Zentauren-Fahrt
lächelte – ein echtes, freundliches Lächeln, das ihm sehr g e fiel. »Sie hat also herumspioniert. Das sieht ihr ähnlich. Natürlich sieht sie alle Männer als Wesen an, die man bis zur Versteinerung betören muß. Der Gute Magier Humfrey hat ja nie eine Chance gehabt. Aber ich weiß nicht einmal, ob ich dich überhaupt haben will. Auf diese Weise, meine ich. Meine Mutter meint, daß ich dich heiraten muß, um Königin werden zu können – aber das ist ihr Wunsch, nicht unbedingt meiner. Ich meine, warum sollte ich aufwachsen, um zu werden wie sie – ohne echte Macht und mit jeder Menge Freizeit? Warum sollte ich meine eigene Tochter g e nauso unglücklich machen, wie sie es mit mir getan hat?«
»Vielleicht bekommst du ja auch einen Sohn«, schlug Dor vor. Das war wirklich ein recht faszinierender Aspekt, der erst noch erforscht werden wollte.
»Du hast recht. Du bist harmlos. Du verstehst überhaupt nichts.« Sie aß ihr Brot auf und warf die Krumen ins Wasser. Sie trieben umher und bildeten flüchtige Muster, bevor sie davonschwammen.
Irgendwie war der Nachmittag auch schon verstrichen; hinter der Inselbarriere fiel die Sonne gerade ins Wasser. Es war ein entfer n tes Zischen wahrzunehmen, als sie die Oberfläche berührte, dann sah man eine Dampfwolke – sie war erloschen.
Die anderen wachten auf und aßen etwas. Dann steuerte Chet das Boot ans Ufer der Insel. »Gibt’s hier irgend etwas, was Me n schen gefährlich werden könnte?« fragte Dor sie.
»Nur die Langeweile«, erwiderte die Insel. »Hier passiert nie i r gend etwas Interessantes, höchstens mal ein jahreszeitlich bedin g ter Sturm oder zwei.«
Genau das brauchten sie auch: ein langweiliges Terrain. Sie hie l ten abwechselnd Wache im Boot, um ihren sanitären Bedürfnissen nachgehen zu können. Irene nahm sich auch noch die Zeit, eine Vergißmichblume sprießen zu lassen.
Als es immer dunkler wurde, ging Dor erneut die Lage durch. »Wir werden uns in der Nacht an diesem Drachen vorbeischle i chen. Irene wird ein paar Vergißmichblumen pflücken, um die Erinnerung an unseren Kurs auszuschalten; auf diese Weise we r den die Reaktionen der Fische in dem Gebiet uns nicht verraten. Aber das wird uns nichts nützen, wenn der Drache uns direkt hört oder wittert. Wir haben keine sicht- oder geräuschdämpfenden Pflanzen dabei, weil wir mit einer solchen Situation nicht gerec h net haben. Also müssen wir äußerst vorsichtig vorgehen.«
»Ich wünschte, ich wäre wieder nichts als Bindfaden und Lehm«, meinte Grundy. »Dann könnte ich wenigstens nicht umgebracht werden.«
»Allerdings haben wir durchaus noch andere Hilfsmittel«, fuhr Dor fort. »Das magische Schwert macht aus jedem, der es in die Hand nimmt, augenblicklich einen erfahrenen Schwertkämpfer. Gegen einen beutegierigen Drachen wird es zwar nicht viel au s richten können, aber kleinere Wesen lassen sich damit schon a b schrecken. Wenn wir ernsthaft in Schwierigkeiten geraten sollten, können wir durch den Fluchtreif klettern. Das Problem ist nur, daß der Reif uns direkt in den ständigen Lagertank der Hirnkoralle führt, tief in der Erde, und die Koralle gibt ihre Gefangenen nicht gerne wieder frei. Wir sind zwar zufällig miteinander befreundet, aber ich will diese Freundschaft nicht überstrapazieren, wenn es sich irgendwie vermeiden läßt. Dann haben wir den fliegenden Teppich, aber auf den paßt immer nur einer auf einmal – plus Grundy, natürlich. Ich glaube zwar, daß er Krach noch tragen dürfte, aber Chet bestimmt nicht, also ist das auch keine Ideall ö sung.«
»Durch den Reif passe ich auch nicht«, bemerkte Chet.
»Stimmt. Deshalb bist du im Augenblick wegen deiner Körpe r masse von uns allen am angreifbarsten. Wir brauchen also einen anderen Verteidigungsplan.« Dor hielt inne, weil Irene ihn mer k würdig ansah. »Was ist los?«
»Du glühst«, sagte sie.
Erschrocken stellte Dor fest, daß aus seinen Taschen Licht strömte. »Ach so – das ist der Mitternachtssonnenstein, den mir Juwel gegeben hat, damit ich immer Licht habe. Den hatte ich schon ganz vergessen.«
»Im Augenblick wollen wir aber gar kein Licht haben«, warf sie ein. »Wickel ihn ein.« Sie reichte ihm ein Tuch.
Dor wickelte den Edelstein sorgfältig ein, bis sein Glühen kaum noch zu sehen war. »So«, fuhr er fort. »Irene hat ein paar Samen dabei, die verheerende Pflanzen wachsen lassen – sie hat wirklich Magierformat, egal, was die Ältesten meinen –, doch die meisten davon sind
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