grundy.
»Hör mal zu, du Bindfadenhein…«, erwiderte sie. Die beiden hatten sich noch nie besonders gut verstanden.
»Wir warten wohl besser ab«, warf Dor zögernd ein. »Dann kö n nen wir uns an dem Drachen
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