Zentaurengelichter
wegfuhren.«
»Vielleicht waren sie nicht sicher, ob du eine Plaudertasche bist oder nicht.«
»Vielleicht. Pater Rhyne hat versucht, eine Botschaft zu hinterlassen, aber er starb vorher. Ich weiß nicht, wem sie gegolten hat, aber da du nach einer verheirateten Frau suchst, habe ich sie lieber mitgenommen.«
Er reichte mir ein Papierknäuel. Ich glättete es auf dem Tisch. Nur ein Wort stand darauf, in Großbuchstaben, mit zittriger Hand geschrieben.
BLUTHOCHZEIT
»Bluthochzeit? Was soll das heißen?«
»Ich weiß nicht, Garrett. Ich weiß nur eins. Rhyne war Nummer Vier. Um uns sterben sie wie die Fliegen.«
Er hatte recht. Vier Tote. Drei davon fielen eher in die Kategorie Totschlag: der Einbrecher in Dennys Wohnung, Onkel Lester, der Bursche in der Gasse neben dem Rathaus. Und jetzt ein Unerklärlicher. »Den Eindruck macht es.«
»Irgendeine Änderung in deinen Plänen?«
»Nein. Reden wir mit den Jungs im Rathaus.«
Angeregt von einer silbernen Erinnerungsstütze, gab der Wachmann draußen vor der Tür offen zu, daß man ihn bezahlt hatte, damit er für eine Stunde verschwand. Er gab uns eine ausgezeichnete Beschreibung eines unauffälligen Mannes, der ohne weiteres neben uns auf der Straße hätte stehen können. Ich vermutete, daß es sich um den Kerl handelte, der in der Gasse entkommen war.
Der Beamte war nicht begeistert, uns zu sehen. Tatsächlich versuchte er, einen kurzen unerlaubten Urlaub anzutreten. Morpheus machte sich über ihn her wie ein Wolf über ein Kaninchen. Wir beriefen das Komitee zur Beratung in den Aktenraum.
Er täuschte ebensoviel Unwissenheit vor wie der Wachmann. Aber er sagte, sie seien noch einmal wiedergekommen und hätten sich nach uns erkundigt, nachdem sie uns nicht erwischt hatten. Der Beamte sagte, sie hätten darüber beraten und seien zu dem Schluß gekommen, daß wir nicht die Leute waren, die sie erwartet hatten, keine Komplizen des Mannes, der vor uns dagewesen war. Sie hatten die falschen Leute überfallen.
Wer, zum Henker, waren wir?
Die Worte Ermittler aus TunFaire hatten sie nicht eben glücklicher gemacht.
Daraufhin ließen wir ihn los und brachen zum Gasthof auf.
»Er hat nichts preisgegeben«, sagte ich.
»Jemand hat ihn in der Hand. Vor dem fürchtet er sich mehr, als er sich vor uns je fürchten könnte.«
29. Kapitel
Wir hausten in etwas, das sich kaum als Zimmer bezeichnen ließ. Es war ein umgebauter Stall neben dem Gasthaus. Es war nicht eben elegant, weshalb wir die meiste Zeit im Schankraum verbrachten. Wir hatten das Zimmer genommen, weil die Grolle nur hier bequem unterzubringen waren.
An diesem Abend zogen wir uns früher als üblich dorthin zurück, da keiner von uns in der Stimmung war, sich dem Gedränge der Abendgesellschaft auszusetzen, wenn sich alle Nachbarn zum Saufen und dem Austausch von Lügenmärchen einfanden. Außerdem wollte ich am Morgen früh aufstehen. Ich mußte nur noch die Kutsche zurückgeben und Pferde beschaffen.
Den Rest unserer Ausrüstung hatten wir besorgt, wenn wir nicht gerade Chimären nachgejagt waren.
Es versprach ein ruhiger Abend zu werden. Nicht mal Dojango war zum Reden zumute. Er hatte einen Kater, und Morpheus ließ nichts Alkoholisches in seine Nähe.
Mischlinge kommen mit Schnaps nicht klar.
Eine leichte Veränderung des Gebrülls aus dem Schankraum drang an mein Ohr, auch wenn ich nicht genau sagen konnte, was es war. Auch Morpheus hörte es. Er spitzte die Ohren und runzelte die Stirn. »Dojango, sieh mal nach, was los ist.«
Dojango ging hinaus. Vier Augenblicke später war er zurück. »Sechs Kerle bedrängen den Wirt. Sie suchen dich und Garrett. Und sie sehen irgendwie nicht gut aus, Morpheus.«
Morpheus grunzte. Dann brummte er, knurrte und kläffte und blökte auf Grollisch. Doris und Marsha postierten sich zu beiden Seiten der Tür, einige Fuß voneinander entfernt. Dojango kam herüber und stellte sich hinter Morpheus. Morpheus erklärte mir: »Treten wir so weit wie möglich von der Tür zurück. Lassen wir ihnen viel Platz, um reinzukommen, falls sie erscheinen sollten.«
Die Haut der Grolle begann, ihre Farbe zu verändern. Sie paßten sich der Landschaft an.
»Ich wußte nicht, daß sie das können.«
»Sie prahlen nicht damit. Fertig, Dojango?«
»Irgendwie brauch ich einen Drink. Und zwar ganz dringend, irgendwie.«
»Du wirst schon klarkommen.«
Ka-bumm. Die Tür explodierte nach innen, und ein paar Eierkopf-Zarth-Typen scharwenzelten hinter ihr
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